Bedeutung des Weltmissionssonntags

Die Hilfe soll neugierig machen

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Am Sonntag feiert die Kirche den Weltmissionssonntag. Doch was heißt das? Ist Mission heute nur noch Entwicklungshilfe? „Nein“, sagt missio-Präsident Dirk Bingener. „Seelsorge und Sozialarbeit kann man nicht gegeneinander ausspielen.“

Foto: missio/Hartmut Schwarzbach/argus
Erst helfen, dann vom Glauben erzählen: Eine Ordensfrau unterrichtet Kinder in dem entlegenen Bergdorf Liyai Khullen im nordostindischen Bundesstaat Manipur. Foto: missio/Hartmut Schwarzbach/argus

Schwester Agnes Haokip hat keine Angst vor Straßen an tiefen Abgründen, alten Brücken und langen Fußwegen. Mehrmals im Jahr besucht die Franziskanerin weitentlegene Dörfer im nordostindischen Bundesstaat Arunachal Pradesh. Sie gehört zu den sogenannten Touringschwestern – Ordensfrauen, die ständig auf Tour sind, zu den Menschen gehen und ihnen helfen. Als Krankenschwester verteilt sie in den Dörfern Medikamente und gibt medizinischen Rat.

Am Weltmissionssonntag sammeln die kirchlichen Missionswerke Spenden, um die Arbeit von Priestern und Ordensleuten wie Schwester Agnes in aller Welt zu unterstützen. Das Bild von Weltmission war früher verbunden mit dem Missionar, der den Glauben verkündet. Heute gehören vor allem soziale Projekten und der Bau von Schulen und Krankenstationen dazu. Geht es am Weltmissionssonntag allein um Geld für Entwicklungshilfe?

„Nein“, sagt Dirk Bingener, Präsident des katholischen Hilfswerks missio in Aachen. „Die Seelsorge, das Gebet und die Sozialarbeit kann man nicht gegeneinander ausspielen. Sie gehören immer zusammen.“ Das zeigt das Beispiel von Schwester Agnes. Sie ist nicht nur als Krankenschwester unterwegs, sondern kümmert sich auf vielfältige Weise um die Menschen: Sie hört sich ihre Sorgen an, sie betet mit ihnen, feiert Taufen und Familienfeste mit.

Bei der Frage, wie Mission gelingen kann, ist Bingener ein Satz von Papst Franziskus wichtig: „Verkündet das Evangelium – notfalls auch mit Worten.“ Mission heißt zunächst einmal, konkret zu helfen. „Wenn ein Mensch hungrig ist oder verfolgt wird und fliehen muss, dann fragen wir Christen doch auch als Erstes: Wie kann ich dir helfen?“ So würden auch die Touringschwestern in Indien zum Vorbild für die Menschen, sagt Bingener. „Es geht um ein Zeugnis des Lebens. Dann fragen die Menschen auch: Warum hilfst du uns überhaupt?“ Das sei der richtige Zeitpunkt, um vom eigenen Glauben zu erzählen.

Das sei genauso wichtig wie die Hilfe. „Der Glaube an einen liebenden Gott ist der Grund unseres Engagements“, sagt Bingener. Die Menschen bräuchten Hoffnung und eine Perspektive: „Wir müssen den Glauben stärken, seelsorgerisch helfen und die Menschen ermutigen. Aber wir dürfen nicht mit leeren Händen dastehen, sondern müssen als Christen konkret Solidarität zeigen.“

Mission ist heute Netzwerkarbeit

Das geschieht in einem weltweiten Netzwerk. Es sind nicht mehr allein die europäischen Missionare, die in ferne Länder aufbrechen. „Die Priester, Bischöfe und Laien aus den jungen Kirchen in Asien, Afrika und Ozeanien helfen sich gegenseitig.“ Philippinische Ordensfrauen arbeiten in Afrika, Priester aus Südindien sind in Nordostindien tätig, ein philippinischstämmiger Bischof hat die Kirche in der Mongolei aufgebaut.

Der Weltmissionssonntag macht bewusst, dass Mission heute „keine Einbahnstraße mehr ist. Das ist eine umfassende Netzwerkarbeit“, sagt Bingener. Solidarisch zu sein, heiße nicht, nur Geld zu spenden: „Es geht uns genauso um Begegnung und die weltweite christliche Gebetsgemeinschaft.“ 

Kerstin Ostendorf