Geistliches Kleinod an der Porta Westfalica

Ein Ort der Demut

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Margarethenklus an der Porta Westfalica
Nachweis

Stefan Branahl

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Die Margarethenklus an der Porta Westfalica.

Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal beherrscht die Porta Westfalica, den Durchbruch der Weser in die Norddeutsche Tiefebene. Personenkult in Reinkultur. Wenige hundert Meter weiter liegt versteckt im Wald die bescheidene Margarethen-Klus. Fast tausend Jahre ein Ort der Spiritualität.

Von Stefan Branahl
Es ist schon ein faszinierender Blick vom Jakobsberg an der Porta Westfalica weit ins Tal. Nach 160 Kilometern hat sich die Weser hier vor Urzeiten ihren Weg in die norddeutsche Tiefebene gegraben. Seit Menschen in diese Gegend zogen und in den Wäldern hinter Palisaden Schutz gesucht haben, fanden sie in der Landschaft etwas Mysthisches, schon lange vor der Christianisierung hatten sie hier Kraftorte und beteten zu ihren Göttern. Seit inzwischen 130 Jahren beherrscht der Kaiser das Bild, weit über 100 Meter hoch ist das Denkmal auf der linken Weserseite, Relikt aus Preußens Glanz-und-Gloria-Zeiten: Wilhelm I., Symbol für die Einheit des Deutschen Reiches, steht hier im vollen Wichs, die linke Hand auf‘s Schwert gestützt, die rechte zum Gruß gereckt. Zehntausende Menschen pilgern jedes Jahr zur Porta, anders als früher huldigen sie nicht dem Monarchen, sondern sitzen auf der Treppe zu seinen Füßen und genießen die Landschaft.

Vor tausend Jahren
erstmals erwähnt

Wer sich dann nicht gleich wieder auf den Rückweg macht, sondern den Kammweg des Wittekindsberges Richtung Westen unter die Füße nimmt, findet ein anderes Relikt der Vergangenheit, das in seiner Bescheidenheit kaum einen größeren Gegensatz zum bombastischen Kaiser-Denkmal bilden könnte: Einen knappen Kilometer entfernt versteckt sich die Margarethen-Klus auf einer Lichtung. Auch sie steht für Geschichte, aber die erzählt von Gottesfürchtigkeit, Bescheidenheit und Demut. Ihre Anfänge gehen ziemlich genau tausend Jahre zurück, 1224 wurde sie zum ersten Mal in einer Urkunde des Mindener Bischofs erwähnt.
Was es mit der Klus, der Klause also, auf sich hat, kann kaum jemand besser erzählen als Jutta Eick. Als Pilgerbegleiterin und Gästeführerin hat sie die Schlüsselgewalt für die die Kapelle. Mehrmals im Jahr schließt sie die alte Eichentür auf, zündet die Kerzen am Altar an, läutet die Glocke, um Wanderer und Spaziergänger zu einem Abstecher an den spirituellen Ort zu bewegen, lädt zu einer kurzen Andacht und Gebet ein.
Es gibt die historischen Fakten, und die kennt Jutta Eick in- und auswendig: Dass die Kapelle Keimzelle einer geistlichen Frauengemeinschaft um eine gewissen Margarethe war, dass Fachleute den Bau in die Zeit des 12./13. Jahrhunderts datieren, dass die Sandsteinquader in der Nähe aus dem Berg geschlagen wurden. Sie erzählt von Prozessionen, die von Minden hinauf auf den Berg führten, von Pilgern, die hier auf dem Weg zu den Heiligtümern von Aachen oder ins noch viel weiter entfernte Santiago de Compostela Station machten. Sie berichtet vom Niedergang der Klus, nachdem 1810 der Bruder Napoleons, König Jerôme von Westphalen, das Mindener Domkapitel aufgelöst hatte und das kleine Gotteshaus verfiel.

Die Sage von der
Wittekindsquelle

Und es gibt jede Menge Mythen. Nur ein paar Schritte sind es von der später sanierten Klus zur Wittekindsquelle. Hier soll es zu einer denkwürdigen und folgenreichen Begegnung zwischen Widukind und Kaiser Karl dem Großen gekommen sein: Der Sachsenherzog verlangte vom Kaiser einen Beweis für die Wahrhheit seines christlichen Glaubens. Als sein Pferd mit den Hufen scharrte und an dieser Stelle Wasser sprudelte, habe Widukind sich dem Franken unterworfen und sich taufen lassen … Solche Ankdoten fielen ungeachtet ihres Wahrheitsgehaltes später auf fruchtbaren Boden, im Zuge des Widukindkults schaffte es der Ort als „heiliger Born“ zu recht zweifelhaftem Ruhm.
Für Jutta Eick sind solche Anekdoten Nebensache. „Für mich ist die Margarethenklus ein Ort der Einkehr und des Gebets, hier spüre ich den Einklang von Natur und Spiritualität.“ Und genau das will sie auch den Wanderern vermitteln.