2023er Priesterweihen im Erzbistum Berlin und im Bistum Dresden-Meißen
Glaube lebt von Beziehung
Foto: Eckhard Pohl
„Mir gefällt, dass ich zu manchen Gemeindemitgliedern einen sehr persönlichen Kontakt habe“, sagt Diakon Tomasz Jablecki. Dieses Verbundensein mit den Leuten sei viel intensiver als er das aus seinem Heimatland Polen kenne, so der 29-Jährige. Außerdem tue ihm gut, dass er als Seelsorger nicht jemand Herausgehobenes, sondern auch Mitchrist unter Christen ist.
Diakon Jablecki ist in der Pfarrei St. Nikolaus Blankenfelde im südlichen Berliner Umland im Einsatz. Am 3. Juni soll er in Berlin zum Priester geweiht werden. Schon im Pastoralpraktikum, das dem Diakonat vorausgeht, war er in Blankenfelde. Und auch als Neupriester wird er zunächst in der Pfarrei St. Nikolaus Dienst tun. „Ich finde es gut, dass das inzwischen in der Priesterausbildung hier so geregelt ist“, sagt Jablecki. „Da kann man in einer Pfarrei langsam in seine Aufgaben hineinwachsen und die Gemeinde geht mit.“
In der Pfarrei, zu der neben Blankenfelde vor allem Ludwigsfelde und Trebbin gehören, begegnet er unterschiedlichen pastoralen Situationen, erzählt Ja-
blecki. Noch vor wenigen Jahren hätten in den Orten eigenständige Pfarreien bestanden. Da gebe es Gemeindemitglieder, die noch vom Zusammenhalt aus DDR-Zeiten geprägt sind. Zugezogene Gemeindemitglieder stammten aus Westberlin oder Westdeutschland und brächten neue Ideen mit. Außerdem lebten Migranten aus Polen und anderen Ländern in der Pfarrei, die eine ziemliche Rolle spielten, so Jablecki, der selbst aus dem niederschlesischen Kreis Nowa Sol (Neu Salz) stammt.
Themen wie etwa die Weihe von Frauen spielten im Gemeindealltag eher keine Rolle, schätzt der Diakon ein. „Wir müssen schauen, wie wir die Seelsorge gestalten. Die Menschen wollen einen Priester haben, die Sakramente empfangen. Es kommt darauf an, im guten Kontakt miteinander zu sein.“
Wie er auf die Idee gekommen sei, Priester zu werden: „Ich habe zu Hause sehr nah an der Kirche gewohnt und bin fast jeden Tag zur heiligen Messe gegangen, war Messdiener … Da lag es nahe, dass ich mit zehn/elf Jahren schon überlegte, Priester zu werden“, sagt Jablecki. Während des Abiturs habe er sich dann für das Theologiestudium entschieden. Nachdem er das Studium an der Theologischen Fakulät Stettin abgeschlossen hatte, habe er einen Schnitt gemacht, sei nach Berlin gezogen und habe zwei Jahre in der stationären Altenpflege gearbeitet. Ein Altenpflegepraktikum hatte er bereits während des Studiums absolviert und Deutsch in der Schule gelernt. „Pflege ist mit körperlicher Belastung verbunden. Aber die alten Menschen schenkten mir viel Vertrauen und Dankbarkeit. Ich konnte manche gute Erfahrung sammeln“, sagt Jablecki.
