"Gefragte Frauen": Susanne Winnekens-Udovic

Die Frau, die auf Gemeinschaft setzt

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Susanne Winnekens-Udovic ist kfd-Frau durch und durch. Die Katholische Frauengemeinschaft hat ihr geholfen, die zu werden, die sie ist. Die Themen Wahlfreiheit und Gerechtigkeit stehen bei der Diözesanreferentin der kfd im Bistum Limburg ganz oben auf der Liste. Von Ruth Lehnen



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Die Mutter von Susanne Winnekens-Udovic hatte keine Wahlfreiheit. Da war der Krieg, und dann konnte sie als Mädchen keine höhere Schule besuchen. Ihr Leben lang hat sie darunter gelitten. Deshalb nimmt ihre Tochter die Sache mit der Wahlfreiheit von Frauen ganz persönlich. Denn sie hat bei ihrer Mutter erlebt, wie das war, als es diese Freiheit nicht gab. Als Frauen in Rollen gepresst wurden, die sie nicht wollten. Ihre Mutter war nie gern Hausfrau, sie hat nicht gern Kuchen gebacken, und sie hat auch nie gehäkelt oder gestrickt. Aber damals am Niederrhein, da war Frau eben Hausfrau. Ihre Mutter habe bei allen Basaren geholfen, war im Hintergrund in der Pfarrgemeinde sehr aktiv. Für ihre Tochter hatte sie Träume, die sollte was Ordentliches lernen, was aus sich machen. Schade, ihre Mutter hat nicht mehr erlebt, dass Susanne Winnekens-Udovic ihre neue Stelle antrat: Seit 2020 ist die Diplompsychologin und Diplomtheologin Diözesanreferentin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) im Bistum Limburg.

Volle katholische Prägung am Niederrhein

„Du bist immer so still, so ruhig“, das bekommt Winnekens-Udovic öfter zu hören. Zuhause am Niederrhein, da hatte es geheißen: „Wir sind nicht die, die so viel reden. Das ist nicht so unsere Art.“ Wer darin nur Bescheidenheit vermutet, liegt falsch. Denn das war auch eine Ansage gegen Schwätzer, die nichts gebacken kriegen. Susanne Winnekens lernte schon früh, sich einzubringen. Volle katholische Prägung. Zum Beispiel bei der Buswallfahrt nach Kevelaer: Da mussten es schon zwei Gesätze des Rosenkranzes sein. Susanne betete vor. Und bat die Mutter, mit aufzupassen, damit es nicht im Eifer des Gebets mehr als zehn „Gegrüßet seist Du Maria“ werden.

kfd: Gemeinschaft, Frauenförderverein, Pressure Group

Die Mutter war in der Katholischen Frauengemeinschaft („Mütterverein“), die Tante war drin, und für Susanne Winnekens-Udovic gehörte das auch dazu. Die kfd ist vieles für sie: Gemeinschaft, Frauenförderverein, Pressure Group, berufliche Aufgabe – ein großer Teil ihres Lebens.
In der kfd hat sie so viel gelernt und lernt noch immer weiter. Gerade hat sie ein Seminar besucht, bei der die Geistlichen Begleiterinnen der kfd-Gruppen ausgebildet werden. Nicht, dass sie das unbedingt gebraucht hätte, denn als Diplomtheologin kennt sie sich gut aus, und sie hat jede Menge Erfahrung mit Gruppen, mit dem Thema Frauengottesdienst und Frauenpredigt (siehe „Zur Person). Vor allem eines hat Susanne Winnekens-Udovic in der kfd gelernt: „Wenn man was erreichen will, muss man was sagen.“  
Die zweifache Mutter aus Langen wird nie zur Lautsprecherin werden, sich in den Vordergrund drängen. Das ist wirklich nicht ihre Art. Aber sie verfolgt ihre Themen und lässt dabei nicht nach. Sie hat einen langen Atem. Ihr Diplom in der Psychologie legte sie 1998 ab. Das gleichzeitige Theologiestudium unterbrach sie, um sich vor allem um ihre Kinder zu kümmern, aber brach es nicht ab: 2011 erhielt sie ihr Diplom als Theologin. Interessant, wie sie die Entscheidung für das Theologiestudium begründet: „Ich wollte verstehen, warum ich bestimmte Dinge nicht kann.“ Und auf Nachfrage: „Die Begründung in der Kirche ist ja, dass ich als Frau bestimmte Dinge nicht darf, weil ich sie nicht kann.“ Dahinterher schickt sie ein kleines Lächeln.
Frau in Feindesland, ein bisschen war so war es für die Frauen, die Theologie in den 1980-er Jahren studiert haben. Professorinnen gab es kaum. Doch eine Theologin in den Niederlanden, Catharina Halkes, schrieb 1980 das Buch: „Gott hat nicht nur starke Söhne“. Susanne Winnekens-Udovic nahm daraus die Überzeugung mit: Gibt es Gerechtigkeit für Frauen auch in der Kirche, wird das Frauen und Männern gut tun.

