Moment mal

Demokratie im Geist des Franziskus

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Mehr Beteiligung und Mitsprache aller Gläubigen – das wird in der Kirche diskutiert. Die Orden kennen solche demokratischen Abläufe seit langem. Fragen dazu an Bruder Gerhard Busche, Guardian (Leiter) des Franziskanerklosters Frauenberg in Fulda.



Wann und wer wird bei den Franziskanern gewählt?
Wir wählen bei unseren Provinzkapiteln den Provinzialminister. Und die Provinzialminister wiederum wählen den Generalminister für den gesamten Orden. Wir sprechen bewusst nicht von Oberen. Denn für Franziskus sollte der Leiter einer Provinz der Minister sein – also der Diener der Brüder.

Wer darf wählen?
Alle Franziskaner einer Provinz. Hier unterscheidet sich Franziskus von der damaligen Praxis in den Klöstern. Sie waren ein Abbild der Feudalherrschaft. Deshalb haben etwa in Klöstern wie der Abtei Fulda zeitweilig nur Adlige den Abt gewählt. Das war nur ein Bruchteil der Mönche des Klosters. Bei uns Franziskanern haben alle Brüder, die eine Profess abgelegt haben, beim Provinzkapitel den Provinzminister gewählt. In größeren Provinzen wie der deutschen Franziskanerprovinz nehmen inzwischen nicht alle Brüder teil. Sie entsenden Deputierte zum Provinzkapitel. Das ist mit Abgeordneten vergleichbar. Und diese wählen mit den Guardianen (Hausoberen) den Provinzialminister. Eine Amtszeit dauert sechs Jahre, maximal neun Jahre

Und wie ist es beim Hausoberen, dem Guardian?
Er wird nicht vom Konvent gewählt, sondern von der Provinzleitung bestimmt – und zwar für drei Jahre. Oft kommen drei weitere Jahre dazu. In den Anfängen gab es zunächst noch keine Klöster, sondern Gruppen von Brüdern, die unterwegs waren. Die gemeinsamen Treffen waren die Provinzkapitel.

Was ist mit dem Gehorsam?
Franziskus sah den Gehorsam sehr streng. Das Wort Guardian bedeutet ja Wächter oder Aufpasser. Der Guardian kann also Dinge anordnen. Aber: Die höchste Instanz im Kloster ist das Konventskapitel. Wenn es unterschiedliche Positionen gibt, kann es sein, dass die Mehrheit entscheidet und der Guardian überstimmt wird. Allerdings hat dies bei uns Franziskanern immer eine spirituelle Dimension. Da unterscheiden wir uns von politischen Abläufen.

Interview: Hans-Joachim Stoehr