„Menschen suchen und brauchen die Liebe Gottes“
Zugleich aber sei er auf der Suche gewesen und habe sich fast überall, wo er Kirche begegnete, zu Hause gefühlt. „In der Großstadt sind mir immer wieder Menschen mit Drogenproblemen und anderem Leid begegnet. Mir ist bewusst geworden: Die Menschen brauchen und suchen Liebe. Die Liebe, die wir Menschen brauchen, ist die Liebe Gottes.“ Daraus habe sich für ihn die Frage ergeben: „Warum nicht hier in Berlin Priester werden?“
2019 meldete er sich beim Erzbistum. 2020 nahm er dann in einem Pastoralkurs des Erzbistums mit Praktikum in Blankenfelde seine weitere Ausbildung auf. Doch es war Corona und „außer Gottesdiensten gab es eigentlich nichts“, erinnert sich Jablecki. 2021 wurde er zum Diakon geweiht, doch die Möglichkeiten, Erfahrungen in der Gemeinde zu sammeln, seien wegen der Pandemie weiter begrenzt geblieben. So wurde sein Diakonat auf zwei Jahre erweitert. „Rückschauend finde ich es sehr gut, dass ich länger Diakon war, denn ich habe in den letzten Monaten endlich wirklich Seelsorge kennenlernen können“, so der angehende Priester. Die kleine Schar der Christen hier lebt den Glauben „viel bewusster“, ist er überzeugt.
Spirituell sieht sich Jablecki ein Stück weit jesuitisch geprägt, schätzt Schweige-Exerzitien, nimmt aber auch gern am Gebet von Mönchen teil. Das Alleinsein als zölibatär lebender Priester sieht er als Chance: „Ich habe Zeit, allein zu sein, Zeit zum Beten. Das ist für mich wie Ehe. Ich pflege die Beziehung mit Gott.“ Als Orientierung für seinen weiteren Weg hat sich der junge Geistliche ein Wort aus der Herz-Jesu-Litanei ausgewählt: „Bilde mein Herz nach deinem Herzen“.
Im Blick auf seinen priesterlichen Dienst freut sich Jablecki darauf, Liturgie zu gestalten und zu feiern. „Das ist das Zentrum des Gemeindelebens“, sagt er. Dazu gehöre auch, Ministranten für die Liturgie auszubilden und überhaupt Menschen für die Liturgie zu begeistern. Zudem sei er „gespannt auf die einzigartigen Begegnungen mit Menschen“, die sich an ihn wenden.
Zur Primiz und dem damit verbundenen Pfarrfest in Blankenfelde erwartet er nahe Familienangehörige, Freunde und alle Menschen aus den Gemeinden, in denen er unterwegs ist.
„Ich koche für mein Leben gern“, sagt Julian Kania (26), danach gefragt, ob er schon zu Mittag gegessen hat. Heute, am Donnerstag, hat er sich jedoch nicht selbst ein Menü zubereitet. „Donnerstags essen wir immer im Pfarrteam“, sagt der Diakon. Das sei auch schön.
Julian Kania ist seit eineinhalb Jahren Diakon in der Pfarrei St. Elisabeth in Gera. Davor war er im Rahmen seiner praktischen Ausbildung zum Priester auch schon im Pastoralpraktikum in der Pfarrei mit 70 Kilometern Ausdehnung in Ost-West-Richtung, denn die Pfarrei reiche bis kurz vor Jena.
Wie Tomasz Jablecki schätzt es auch Kania, die ganze Zeit der praktischen Ausbildung über in einer Pfarrei zu sein. So habe er trotz der Corona-Einschränkungen in Gera inzwischen die kirchliche Situation recht gut kennenlernen können, darunter etwa die soziale Arbeit der Caritas, aber auch die ökumenische City-Pastoral oder die ökumenische Akademiearbeit.
Als Diakon unterrichtet er derzeit eine kleine Gruppe von sechs Schülern der fünften bis siebten Klasse an einem staatlichen Gymnasium. Die Schüler der achten bis zwölften Klassen hingegen würden am Katholischen Religionsunterricht Online teilnehmen, wie er in Thüringen angeboten wird. Das habe sich angesichts der kleinen Zahlen sehr bewährt und sei schon in Corona-Zeiten eine gute Sache gewesen, sagt Kania. Außerdem leitet er eine kleine Jugendgruppe und ist ein bisschen stolz auf 25 Ministranten in der Stadt Gera.
