Bücher sind ein Geschenk

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Gruppe vor Bücherregal
Nachweis

Foto: Stadt Pasewalk

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Neue Heimat für ukrainische Bücher: Gudrun Baganz (Stadt Pasewalk), Hanna Semenchenko, Christina Innemann und der Pasewalker Bürgermeister Danny Rodewald.

Angefangen hat es mit einer „verrückten Idee“ in der Rostocker Pfarrei Herz Jesu. Flüchtlinge aus der Ukraine sollten Bücher in der Heimatsprache leihen können. Die Bibliothek, die so entstand, ist jetzt nach Vorpommern gewandert.

Rostock/Pasewalk. „Ja. Gut, dass wir die Bücher heute übergeben“, sagt Hanna, „Aber irgendwie auch traurig.“ Hanna sitzt mit Pastoralreferentin Christina Innemann im Auto, auf dem Weg nach Pasewalk, um am Nachmittag gemeinsam einen offiziellen Termin wahrzunehmen. 334 Bücher für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wechseln den Ort und die Besitzer. Sie gehören jetzt der öffentlichen Bibliothek in Pasewalk. Gemeinsam mit einem Welcome Café und Kooperationspartnern der Flüchtlingshilfe wird die Literatur ukrainischen Menschen im Kreis Uecker-Randow zugänglich gemacht.

Von Mai 2022 bis Juli 2023 war das Projekt „Mobile Bibliothek“ in Rostock an zwei Flüchtlingsunterkünften unterwegs – und konnten dort kostenlos ausgeliehen werden. Was als verrückte Idee begann, wurde zu einem großen Erfolg: Acht engagierte Frauen aus vier Nationen machten mit, mehrere hundert Bücher in ukrainischer Sprache. Hanna Semenchenko, die ihre Stadt Kiew kurz nach Ausbruch des Krieges verlassen hatte, war die erste Ehrenamtliche, die die Initiatorin des Projekts, Christina Innemann unterstützte. 

Die Ukrainerin organisierte andere Ehrenamtliche, gab Ratschläge für die Bücherbestellung und schlug den Großteil der Bücher mit Klebefolie ein. Gekauft wurden die Bücher über Onlineshops direkt aus der Ukraine, aus Polen oder Hamburg. Alles waren Neuanschaffungen. 

Offiziell war die Pfarrei Herz Jesu Rostock Trägerin des Projektes. Pfarrer Dietmar Wellenbrock hatte die Idee von Anfang an unterstützt. Als der Projektzeitraum zu Ende ging, stellte sich die Frage: Was nun? Wohin mit den Büchern? „Ich telefonierte und schrieb mit verschiedenen Interessenten. Viele hatten Interesse – niemand zunächst eine konkrete Idee“, erinnert sich Christina Innemann. Am besten wäre es, sie einer Bibliothek zu überlassen – einem Ort, wo es verlässliche Ansprechpartner gibt und wo die Bücher einem Publikum zur Verfügung stünden. Durch private Kontakte entstand eine Verbindung zur Stadt Pasewalk. Die Übergabe erfolgte im Rahmen einer Schenkung. Dabei dankte der Pasewalker Bürgermeister Danny Rodewald ausdrücklich der Pfarrei Herz Jesu. Er versprach, den Gedanken der Mobilen Bibliothek weiterzutragen.

Vom Disney-Comic bis zum Sachbuch

„Von uns aus kann die Ausleihe der neuen Bücher – von Harry Potter über Disney-Comics und Sachbüchern bis hin zu Romanen für Erwachsene – ab morgen starten“, versicherte Ewa Poddig, Leiterin der Stadtbibliothek. Sie hoffe, dass die Information sich schnell unter den ukrainischen Zugezogenen verbreite. Mithilfe der Stadt wolle man einen geeigneten Flyer dafür erstellen.

Rückfahrt nach Rostock: „Ein bisschen Wehmut schwingt mit“, findet Christina Innemann. „Wir hängen sehr an jedem einzelnen Buch. Ein Projekt zu betreuen, kann jedoch auch bedeuten: den richtigen Zeitpunkt zu erkennen, an dem es anders weitergehen muss – und das haben wir.“ „Gut, dass es heute alles geklappt hat“ sagt Hanna. „Und so traurig bin ich nicht mehr. Ich freue mich inzwischen vor allen Dingen darauf, dass die Bücher neue Leserinnen und Leser finden.“

nkz