Taizé-Treffen in Rostock

Appell für Zusammenhalt

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Viel Freude über das Zusammenkommen, aber auch ernste Diskussionen: Tausende Jugendliche aus Europa haben ein Zeichen für Solidarität und ein friedliches Miteinander gesetzt.

Foto: kna/Heiner Beisert
Gebet und Diskussionen prägten das Jugendtreffen der Taizé-Gemeinschaft. Foto: kna/Heiner Beisert

Gitarre in der Straßenbahn, Sprachengewirr von Rostock bis Warnemünde und jede Menge Bohneneintopf aus der Dose: Am Neujahrstag ist das mittlerweile traditionelle europäische Jugendtreffen der Gemeinschaft von Taize über den Jahreswechsel zu Ende gegangen. Nach zwei Jahren Corona-Unterbrechung konnte das Treffen wieder in Präsenz stattfinden.

Rund 5.000 Jugendliche aus 49 Nationen traten die Reise an die deutsche Küste an, um über den Jahreswechsel gemeinsam zu beten, singen, feiern und diskutieren. Das waren zwar nur die Hälfte der bei der ursprünglichen Planung erwarteten Gäste - dafür gab es letztlich mehr Gastgeberfamilien als herbergssuchende junge Europäer. Rostock, in dem die Christen in einer Minderheitensituation leben, zeigte sich laut Veranstalter als guter Gastgeber.

Dem konnte Pierre aus Frankreich zustimmen. Er schwärmte von seinen Gastgebern, die ihm auch spät abends noch eine warme Mahlzeit gekocht und wie ein eigenes Kind aufgenommen hätten. "Mich begeistert vor allem die Kreativität, die entsteht, wenn Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenkommen und darüber sprechen, was sie bewegt."

Das sehen viele andere Teilnehmenden auch so. Für sie ist das Treffen ein Kraftort in turbulenten Zeiten. So zum Beispiel für die beiden ukrainischen Frauen, die hier für einige Tage zur Ruhe kommen konnten und einmal nicht an Bunker und Bomben denken mussten. Trotzdem war der Krieg in der Ukraine ständig Thema, die Gesprächsrunden zu Ängsten, Hoffnungslosigkeit und Perspektiven immer gut gefüllt.


Joachim Gauck zu Gast beim Treffen

Ermunternde Worte kamen von prominenter Seite - etwa von Altbundespräsident Joachim Gauck, der die Jugendlichen aufrief, sich für ihre Mitmenschen einzusetzen. "Wir ahnen gar nicht, was wir für andere bedeuten können", sagte er. Und auch Frere Alois, der Vorsteher der Gemeinschaft, ermutigte dazu, sich aus dem Glauben heraus für die Welt und die kommende Generation zu engagieren.

Erklangen die meditativen und für Taize typischen Gesänge morgens noch in kleinerer Runde in den Gastgemeinden, erschallten sie mittags und abends aus tausenden Kehlen in der Rostocker Hansemesse. Sie wurde zum zentralen Veranstaltungsort auserkoren, und am Abend saßen die Jugendlichen dicht gedrängt auf dem Boden nebeneinander und löffelten ihre Eintöpfe. Als am Samstag die Todesnachricht des ehemaligen Papstes Benedikt XVI. die Halle erreichte, rief Frere Alois zum gemeinsamen Gebet auf.

Für Liapa aus Litauen waren diese Gebetszeiten das verbindende Glied. Erst habe sie Angst vor den vielen fremden Menschen gehabt - "aber jetzt ist es eine wahnsinnige Reise. Es ist schon verrückt, dass so viele unterschiedliche Menschen zusammenkommen, weil sie der Glaube an Gott eint." Gustav aus Deutschland freute sich vor allem über die Internationalität des Treffens und darüber, dass er sein "Englisch mal ein bisschen aufpolieren kann".

Bei aller Begeisterung, die in Rostock aufkam - das Image von Taize als dem friedvollen Ort im südlichen Burgund ist in den vergangenen Jahren ins Wanken geraten, nachdem 2019 Vorwürfe sexualisierter Gewalt gegen Brüder der Gemeinschaft öffentlich gemacht worden waren. Bei einer für das Treffen in Rostock eingerichteten Telefonnummer zur Meldung von Übergriffen jeglicher Art waren laut einer ersten Zwischenbilanz von Freitag zunächst keine Anrufe eingegangen. Zwei Workshops widmeten sich dem Thema Missbrauch - laut Organisatoren wurden sie mit regem Interesse besucht. Sie sollen bei künftigen Treffen wohl wieder angeboten werden.

Nur 17 Prozent der Rostocker sind Christen. Frere Alois begriff dies nach eigenem Bekunden als Chance, auch mit kirchenfernen Menschen ins Gespräch zu kommen. Ob und wie dies erreicht wurde, wird sich kaum messen lassen. Zumindest in den vollen Straßenbahnen erfuhr so mancher Rostocker auf Nachfrage, was es "mit diesem Taize" so auf sich hat.

Ende dieses Jahres treffen sich die Jugendlichen erstmals in Slowenien. Daria aus Polen will auf jeden Fall in Ljubljana dabei sein. "Das ist so ein tolles Abenteuer hier und ich habe viele neue Freunde gefunden", sagt sie. Um sie herum nicken viele Köpfe zustimmend.

kna