Seelsorger wollen homosexuelle Paare segnen

Debatte um Segnungsfeiern hält an

Image

Die Debatte um die geplanten Segensgottesdienste für Liebende dauert an. So braucht es zwischen dem Vatikan und Homosexuellen nach Ansicht des Moraltheologen Stephan Goertz mehr direkten Dialog. Die Initiative Maria 1.0 ruft dagegen alle Bischöfe auf, die geplanten Feiern zu unterbinden.

Priester Christian Olding segnet ein homosexuelles Paar beim Segnungsgottesdienst "Liebe gewinnt" in der Kirche Sankt Martin in Geldern am 6. Mai 2021. Am Altar hängt eine Regenbogenfahne.
Priester Christian Olding segnet ein homosexuelles Paar beim Segnungsgottesdienst "Liebe gewinnt" in der Kirche Sankt Martin in Geldern am 6. Mai 2021.  

"Liebe gewinnt" - so heißt die Initiative, bei der katholische Seelsorger in Gemeinden zwischen Buxtehude, Berlin und Baden-Baden rund um den 10. Mai zu "Segensgottesdiensten für Liebende" einladen.  Man wolle niemanden ausschließen, heißt es auf der dazugehörigen Homepage. Es gehe vielmehr darum, "die Vielfalt der verschiedenen Lebensentwürfe und Liebesgeschichten von Menschen" zu feiern und um Gottes Segen zu bitten - "ganz ohne Heimlichkeit". Eingeladen sind damit auch schwule und lesbische Paare - übrigens ohne, dass dies auf der Website ausdrücklich erwähnt wird.

Innrhalb der deutschen Kirche stößt die Initiaive sowohl auf Gegner als auf Befürwroter. So sagte der Moraltheologe Stefan Goertz im Podcast "Mit Herz und Haltung" der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen: "Und vielleicht lässt sich Rom überzeugen von der Lebenswirklichkeit dieser Menschen, von deren Partnerschaft, von deren Wunsch, dass ihre Beziehungen gesegnet werden." Solch ein Schritt würde ihn optimistisch stimmen hinsichtlich des Umgangs der katholischen Kirche mit Homosexualität.

"Ich finde es schon sehr bemerkenswert, dass jetzt so viele Seelsorgerinnen und Seelsorger tatsächlich ihrem Gewissen, ihrer Überzeugung folgen und sich im Grunde außerhalb des bisherigen Gehorsamkeitsverständnisses ihrer Kirche bewegen", sagte Goertz. Zudem sei es spannend zu beobachten, «wie das System auf diese Provokation reagieren wird».

Er gehe davon aus, dass die Aktion zu einer Intensivierung der Debatte führen werde. Möglicherweise würden auch innerkirchliche "Gräben" vertieft. "Ich glaube, das ist auch allen Beteiligten bewusst", so Goertz. "Aber das Besondere ist, dass man sich davon eben nicht mehr schrecken lässt, sondern tatsächlich zu der Überzeugung gelangt ist, dass man bei diesem Thema auch Zeichen der Versöhnung setzen muss in Richtung schwuler und lesbischer Paare, die um den Segen bitten."

Aus Sicht von Maria 1.0 sind die Segnungsfeiern eine "gezielte Provokation in Richtung von Papst Franziskus". Clara Steinbrecher, Leiterin der Initiative, betonte, dass die Einheit mit Rom gewahrt bleiben müsse. "Vielmehr rufen wir die Bischöfe und Priester dazu auf, Menschen in allen Lebenssituationen pastoral und mitfühlend zu begleiten."

Mit "gezielten Provokatione"» würden Gläubige verunsichert und gezwungen, "sich entweder dem örtlichen Bischof, der möglicherweise diese Segnungen billigt, gegenüber loyal zu verhalten oder dem Papst", so Maria 1.0. Ein Punkt komme in der Debatte zu kurz: "Selbstverständlich können homosexuelle Menschen den Segen empfangen, aber ihre Partnerschaft eben nicht"

Die Initiative "Liebe gewinnt" war nach dem Nein aus dem Vatikan zur Segnung von schwulen und lesbischen Paaren gestartet worden. Die Römische Glaubenskongregation hatte in einem Mitte März veröffentlichten Schreiben erklärt, die Kirche habe keine Vollmacht, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu segnen. Diese Verbindungen entsprächen nicht dem göttlichen Willen.

Die Deutsche Bischofskonferenz hatte die Segnungsgottesdienste im Vorfeld kritisiert. Diese hätten "ihre eigene theologische Würde und pastorale Bedeutung" und seien nicht als "Instrument für kirchenpolitische Manifestationen oder Protestaktionen" geeignet, erklärte der Konferenzvorsitzende Georg Bätzing.

Aus Sicht des Kommunikationsberaters Erik Flügge ist schon jetzt mit dem Protest gegen das Nein aus dem Vatikan viel erreicht worden. In einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de ruft er dazu auf, den lauten, öffentlichen Protest langsam auslaufen zu lassen "statt immer weiter zu steigern" und an den "Tisch des Synodalen Wegs", des Reformdialogs innerhalb der katholischen Kirche, zu gehen. Die Arbeit dort sei nachhaltig und verändere die Kirche "langsam in kleinen Schritten".

kna