"Gleich und berechtigt"

1999, damals wurde sie Mitglied in der kfd, war ein wichtiges Jahr für die Frauengemeinschaft: Die kfd hatte in ihren „Leitlinien 99“ den Zugang zu Diakonat und Priesteramt für Frauen gefordert, aber die Bischöfe legten ihr Veto ein. Die Frauen beugten sich, viele im Groll. Das Grundsatzpapier erschien mit geschwärzten Zeilen. Zwanzig Jahre hat es gedauert, da erschien dieselbe Forderung im Papier „Gleich und berechtigt“, jetzt ungeschwärzt: ein kleiner Sieg. Die kfd wird nicht müde, ihre Forderung immer wieder vorzubringen. Von Maria 2.0 hätten die kfd-Frauen noch dazugelernt: Auf die Straße, in die Öffentlichkeit mit der Forderung, sagt Susanne Winnekens-Udovic.
Nun wäre es falsch, sich alle rund 400 000 kfd-Frauen in Deutschland als Kämpferinnen vorzustellen, die vor allem die Ämterfrage im Sinn haben. Viele wollen einfach in ihrem Ort die Freundschaft und Verbundenheit und gegenseitige Stärkung, die Frauen sich untereinander geben können und die eine „Frauengemeinschaft“ fördern kann. Die Diözesanreferentin weiß das, will auch diese Frauen „mitnehmen“. Frauen sollen „mobilisiert“ und „motiviert“ werden, ihr „Verbandsbewusstsein“ soll gestärkt werden: „Manche haben kein Bewusstsein, dass sie zu etwas Größerem gehören.“

Was war nochmal der Markenkern?

Dieses Bewusstsein ist aber nötig für die Zukunft des Verbands, der zwar immer noch stark ist, aber aufs Ganze gesehen doch Mitglieder verliert. Da sind die jungen Frauen, ausgelastet mit Familie und Beruf, die sich nicht mehr längerfristig binden wollen oder können. Da gibt es eine gewisse Überalterung. Da schaut eine Marketingagentur von außen drauf und bemerkt, dass die kfd für so vieles steht, von Nachhaltigkeit bis Ämterfrage – was genau war nochmal der Markenkern?
Susanne Winnekens-Udovic hat darauf Antworten. Ihr geht es um eine „geschlechtergerechte Kirche“, was für sie heißt: Ämter für Frauen, Frauenpredigt. Gesellschaftlich will sie erreichen, dass Frauen volle Wahlfreiheit haben, wie sie Beruf und Familie zusammenbringen. Kann ich tun, was ich will? Kann ich leben, wie ich will? Zur Zeit wird in der kfd an einem Positionspapier gearbeitet, Titel „Frauenleben sind vielfältig“. Zur Antwort gehöre auch eine gerechtere Bezahlung in den von Frauen oft gewählten Berufen der Pflege oder sozialen Arbeit und die „Gleichstellung im Lebensverlauf“, das heißt, eine gerechtere Rente.
Da ist dann Schluss mit der Zurückhaltung, da wird Winnekens-Udovic deutlich: „Es kann doch nicht heißen ,Augen auf bei der Berufswahl‘ – und mit so einem Spruch drückt man sich darum, Frauen in der Pflege ordentlich zu bezahlen!“ Was sie zu sagen hat, ist erfahrungsgesättigt. Lange hat sie vor allem ehrenamtlich gearbeitet, für  ihre Betreuungsarbeit in Schulen bekam sie trotz zwei Diplomen nur kleines Geld.
kfd-Diözesanreferentin zu sein ist für Winnekens-Udovic eine Traumstelle. Die Kirche ist für sie Heimat und der richtige Ort, um bibelinspiriert auch politische Verbesserungen anzustreben. Dieser Heimat Kirche ist sie zutiefst verbunden. Aber manchmal, findet sie, „ist es echt hart“. Vor allem versteht sie nicht, dass manche Katholiken glauben, für Reformen sei noch ewig Zeit: „Wenn man noch was retten will in der Kirche, muss man voranschreiten.“ 

Von Ruth Lehnen

 

Gefragt, Gesagt

"Wo soll ich denn hintreten?"

