Sitzungen und Veranstaltungen leiten

Die Redezeit begrenzen

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Veranstaltungen leiten

Die Arbeit von Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand erfordert einige Sitzungen. Diese sind für Mitglieder der Pfarrgemeinde öffentlich und sollten gut geleitet werden. Das kann man einüben, sagt Stefan Bange, der im Bistum Osnabrück Gremienvertreter berät.  

Alle kommen rechtzeitig, bleiben gut gelaunt, steuern prima Wortbeiträge bei und dann wird abgestimmt. Am Ende gehen die Mitwirkenden pünktlich und zufrieden nach Hause. So könnte sie laufen, die ideale Sitzung des Pfarrgemeinderats (PGR) oder Kirchenvorstands. Stattdessen müssen sich manche Ehrenamtliche in ihrem Gremium über Endlosdebatten ärgern und Plaudertaschen ertragen, die viel zu erzählen, aber wenig beizutragen haben und von der Sitzungsleitung nicht gebremst werden. Das führt zu Unmut. Aber kann man das lernen, eine Sitzung so zu leiten, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zufrieden nach Hause gehen? Ja, sagt Stefan Bange. Er arbeitet in der Abteilung Gemeindeentwicklung und Organisationsberatung im Seelsorgeamt in Osnabrück und schult zum Beispiel Pfarrgemeinderatsmitglieder und  Mitglieder von Kirchenvorständen. Für sie hat Bange einige Hinweise:  

Tagesordnung bekanntgeben
Grundsätzlich sei es so, dass eine Pfarrgemeinderatssitzung für Mitglieder der Pfarrgemeinde öffentlich ist, erklärt Bange. Entsprechend wird zu ihr auch die interessierte Öffentlichkeit der Gemeindemitglieder eingeladen – und das sind nicht nur die Gottesdienstbesucher. Es reiche nicht, im Pfarrbrief auf die Sitzung hinzuweisen. Eine Einladung mit Bekanntgabe der Tagesordnung sollte wenigstens sieben Tage vor Sitzungstermin veröffentlicht werden, in sozialen Medien, Tageszeitung und Anzeigen- oder Stadtteilblättern und auf der Homepage der Kirchengemeinde. Es könnte sein, dass der Tagesordnungspunkt Jugendarbeit andere Personen mehr interessiert als der Tagesordnungspunkt Liturgie.

Schwerpunkte setzen
Bange rät dazu, in den Sitzungen Schwerpunkte zu setzen. Die Arbeit des Pfarrgemeinderats orientiert sich in der Regel am Kirchenjahr und der PGR bespricht, ob es eine Fronleichnamsprozession am Donnerstag, am Sonntag oder gar nicht mehr geben soll, wann das Pfarrfest gefeiert wird und ob der Erntedankbasar noch sinnvoll ist. Gleichzeitig ist es gut, grundsätzliche Themen eingehend zu diskutieren: Was ist mit unserer Jugendarbeit, mit der Seniorenseelsorge, mit unserem Verständnis als Faire Gemeinde? Für ein Schwerpunktthema könnte in einer zweistündigen Sitzung eine Stunde reserviert werden, die zweite Stunde dann für Punkte verwendet werden, die schnell behandelt werden können.

Experten einbeziehen
Steht ein Thema auf der Tagesordnung, das eingehender besprochen werden soll, ist es gut, auch Experten zu hören.  Zum Thema Seniorenseelsorge sollte man sich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Pflegeheims austauschen und zum Beispiel die Pflegeleitung zur Sitzung einladen. Dann stellt sich möglicherweise heraus, dass die Idee von Gottesdiensten für Demenzkranke im Pflegeheim bereits umgesetzt wird, weil der Besuchsdienst das dort anbietet, außerhalb der Einrichtung ist das vielleicht nur wenigen bekannt.  
Geht es um das Thema der Zusammenarbeit mit der Kindertagesstätte, lädt man die Kita-Leitung zur Sitzung des Pfarrgemeinderats ein und Personen aus dem Team der Kinderkirche; geht es um Jugendarbeit, könnten zum Beispiel die Teamer des Zeltlagers dabei sein.

Die Tagesordnung
Beim Schreiben der Tagesordnung sollte man überlegen, wie viele Punkte realistisch behandelt werden können. Das hängt laut Bange auch von den behandelten Sachverhalten ab: „Hat der Tagesordnungspunkt Informationscharakter, ist er im Beratungsmodus mit Diskussion oder befinden wir uns in der Entscheidung?“ Schwierig sei, an einem Punkt, an dem abgestimmt werden soll, die ganze Debatte noch mal neu aufzurollen. „Das kann in einer Endlosschleife enden.“ In der Tagesordnung könnte also formuliert werden: „Abstimmung über neuen Verlauf der Prozession“.

