Europawahl im Mai

Christen werben für Europa

In vielen Ländern attackieren Populisten die EU. Eine internationale christliche Initiative stellt sich dagegen. Sie will die Menschen neu für das Friedensprojekt Europa begeistern. Und ruft sie auf, bei der Wahl im Mai die Demokratie zu stärken.

Viele Europäer halten die Welt, in der sie leben, für selbstverständlich. Vor allem junge Menschen kennen nur das Europa, in dem es keine Grenzkontrollen gibt. In dem sie für die Reise ins Nachbarland kein Geld umzutauschen brauchen. Und in dem sie dank Interrail mit dem Zug den Kontinent erkunden können. Mal ganz davon abgesehen, dass hier schon seit mehr als 70 Jahren Frieden herrscht. „Vielen ist gar nicht bewusst, wie sehr Europa unseren Alltag prägt“, sagt Markus Grimm, Europareferent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Er glaubt, dass die EU stärker herausstellen sollte, was sie leistet. Denn das freie, geeinte, friedliche und demokratische Europa ist in Gefahr. 

Bei der Europawahl im Mai, so heißt es in Umfragen, könnten Populisten zulegen. Im Europäischen Parlament würden dann künftig mehr Europagegner sitzen als bisher. Politiker, die Nationalismus wollen – und keine Gemeinschaft. Grimm sagt, das für ihn schlimmste Szenario wäre, „dass es nach der Wahl eine sehr starke rechtsradikale Fraktion gibt“. Er beobachtet, dass die EU „in vielen Ländern zum Sündenbock für alles gemacht wird, was nicht gut läuft“. 

„Wir vertreten von Polen bis Spanien ähnliche Werte“

Die internationale Initiative Christen für Europa, in der sich auch das ZdK engagiert, will helfen, die Stimmung zu drehen und Menschen für Europa zu begeistern. Sie ruft die Bürger auf, wählen zu gehen und mitzuhelfen, dass Europa eine gemeinsame Zukunft hat. Grimm sagt: „Der Aufruf soll zeigen: Wir Christen ziehen an einem Strang. Wir vertreten von Polen bis Spanien ähnliche Werte.“ Aber die Initiative sieht auch die Probleme, die es gibt. Sie bekennt in ihrem Aufruf, dass die Debatten über Flüchtlinge Europa gespalten haben. Und sie wirbt für eine Migrationspolitik, die human ist, aber auch „die Bedürfnisse und begrenzten Möglichkeiten unserer Gesellschaften berücksichtigt“. 

Viele Menschen in Europa haben Angst – vor Migration, vor den Folgen der Globalisierung, vor wachsender Ungleichheit, vor Armut und Arbeitslosigkeit. Populisten profitieren von diesen Ängsten. Sie bieten vermeintlich einfache Lösungen an und wirken damit auf viele attraktiv. 

Die christliche Initiative hingegen betont, dass die Welt heute oft widersprüchlich und kompliziert ist und dass es simple Antworten nicht gibt. Sie will ein Europa, das seine Bürger schützt, das für den Klimaschutz eintritt, das Verantwortung für den Frieden in der Welt übernimmt und das sich um seine ärmeren Nachbarn kümmert, vor allem um Afrika. Ein Europa, das die Eigenheiten seiner Mitgliedsländer respektiert und gleichzeitig immer wieder Gemeinsamkeiten sucht.

„Europa ist ein großartiges Friedensprojekt“, sagt Grimm, „und dieses Projekt muss gepflegt werden.“ Die Europäer seien aufeinander angewiesen, wenn sie neben den Großmächten USA und China noch wahrgenommen werden wollten. „Unsere Länder sind zu klein, um allein in der Welt zu bestehen“, sagt Grimm. „Wir brauchen die EU, um unsere Werte und unsere Interessen durchzusetzen.“ Sonst werden uns am Ende die Werte der anderen diktiert.

Andreas Lesch