Im Westerwald: Pilgerweg verbindet die Klöster Marienstatt und Marienthal

Bei Maria zu Hause sein

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Die Madonna vom Westerwald: das Gnadenbild in der Basilika des Zisterzienserklosters Marienstatt.


Der „Marienweg“ im Westerwald verbindet die Zisterzienserabtei Marienstatt an der Nister (bei Hachenburg) mit dem ehemaligen Franziskanerkloster Marienthal (bei Hamm/Sieg). Den Weg zu den Gnadenorten sind die frommen Westerwälder seit Jahrhunderten immer wieder betend gegangen.

Fünf Stunden gibt die kleine Beschreibung der Wanderung bekannt. Vorausgesetzt, man ist ganz gut zu Fuß. Und eingelaufen. Sprich: ein geübter Wanderer. Dann lassen sich die gut 20 Kilometer an einem Tag bewältigen.
Ja, der Weg fordert. Dafür belohnt er einen auch reichlich. Mit Natur. Mit Geschichte. Mit Einblicken in Kultur und Handwerk der Westerwälder. Mit endzeitlichen Phantasien – schließlich führt eine der beglückendsten Passagen des Wegs auf den „Weltende-Pfad“.
Wer sich von der Nähe eines fließenden Gewässers die Seele streicheln lässt, für den ist dieser Weg ein Stück vom Paradies: Er führt kilometerlang an den Ufern der Großen oder der Kleinen Nister entlang – deren Vereinigung inklusive. Nah am Wasser und oft vom schützenden Wald behütet: Der Weg lässt sich auch bei sommerlichen Temperaturen gut begehen.

Wester -ohne- Wald?

Traurig stimmen indes die Passagen, wo der Westerwald zunehmend seinen Namen zu verlieren droht. Wester-ohne-Wald könnte es zuweilen treffender heißen. Denn die riesigen Monokulturen von Fichten sind entweder braun statt grün. Oder der Kahlschlag hat sie entlang des Wegs flachgelegt, entzweigt und gehäutet. Mahnend stehen die Stümpfe der abgeholzten Bäume im Waldboden. Spätestens da wird die Route zum Schöpfungsweg mit Potenzial für eine Bittprozession.
Andererseits kann man hier im Westerwald daran glauben, dass jeder Pilger seine Privataudienz beim Schöpfer bekommt: kaum Menschen unterwegs, die Stille so wunderbar. Und die Luft so klar.
Für die frommen Westerwälder früherer Tage waren beide Wallfahrtsorte ein Stück Glaubensheimat. In Marienthal wird ein Bild der Muttergottes verehrt, das Anfang des 15. Jahrhunderts ein Hirte geschnitzt hatte. An dieser Stelle wurde eine Kapelle gebaut und eine Wallfahrtstradition entstand. In Marienstatt waren bereits 200 Jahre zuvor – 1212 – Zisterzienser heimisch geworden. Und mit ihnen kamen Gnadenbild und Wallfahrt.
Der „Marienweg“ kann an beiden Orten gestartet werden: im ehemaligen Franziskanerkloster Marienthal, das heute ein Bildungshaus des Erzbistums Köln ist, oder in der Abtei Marienstatt. Wer sein Auto bei der Anreise in Marienstatt parkt, der kann bei guter Planung seinen Pilgertag gegen Abend mit dem gregorianischen Choral der Mönche in der Vesper in Marienstatt krönen (Montag bis Freitag 17.30 Uhr, Samstag 16.30 Uhr, Sonntag 17 Uhr). Voraussetzung dafür: Rechtzeitig vom Bedarfshalt Marienthal die Bahnfahrt zum Bahnhof Hattert (etwa 30 Minuten) antreten. Von dort geht es in knapp drei Kilometern über Müschenbach zurück nach Marienstatt. Der verdiente Lohn für diese zusätzliche Wegstrecke ist der herrliche Blick von der „Schönen Aussicht“ auf das Kloster.

Von Johannes Becher