„Ich wage es und bewerbe mich als Priesterkandidat“
Aufgewachsen ist Kania gemeinsam mit drei Schwestern und einer Pflegeschwester in Falkenstein im Vogtland. Die Eltern stammen von Heimatvertriebenen aus Schlesien und Ungarn ab. Über den Dienst als Ministrant
übernahm er bereits in der achten/neunten Klasse Küsteraufgaben in seiner Pfarrei. Während der Jahre am Gymnasium in Auerbach entstand der Wunsch, Theologie zu studieren. „Ich hatte viele Fragen. Dass ich Theologie studieren wollte, stand bald fest. Allerdings trieb mich um, was ich damit machen könnte. Und ich entschied: Ich wage es und bewerbe mich als Priesterkandidat im Bistum Dresden-Meißen.“
So begann er im September 2015 mit dem Einführungsjahr, dem Theologischen Propädeutikum in Bamberg, und studierte dann 2016 bis 2021 an der Jesuitenhochschule St. Georgen in Frankfurt (Main) Philosophie und Theologie. „Das Studium dort ist sehr anspruchsvoll und breit gefächert. Gefallen hat mir nicht zuletzt die große Bandbreite der vertretenen Auffassungen, wie sie auch bei fakultativen Abendveranstaltungen erlebbar war“, erinnert sich Kania gern. Im Priesterseminar dort habe ihn die „ignatianische Frömmigkeit beeindruckt und beeinflusst“, obgleich die Jesuiten weit davon entfernt wären, jemanden zum Jesuiten machen zu wollen. In Erinnerung geblieben ist ihm auch, wie konsequent man sich in Seminar und Hochschule mit dem Thema Schutzkonzept im Blick auf Missbrauch befasst habe. „Das wurde sehr ernst genommen.“
Nach der Prüfung zum Magister der Theologie ging er dann im September 2021 ins Pastoral- und Schulpraktikum in die Pfarrei Gera, wobei er das Schulpraktikum im 40 Auto-Minuten entfernten Peter-Breuer-Gymnasium in Zwickau absolvierte.
Kania fühlt sich theologisch gut auf seinen priesterlichen Dienst vorbereitet. Zugleich wird ihm in der pastoralen Praxis immer wieder deutlich, wie wichtig es ist, die eher verkopfte Theologie in den Lebensalltag der Gemeinde zu übersetzen. Für das Miteinander in der Gemeinde hat er den Satz formuliert: „Wir lernen voneinander, um miteinander daran zu arbeiten.“ Für den Glauben heiße dies etwa: „Wir lernen voneinander miteinander zu glauben.“ Das habe auch Konsequenzen für sein Amt als Seelsorger: „Das Amt ist ein Dienst. Dieser Dienst geht nur im Miteinander. Ohne Gemeinde gibt es kein Amt, keinen Dienst“, betont Kania. „Glaube lebt davon, dass ich von meinem Glauben erzähle und andere dazu motiviere, von ihrem Glauben zu erzählen“, sagt Kania. In seinem priesterlichen Dienst werde es von entscheidender Bedeutung sein, „Menschen in ein Miteinander zu bringen“ und zwar über Katechesen, über die Ministantenarbeit, über Predigten und anderes.
Als Kaplan in Gera möchte er gern mit dem Gemeindereferenten-Paar Hentschel die Gottesdienste bei den einmal im Quartal stattfindenden Familientagen gestalten. Und er würde sich gern um die Ministranten- und Jugendarbeit kümmern.
Julian Kania wird am 4. Juni, 15 Uhr, in der Dresdner Kathedrale St. Trinitatis zum Priester geweiht. Primiz will Kania eine Woche später mit den Gemeinden, seinen Angehörigen und Freunden in seiner Heimat im Vogtländischen Auerbach feiern.
Für seinen Weg als Priester hat sich Kania das Wort „Christus spricht: Suchet mein Angesicht“ gewählt.
„Es bleibt ein Sprung ins kalte Wasser. Aber es ist jetzt dran“, sagt Diakon Jonas Treichel. Der 26-Jährige meint damit seine bevorstehende Weihe zum Priester. Auch er hat etliche Jahre der Ausbildung hinter sich: das Propädeutikum in Bamberg, Studienjahre in Frankfurt, Paris und Erfurt. Treichel stammt aus der Pfarrei St. Josef in Berlin-Weißensee. „Ich dachte, Theologie zu studieren könnte für mich was sein. Zugleich war ich am Anfang aber sehr suchend“, so der junge Seelsorger.