In der Rubrik „Gefragt ... gesagt“ geben die „gefragten Frauen“ möglichst spontan Antworten.

Durch wen sind Sie zum Glauben gekommen?
Susanne Winnekens-Udovic: Durch meine Mutter.

Was gibt Ihnen Ihr Glaube?
Sicherheit, Zuversicht und Gemeinschaft. Im Glauben finde ich Gleichgesinnte.

Haben Sie schon mal daran gedacht, aus der Kirche auszutreten?
Nein, wo soll ich denn hintreten? Ich bin ja auch Kirche und denke, warum soll ich denn austreten?
Vielleicht ist ja jemand anders nicht mehr katholisch, und nicht ich? Und vielleicht halte ich in manchen Fragen länger durch als mancher Bischof.

Welche Veränderung wollen Sie als Frau in der Kirche noch erleben?
Ich will erleben, dass die Ämter für Frauen offenstehen und die Menschen etwas davon haben – denn davon profitieren alle Menschen, Frauen und Männer.

Welches war Ihr schönstes Erlebnis im Zusammenhang mit Ihrem Glauben?
Da gibt es viele gemeinschaftliche Erlebnisse. Ich liebe die Osternacht mit ihrer Symbolik und durfte sie einmal in  Hoboken, New Jersey, feiern. Aber es gibt auch andere unvergessliche Erlebnisse, wie die Taufen meiner Kinder.

Welche sind Ihre liebsten Bibelstellen?
An der Emmausgeschichte (Lukas 24, 13 bis 33) fasziniert mich, wie auf einmal alle aufstehen und loslaufen und den anderen berichten, was sie erlebt haben. Und mit der Geschichte von barmherzigen Vater („Der verlorene Sohn“, Lukas 15, 11 bis 32) habe ich schon oft Sternstunden erlebt in der Kommunionvorbereitung.

Ihr Rat an Frauen auf der Suche?
Ich glaube an den Wert persönlicher Gespräche, direkter Gespräche über das, was einen bewegt. Deshalb würde ich raten, Gesprächsangebote zu nutzen.

Was ich schon immer mal sagen wollte ...
Seid zuversichtlich und lasst nicht nach!

 

Zur Person: Susanne Winnekens-Udovic, Diözesanreferentin der kfd Limburg

  • Susanne Winnekens-Udovic ist Diplompsychologin und Diplomtheologin. Ihre Diplomarbeit in Theologie schrieb sie über den Begriff des Bekenntnisses in Thomas Manns Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“.
  • Sie wurde 1969 in Xanten am Niederrhein geboren und lebt in Langen südlich von Frankfurt. Sie ist verheiratet und Mutter eines Sohnes und einer Tochter.
  • Seit Dezember 2020 ist sie Diözesanreferentin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) im Bistum Limburg, seit November 2021 ist sie zusätzlich Geistlichtheologische Begleiterin des Verbands. Die kfd im Bistum Limburg hat etwa 3000 Mitglieder, die sich auf Pfarrei-, Regional- und Bistumsebene organisieren.
  • Berufliche Erfahrungen sammelte Winnekens-Udovic in der schulischen Betreuung, sie unterrichtete  auch Ethik/Katholische Religion.
  • Ehrenamtlich engagierte sie sich vielfältig, unter anderem in der Kommunionvorbereitung in St. Jakobus, Langen. Seit 1999 ist sie kfd-Mitglied, seit 2014 arbeitete sie im Diözesanleitungsteam der kfd im Bistum Mainz mit und war dort von 2018 bis 2020 Sprecherin.
  • Am 2. April predigt sie um 17.30 Uhr in „Thomas von Aquin“ in Langen, am 3. April um 10.30 Uhr in St. Albertus Magnus, Langen.

kfd Bistum Limburg, Graupfortstraße 5, 65549 Limburg; Telefon: 06431 295-873,  E-Mail: s.winnekens-udovic@bistumlimburg.de

 

Ruth Lehnen