Teil 9 unserer Credo-Serie

Alles wird gut

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Unsere Serie zum Apostolischen Glaubensbekenntnis beschäftigt sich mit den Grundpfeilern des christlichen Glaubens. Jetzt geht das Credo auf das Ende zu und Christen bekennen: Das Leben und die Liebe werden siegen.

Durch einen Türspalt fällt helles Licht.
Was kommt nach dem Tod? Christen glauben, dass unser Leben bei Gott vollendet wird. 

Von Susanne Haverkamp

Wir befinden uns immer noch im dritten Abschnitt über den Heiligen Geist. Das bedeutet: Er ist es, der wirkt, in der Vergebung der Sünden und in der Auferstehung. Paulus sagt: „Wenn der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus von den Toten auferweckt hat, dann wird er auch euren sterblichen Leib lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt.“ (Römer 8,11)

Vergebung der Sünden

Woran denken Sie bei diesem Vers? An die Beichte? Ans Endgericht? Alles nicht ganz falsch, aber tatsächlich geht es in erster Linie um die Taufe.

Warum? Weil das Credo ursprünglich das Glaubensbekenntnis der Täuflinge war. Und weil in den ersten Jahrhunderten die Taufe als Beginn eines neuen Lebens für Erwachsene galt, war die zeichenhafte Abkehr vom alten Leben zentraler Bestandteil dieser Taufe: Die Täuflinge stiegen nackt ins Taufbecken, tauchten unter als Symbol dafür, dass alle Schuld abgewaschen ist, und kleideten sich anschließend in ein reines weißes Gewand. Bildlicher kann man die Vergebung der Sünden und den Beginn des neuen Lebens kaum zeichnen. 

Im Großen Glaubensbekenntnis ist das übrigens unmissverständlich formuliert: „Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden.“ (Gotteslob 586) Im kleinen apostolischen ist die Taufe quasi rausgekürzt – es war den Menschen damals eben klar, was gemeint ist. Klar war ihnen damals auch: Die Vergebung der Sünden ist eine einmalige Angelegenheit – weshalb manche die Taufe auf das Sterbebett verlegten. Alle anderen spürten hingegen schmerzhaft: Das neue weiße Kleid wird schnell grau; auch Getaufte sündigen weiter. 

Aus genau dieser Erfahrung heraus entwickelte sich das Sakrament der Buße als, wie der Dogmatiker Theodor Schneider schreibt, „rettende Planke für jene, die auch nach der Taufe Schiffbruch erlitten“. Anknüpfungspunkt war der Umgang Jesu mit Sünderinnen und Sündern. Und weil der als nun himmlischer Herr die Vergebung nicht persönlich zusprechen konnte, übertrug sich diese Aufgabe auf die Kirche. „Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen“, heißt es im zweiten Korintherbrief (5,20).

Daher ist es schlussendlich richtig, wenn Sie bei „Vergebung der Sünden“ nicht mehr (nur) an die Taufe denken, zumal bei der Kindertaufe. Die Zusage Jesu: „Deine Sünden sind dir vergeben“ gilt lebenslang bis ans Ende.

Auferstehung der Toten

Ich bin mit dieser Formulierung aufgewachsen – Sie vielleicht nicht. Denn bis zur ökumenischen Neufassung 1971 lautete dieser Satz im Credo: „Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches.“ Warum wurde er umformuliert?

In erster Linie deshalb, weil er missverständlich war. Er entspricht nämlich einer theologischen Linie, die an die antike griechische Lehre anknüpft, dass der Mensch aus zwei Komponenten besteht: Körper und Seele. Auferstehung des Fleisches hieße dann: die Wiedervereinigung von Körper und Seele irgendwann nach dem Tod. So wurde es tatsächlich lange gelehrt.

Mit dem jüdisch-christlichen Denken der Bibel hat das allerdings wenig zu tun. Denn erstens ist der Mensch biblisch betrachtet nicht zweigeteilt, sondern eins.Was aber noch wichtiger ist: Nirgends in der Bibel steht, dass wir in unserem Körper in den Himmel kommen. Schon Jesus haben seine Freunde körperlich nicht wiedererkannt, weder Maria Magdalena, die in ihm einen Gärtner vermutete, noch die Emmausjünger. Wenn nicht im Körper, wie aber dann?

Paulus ist im ersten Korintherbrief (15,35–49) sehr klar. Er nennt schon die Frage töricht, denn: „Gott gibt den Leib, den er vorgesehen hat.“ Wie er aussieht, weiß Paulus nicht, aber wie der irdische Körper jedenfalls nicht: „Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib.“ Wie wir auf Erden irdisch gestaltet sind, werden wir nach dem Tod „nach dem Bild des Himmlischen gestaltet werden“.

Um im Glaubensbewusstsein also das Missverständnis der körperlichen Auferstehung „des Fleisches“ zu vermeiden, heißt es nun allgemeiner „der Toten“. Das ist nicht so anschaulich, aber bekennt offen: Wir glauben, dass es die Auferstehung gibt; wie sie funktioniert und wie wir danach sind, das liegt bei Gott.

und an das ewige Leben

Aber neugierig sind wir schon: Wenn wir auferstanden sind, was kommt dann? Auch diese Antwort ist so offen wie missverständlich: das ewige Leben.

Missverständlich, weil das Wort „ewig“ nach einer ziemlich langen Zeit klingt. „Du hast ja wieder ewig gebraucht“, beschwert sich der Gatte, wenn seine Frau auf sich warten lässt. Und Kinder finden, dass es bis Weihnachten prinzipiell „noch ewig“ dauert. Ewig ist lang und langweilig. Aber so ist es bei Gott doch hoffentlich nicht.

Tatsächlich hat Gottes Ewigkeit nichts mit Tagen und Jahren zu tun. Gottes Art zu leben ist offenbar eine andere als unsere irdische Art zu leben. Auch, weil unsre irdische Art immer unvollendet ist, Stückwerk, nichts Halbes und nichts Ganzes. Das kann auch nicht anders sein unter den Bedingungen von Raum und Zeit und Endlichkeit.

Genau deshalb hoffen wir im ewigen Leben auf Vollendung. Vollendung heißt: Wir hoffen darauf, dass alles, was in uns angelegt ist, aber nicht zur Entfaltung kommen konnte, in der Ewigkeit entfaltet wird, dass zur Fülle wird, was in unserem Leben anfanghaft, mangelhaft da war.

Das gilt für jeden von uns, aber insbesondere gilt es für Menschen, die viel zu früh aus dem Leben gerissen wurden. Welches Potenzial hat etwa in jung verstorbenen Kindern gesteckt? In tot geborenen Kindern, die wir nicht kennenlernen konnten? Was ist ihnen und uns an Begabungen und Freuden entgangen, an Liebe und Gemeinschaft? 

Dass bei Gott alles zur Vollendung gelangt, zu ungeahnter Fülle, das ist unser Glaube.