Waldbrände und extreme Hitze

Die Klimakrise spitzt sich zu

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Im Amazonas wüten heftige Waldbrände, in Sibirien ist es fast schon unerklärlich heiß: Die Klimakrise schreitet voran. Um sie aufzuhalten, braucht es internationale Zusammenarbeit – und eine Klimapolitik, die die Realität ernst nimmt, sagt Klimafolgenforscher Ottmar Edenhofer. 

Verbrannte Bäume in Brasilien,
Gewohntes Bild und doch ungewöhnlich: Im Amazonas gab es dieses Jahr die schwersten Brände seit 13 Jahren. 

Von Sandra Röseler 

Die Corona-Krise beherrscht dieses Jahr die Welt. Gerade jetzt, da sich angesichts der steigenden Infektionszahlen viele vor den Konsequenzen einer zweiten Welle fürchten, gibt es fast kein anderes Thema mehr. Doch während die Pandemie die Nachrichten dominiert, schreitet die Klimakrise weiter voran – die Alarmsignale erregen aber bei Weitem nicht die Aufmerksamkeit, die nötig wäre.

Im Amazonas-Regenwald gab es im vergangenen Monat die schwersten Brände seit 13 Jahren. Grund für die Feuer sind  illegale Brandrodungen. Satellitenbilder des nationalen Instituts für Weltraumforschung zeigen, dass die Abholzung in Brasilien innerhalb eines Jahres um 33 Prozent gestiegen ist. Die zunehmende Trockenheit in Folge des Klimawandels befeuert die Brände noch dazu. 

Laut Angaben des WWF sind 20 Prozent des Regenwalds in den vergangenen Jahren bereits vernichtet worden. Wenn Bäume absterben, wird das klimaschädliche Gas CO2 freigesetzt. Das treibt den Klimawandel weiter an, anstatt ihn aufzuhalten. Doch nicht nur der Amazonas macht Klimaexperten in diesem Jahr Sorgen: In Sibirien gab es vor kurzem eine fast schon unerklärliche Hitzewelle. Im Juni wurden dort 38 Grad gemessen  – 18 Grad mehr als normalerweise üblich. 

Was in Brasilien oder Sibirien passiert, könnten Vorboten von dem sein, was uns bevorsteht, wenn wir die Erderwärmung nicht in den Griff bekommen, sagt Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Einiges könnte sogar dafür sprechen, dass wir den sogenannten Kipppunkten näherkommen, bei denen der Klimawandel eine Kettenreaktion auslöst, die das gesamte Erdsystem verändert. Wenn das Eis in der Arktis in Folge von Hitzewellen weiter schmilzt, könnte das zum Beispiel zu einem drastischen Anstieg des Meeresspiegels führen.

Uns bleibt wenig Zeit, um den Klimawandel aufzuhalten

Die Frage ist: Tun wir genug, um das zu verhindern? Edenhofer jedenfalls ist vorsichtig optimistisch. Ein klimapolitischer Hoffnungsschimmer ist für ihn der sogenannte Green Deal, den die EU vor kurzem bekräftigt hat. Bis 2050 will sie unterm Strich keine Tonne CO2 mehr emittieren. Der Klimaschutz bleibt in der Pandemie laut Edenhofer also nicht ganz auf der Strecke. Gleichzeitig betont er, dass es nicht genug ist, solche Ziele einfach nur deklaratorisch zu verkünden. Vielmehr müssten die Instrumente der Klimapolitik nun „mit Biss“ ausgestattet werden. Zum Beispiel fordert er, dass die CO2-Preise für Wärme und Verkehr, die in Deutschland ab 2021 gelten sollen, nach und nach steigen müssen – denn mit minimalen Preisen Erfolge erzielen zu wollen, sei illusorisch.  

Und: Alle Anstrengungen werden nichts nützen, wenn der Rest der Welt nicht mitzieht. Deutschland und die EU müssten deshalb auch verstärkt für internationale Kooperation werben, sagt Edenhofer: „Wir brauchen dringend eine Welt, in der der Multilateralismus eine Chance hat.“ Viel Zeit, um die Klimakrise zu stoppen, bleibe uns nicht: „Die nächsten zehn Jahre sind kritisch.“