Pünktlich anfangen
Wann eine Sitzung beginnen soll, richtet sich nach den Teilnehmern. Es ist ratsam, zur genannten Zeit pünktlich zu beginnen. „Ich würde nicht auf die Leute warten“, sagt Bange. Man könne aber kommunizieren, dass ab 19.45 Uhr der Raum geöffnet ist und Getränke bereitstehen. So verteilt sich die mit dem Ankommen verbundene Unruhe auf die Viertelstunde vor Beginn der Sitzung. Am Ende sollte man pünktlich schließen.

Sitzung leiten, Redezeit regeln
Manchen Menschen macht es Freude, eine Sitzung gut zu leiten. Andere haben das Amt des Vorsitzenden vielleicht bekommen, weil es sonst keiner machen wollte, und fühlen sich unwohl in der Leitungsrolle. Es kann helfen, sich klarzumachen, dass Leitung erwünscht ist, um die Sitzung zu strukturieren. Die meisten Anwesenden werden es zu schätzen wissen, wenn ergebnisorientiert diskutiert und abgestimmt wird. 
Wer Redezeit gerecht verteilen möchte, kann mit einer Sanduhr arbeiten. Der Redebeitrag muss beendet werden, wenn der Sand  durchgelaufen ist. Alternativ kann man selbst die Zeit stoppen und nach Ablauf von drei Minuten auf eine Rezeptionsklingel hauen, der Klingelton ist das Signal, dass der Sprecher seine Zeit ausgeschöpft hat. Manchen mag der Einsatz von Sanduhr und Klingel seltsam vorkommen, aber es seien gute Mittel, um eine gewisse Disziplin bei Wortmeldungen einzuüben, sagt Bange.

Sprechstein für alle
Wenn es nicht darum geht, Redezeit zu begrenzen, sondern in einer laufenden Diskussion viele Standpunkte zu hören, kann auch ein Redestein oder Sprechstein zum Einsatz kommen. Die Person, der zuerst das Wort erteilt wurde, beendet ihren Beitrag und schaut sich in der Runde um, sie gibt den Sprechstein an jemanden weiter, von dem sie den Eindruck hat, dass sein Redebeitrag jetzt weiterführt.  

Drei minuten Stille
Manche Menschen bringen alles mit einem Satz auf den Punkt, andere verfertigen ihre Gedanken beim Sprechen. Um in einer offenen Debatte Ideen zu sammeln, kann die Sitzungsleitung sagen: „Wir denken jetzt über diese Fragestelung nach, es gibt drei Minuten Stille. Wer will, notiert sich in dieser Zeit seine Gedanken dazu.“ Anschließend können die Teilnehmer sich mit durchdachten  Beiträgen melden.

Sitzung beenden
Die Sitzung sollte pünktlich beendet werden. Es ist nicht ratsam, bei einer ausufernden Debatte eine Abstimmung zu erzwingen. Lieber sollte ein Thema vertagt oder in einen Ausschuss verwiesen werden. Es sei wichtig, sich nicht „im Klein-Klein“ zu verlieren, so Bange.  

Protokoll veröffentlichen
Der Protokollführer erstellt ein Ergebnisprotokoll, aus dem ersichtlich ist,  was besprochen wurde und was daraus folgt: „Pfarrfest nur noch alle zwei Jahre, im Wechsel mit Weiberfastnacht.“ Das Protokoll wird öffentlich ausgehängt.

Auch privat zusammenkommen
Um Gelegenheit zu privatem Austausch und Gesprächen ohne Zeitdruck zu bieten, ist es sinnvoll, als PGR auch in entspannter Runde zusammenzukommen, zum Beispiel bei einem Grillabend; der kann auch zusammen mit dem Kirchenvorstand geplant werden. 

Zur Sache: Hüterin der Zeit

„Die moderierende Person ist die Hüterin der Zeit“, schreibt Organisationsberaterin Magdalena Holztrattner in ihrem Leitfaden „Einfach gut führen“ und betont: „Eine gut vorbereitete und moderierte Sitzung ermöglicht, Themen effektiv und effizient abzuarbeiten, ohne die Aufmerksamkeit der Sitzungsteilnehmerinnen zu verlieren.“ Holztrattner gibt folgende Hinweise:

  • Am Anfang steht die Begrüßung aller Teilnehmerinnen.
  • Ein kurzer Text oder Moment der Stille sorgen dafür, dass alle ihre Handys weglegen und sich auf die Sitzung einlassen.
  • Es wird klar gesagt, wann die Sitzung zu Ende sein wird.
  • Die moderierende Person sorgt dafür, dass alle Redebeiträge gehört werden.
  • „Moderation bremst Vielsprecherinnen und gibt Schweigern das Wort“, schreibt Holzrattner.
Andrea Kolhoff