Der Blick für das Wesentliche

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Eine Krippenausstellung im Kieler Kirchenkai zeigt Arbeiten der Kielerin Marlene Moss. Mit dabei sind eine große Milieukrippe sowie eine Krippe, für die die Katholikin sogar ausgezeichnet wurde.

Bootsfahrt auf der Kieler Förde: Ausschnitt aus der Kieler Milieukrippe von 1918/20
Bootsfahrt auf der Kieler Förde: Ausschnitt aus der Kieler Milieukrippe 1918/20.  Foto: Marco Heinen

Nein, von Krippen, die nur ein reines Weihnachtsidyll darstellen, hält Marlene Moss aus Kiel nicht viel. In Österreich seien solche Krippen sehr verbreitet, sagt sie, doch ihre Sache sei das nicht: „Ich mag die Handwerkskunst, aber man verliert das Wesentliche aus dem Blick“, findet die 68-jährige Erziehungswissenschaftlerin, die seit Jahren selbst Krippen baut. Neun davon sind derzeit im Kieler Kirchenkai (Rathausstr. 5) zu sehen. 

Nur ein Idyll, das könne nicht die Botschaft von Weihnachten sein, meint Marlene Moss. Für sie ist wichtig, „dass wir zurückkommen auf das, was wesentlich war, was ist und was bleibt“. Und das ist die Liebe Gottes zu den Menschen, der ihnen seinen Sohn sandte.

Preis für „vorbildliches Krippenschaffen“

Marlene Moss sucht eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Weihnachtsbotschaft, in dem sie sie zum Beispiel in Kontrast zur traurigen Realität setzt, jedenfalls bei der eindrücklichsten Krippe der kleinen Ausstellung, der „Betlehem-Krippe“. Das kleine Werk zeigt die Heilige Familie, wie sie an einer mit Stacheldraht bewehrten Betonmauer steht. Der Stern über ihnen, wies ihnen den Weg zu der Stelle, an der sie jetzt stehen. Dort ist die Mauer durchbrochen und öffnet den Blick auf Betlehem und das Westjordanland. Die Mauer, die bis zu acht Metern hoch ist, die gibt es wirklich. Sie wurde von den Israelis erbaut und verläuft im Norden Betlehems. Der Grenzwall trennt die palästinensischen Autonomiegebiete von Jerusalem. 

Für diese Krippe wurde Marlene Moss 2016/2017 mit dem Bischof-Heinrich-Tenhumberg-­Preis für vorbildliches Krippen­schaf­fen ausgezeichnet. Die Auszeichnung wird vom Westfälischen Museum für religiöse Kunst in Telgte verliehen, das den Preis im Zuge der jährlichen Krippenausstellungen auslobt. Mehrere Zeitschriften in Österreich hätten Fotos ihrer Krippe abgebildet, freut sich die Katholikin.

Neben der Betlehem-Krippe ist vor allem eine Milieukrippe­ sehenswert, die die Kieler Altstadt und die Förde in den Jahren 1918/20 zeigt. „Seit mehr als zehn Jahren baue ich daran“, erzählt Marlene Moss. Viele Stunden hat sie dafür im Stadtarchiv zugebracht, hat Fotos und Postkarten gesichtet, um ein historisch stimmiges Bild des Kieler Lebens zu kreieren. Immer wieder mal setzt sie Figuren um, tauscht welche aus oder nimmt sie ganz aus der Szene. So verändert sich die Krippe über die Jahre immer wieder. Die Krippenbauerin würde zum Beispiel gerne die Franziskaner-Ordensleute und Elisabeth-Schwestern abbilden, die seinerzeit in Kiel beheimatet waren. Doch noch fehlt ihr authentisches Bildmaterial als Vorlage für die Gestaltung. Und außerdem würde sie die Krippe gerne noch um einen Meter erweitern, „um das Ganze zu entzerren“.

Gemeindereferentin Anne Koep von der Pfarrei Franz von Assisi freut sich über das große Interesse an den Krippen. Es sei wohl das Wiedererkennen von Bekanntem und das Entdecken neuer Interpretationen des Krippenthemas, was die Leute reize, sagt sie. Die Krippenausstellung wird bis zum 13. Januar gezeigt. Sie kann während der Öffnungszeiten des Kirchenkais besichtigt werden und zwar montags von 12 bis 16 Uhr, dienstags und mittwochs von 10 bis 12 Uhr, donnerstags von 12 bis 14 Uhr sowie sonntags nach dem Gottesdienst ab etwa 12 Uhr bis 14 Uhr. Für größere Gruppen können auch individuelle Zeiten vereinbart werden. Anfragen per Mail an: citypastoralkiel@web.de

Text u. Foto: Marco Heinen