„Generell ist die Institution Kirche durchaus angefragt“, sagt Treichel. „Aber ich blicke dennoch sehr zuversichtlich in die Zukunft. Seelsorge lebt von der Beziehung zu Menschen. Es geht nicht in erster Linie um die Frage: Wie geht es der Kirche? Da mache ich mir nicht so viele Sorgen.“
Treichel stammt aus einer nicht besonders tief religiös geprägten Familie, wie er sagt. Er habe sich erst mit 13 Jahren taufen lassen. Zuvor war er nach der Grundschule mit Klasse 7 an die Berliner katholische Theresienschule gewechselt, wo er mit christlichen Mitschülern in Berührung kam und verpflichtend am Religionsunterricht teilnehmen musste. „Das hat sich wohl vom Geist geführt so ergeben“, sagt er schmunzelnd.
Nach drei Semestern Theologie in St. Georgen in Frankfurt (Main) wechselte er an die private Universität Institut Catholique in Paris, an der neben Theologie auch Fächer wie Philosophie, Literatur und Sozialwissenschaften gelehrt werden. „Ich habe in Paris viel Liturgiewissenschaft gehört, aber auch große Liturgien in Notre Dame genossen“, sagt Treichel. Gelebt und gewohnt habe er nicht im Priesterseminar, sondern bei Herz-Jesu-Priestern. „So hatte ich nachmittags und an den Wochenenden sehr unmittelbaren Gemeindekontakt.“ Die letzten vier Semester verbrachte Treichel dann im Priesterseminar einschließlich der Pius-WG (Wohngemeinschaft) in Erfurt. Drei der Semester fanden wegen Corona allerdings weitgehend online statt.
„Das Lernen geht weiter, es gibt keine Patentrezepte.“
Nach fünfjährigem Studium sowie Pastoral- und Diakonatspraktikum in der Gemeinde Heilig Geist in Berlin-Charlottenburg fühlt sich Treichel gut gewappnet für den priesterlichen Dienst. Aber das Lernen gehe natürlich weiter. „Es gibt auch in der kirchlichen Praxis keine Patentrezepte. Man muss auch den anderen ihre Sicht der Dinge zugestehen.“ Der Priester der Zukunft werde „hoffentlich mehr seelsorglich tätig sein können“, sagt Treichel. Zuversichtlich mache ihn auch, dass es mit dem neuen Berliner Institut für Katholische Theologie an der Humboldt-Universität wieder Theologie als Gesprächsangebot in die Hauptstadt hinein gibt.
Gemeinsam mit Tomasz Jablecki wird Treichel am 3. Juni, 10 Uhr, in St. Joseph in Berlin in der Müllerstraße die Priesterweihe empfangen. Er hat sich als Motto für sein priesterliches Leben ein Wort aus der Präfation in Werktagsmessen ausgewählt: „Du bedarfst nicht unseres Lobes. Es ist ein Geschenk deiner Gnade, dass wir dir danken.“ „Das hat etwas Entlastendes“, sagt Treichel: „Gott zu loben, aber auch zu wissen, dass er der Größere ist.“ Er freue sich darauf, demnächst die Eucharistie feiern zu können. Aber auch der Arbeit mit jungen Erwachsenen würde er sich als Priester gern widmen wollen. „Ich denke, es ist viel zu gewinnen, wenn man einfach Gesicht zeigt und das menschliche Miteinander pflegt.“ Das sei auch wichtig, wenn es um das Zusammenwachsen von Gemeinden zu großen Seelsorgeräumen geht. Im Blick auf die Fragen des Synodalen Prozesses versuche er „sensibel zuzuhören“ und denke offen über vieles nach, sagt Treichel. „Die Kirche wird sich verändern und auch das Priesteramt wird sich verändern“, sagt er. Es gelte „neugierig“ zu bleiben, wie diese Veränderungen aussehen werden.