Theodor Bogler brachte das Bauhaus nach Maria Laach

Das Bauhaus im Kloster

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Stephan Oppermann
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Foto: Robert Boecker

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Bruder Stephan Oppermann mit dem berühmten Bogler-Becher

Theodor Bogler war Soldat, Ehemann und Mönch. Vor allem aber ein berühmter Keramiker. Er hat das Bauhaus in die Abtei Maria Laach gebracht. Ein Besuch in der dortigen Keramikmanufaktur zeigt: Seine Entwürfe leben weiter. Von Ruth Lehnen

Vom Schwarz-Weiß-Bild aus schaut Theodor Bogler den Keramikern noch heute über die Schulter. 
Foto: Ruth Lehnen

Einmal hat Theodor Bogler (1897 bis 1968) das Paradies gekannt. Es war sein Kindheitsparadies bei seinen Großeltern in Hofgeismar bei Kassel: Seine Jugend sei „ein Erleben von Gärten und Wäldern, Bergen und Hügeln“ gewesen, schrieb er: „Meine Großeltern besaßen einen herrlich großen Garten, der ... unsere eigentliche Welt war.“ Doch aus diesem Paradies vertrieb ihn der Krieg. 

Das war die erste drastische Wendung in einem Leben voller drastischer Wendungen. Im Ersten Weltkrieg mehrmals verwundet und mit dem Eisernen Kreuz dekoriert, entschied sich der junge Mann aus evangelisch-bürgerlichem Haus gegen ein Studium und für den Eintritt ins Bauhaus. Er wird Keramiker – geht aber „technisch-nüchtern“ an seine Aufgaben heran: „Ein Keramiker aus dem Denken, nicht aus dem Gefühl“, sagt Bruder Stephan Oppermann, der heute die Keramikmanufaktur in Maria Laach leitet.

Bogler ist erst 26 Jahre alt, als ihm 1923 mit seinen Vorratsgefäßen für das „Haus am Horn“ Ikonen der Moderne gelingen. Heute sind die aus geometrischen Grundformen gebauten, klassisch schönen Gefäße beinahe in jeder Publikation zum Bauhaus zu sehen. 

Als 25-Jähriger hatte er eine Witwe mit zwei Kindern geheiratet. Doch auch sein Eheglück währt nicht lange. Seine Frau entwickelt Wahnvorstellungen, Depressionen, und nimmt sich das Leben. An einem besonderen Tag: dem Geburtstag ihres Ehemannes, dem 10. April 1925, in diesem Jahr Karfreitag. Bogler, der erst Tage später von ihrem Tod erfährt, erlebt währenddessen zum ersten Mal in seinem Leben die katholische Osterliturgie, die ihn begeistert.

Später hält er in äußerster Nüchternheit fest: „Am Abend, da ich die Nachricht von ihrem Heimgang empfing, fasste ich den Entschluss, in die katholische Kirche einzutreten.“ Einen Monat später setzt er dies um, zwei Jahre später tritt er als Mönch in Maria Laach ein. Auf den Tag genau sechs Jahre nach dem Suizid seiner Frau legt er die Profess ab. Er schreibt: „Das Wort ist gesprochen, der Fahneneid geleistet, der Kriegsdienst gelobt. „Volo!“ („Ich will!“) 

Er blieb Soldat auch im Kloster

„Können wir uns da einfühlen?“ fragt Stephan Oppermann. Der 37-Jährige ist einer der Nachfolger von Theodor Bogler in der Keramikmanufaktur. Für ihn ist klar, dass Bogler „die harten Strukturen geliebt“ hat: „Die hat er am Militär geliebt, und die hat er am Kloster geliebt“. Bogler sei „ein unterkühlter Mensch“ gewesen, aber ihm werde auch eine große „Vatergüte“ nachgesagt, er habe sich aufmerksam um seine Lehrlinge gekümmert. Immer wieder hat Bogler seine Frau modelliert – in etlichen Masken. Viele Madonnen erhielten ihr Gesicht mit „grausam-traurigen Augen, die durch einen durchschauen“, sagt Bruder Stephan.  

Theodor Bogler Keramiker und Mönch
Theodor Bogler –
Bauhausschüler, Soldat,
Ehemann, Mönch
(1897 bis 1968)
Foto: Maria Laach

Theodor Bogler war einer von denen, die das Bauhaus nach Maria Laach brachten. Aber nicht mehr aktiv an der Töpferscheibe, sondern als Entwerfer. Damals gab es die strenge Trennung zwischen Patres und Brüdern noch. Die Brüder waren mit der Handarbeit beschäftigt, die Patres sollten Geistesarbeit leisten. Bogler übernahm die Kunstwerkstätten der Abtei und leitete zwei große Restaurierungen der Klosterkirche. Und ihm gelangen weitere „zeitlos gültige, klassische Entwürfe“, wie es anerkennend von Fachleuten hieß: zum Beispiel das „Samenkorn“, eine eiförmige Vase, bei der die hineingesetze Blume wirkt wie ein Keim, der aus dem Korn hervorkommt. Oder seine „Taubenvase“. Oder sein klassischer Becher. Alle diese Gegenstände werden heute noch in der Keramikmanufaktur produziert, die der kleinste von Maria Laachs Betrieben ist und doch rund 30000 Artikel im Jahr produziert.

Auch die Mokkamaschine kann man noch bestellen

Wer das Besondere sucht, kann sich auch Boglers Mokkamaschine heute noch bestellen. Ein technisches Kunstwerk, das so schwierig zu brennen ist, dass alle Teile doppelt produziert werden müssen. Eine teure Angelegenheit, 600 bis 800 Euro muss man da rechnen. Seine Teekanne wird heute verändert angeboten – „das Original hat getropft“, bemerkt Stephan Oppermann. An die Stelle des Henkels aus Metall ist eine Lederschlaufe getreten.

Boglers Porträt hängt an der Werkstattwand

Die heutigen Keramiker in Maria Laach, der Leiter der Manufaktur Bruder Stephan Oppermann, die Porzellanmalerin Andrea Lange und Keramikmeisterin Gabi Schönberger an der Töpferscheibe, lassen sich zwar bei der Arbeit noch von Pater Theodor Bogler über die Schulter schauen – sein schwarz-weißes Porträt hängt an der Werkstattwand – aber sie nehmen sich die Freiheit heraus, genau wie er Neues zu entwickeln. Was gleich geblieben ist: Alltagsbegleiter sollen hier geschaffen werden, Gebrauchsgegenstände. Das individuell Künstlerische steht nicht im Mittelpunkt. 

Worauf Bruder Stephan Wert legt: Mit dem Erkennungszeichen aus Maria Laach – das den See andeutet, ein L für Laach und ein M für Maria enthält – geht mit jedem hier produzierten Gegenstand ein kleines Kreuz in die Welt: „Es erinnert daran, wovon wir leben, und womit wir leben. Es erinnert daran, dass wir erlöst sind.“

https://www.maria-laach.de/keramikmanufaktur/

Ruth Lehnen