Die Bücher Samuel in der Bibel

Die Stimme Gottes

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Zwei Bücher des Alten Testaments tragen den Namen Samuel. Die Lesung dieses Sonntags kennen viele: Der junge Samuel tut sich schwer, die Stimme Gottes zu erkennen. Aber was wissen Sie sonst noch über Samuel?

In einer französischen Bibel ist das Zweite Buch Samuel aufgeschlagen.
Gleich zwei Bücher im Alten Testament tragen den Namen Samuel - so auch in dieser französischen Bibel. 

Von Kerstin Ostendorf 

Im Alten Testament gehört Samuel zu den großen Namen – er wird in einer Reihe mit Mose und Aaron genannt. Er ist ein Prophet, der umherzieht und Gottes Wort verkündet. Eine spätere Tradition weist ihn als Priester aus dem Hause Levis aus. Und er gilt als letzter Richter im Volk Israel und spricht in Bethel, Gilgal, Mizpa und Rama, seinem eigentlichen Wohnort, Recht. 

Dass er eine besondere Rolle für das Volk Israel spielt, zeigt schon die Erzählung seiner Geburt: Seine Mutter Hanna gilt als unfruchtbar. Dafür wird sie von Pennina, der zweiten Frau ihres Mannes Elkana gedemütigt, vielleicht auch, weil Elkana Hanna trotz ihrer Kinderlosigkeit mehr liebt als Pennina. 

Die Geschichte beginnt, als die Familie wie jedes Jahr zum Tempel von Schilo hinaufzieht, um Opfergaben darzubringen. Diesmal legt Hanna ein Gelübde ab: Sollte Gott ihr einen männlichen Nachkommen schenken, will sie ihm den Jungen weihen und in den Dienst am Tempel geben. So innig ist ihr Gebet, dass es sogar dem Tempelpriester Eli auffällt.

Samuel gewinnt die Bundeslade zurück

Und tatsächlich wird Hanna schwanger, gebiert einen Sohn und nennt ihn Samuel („von Gott erbeten“). Nachdem sie den Jungen abgestillt hat, damals war das etwa im Alter von drei Jahren, bringt Hanna ihr Kind mit einigen Gaben zum Priester Eli und er wächst am Tempel auf. 

Hier kommt es auch zu der Szene, die in der heutigen Lesung geschildert wird. Weggelassen ist, was Gott dem Samuel eigentlich sagt (Verse 11–18), obwohl das wichtig ist. Denn Gott kündigt Samuel an, dass die Familie Elis nicht länger in seiner Gunst steht. Elis Söhne, die auch schon als Tempelpriester arbeiten, zweigen die Gaben für Gott für sich selbst ab – und Eli hindert sie nicht. Eli erkennt das Urteil Gottes an „und ganz Israel erkannte, dass Samuel als Prophet des Herrn beglaubigt war“.

Das erste Samuelbuch erzählt nun von seinem weiteren Leben und Wirken. Eine große Bedrohung für das Volk geht in dieser Zeit von den feindlichen Philistern aus. Israel befindet sich in einem dauernden Kriegszustand, ständig hat es Angst vor Angriffen. Die größte Schmach: Die Philister können nach einer Schlacht die Bundeslade, das größte Heiligtum der Israeliten, rauben. In den Kriegserzählungen bildet sich aber ein Motiv deutlich heraus: Wendet sich das Volk gegen Gott, drohen Unheil und Niederlage; hören die Israeliten auf Jahwe, können sie ihre Feinde schlagen. So fordert Samuel das Volk auf, die fremden Götter aus ihren Reihen zu verbannen und einzig dem Gott Israels zu dienen. Er betet und fastet und bringt Brandopfer dar – und Israel kann die Philister schlagen, Gebiete zurückerobern und erhält die Lade zurück.

Doch ein wenig geht es Samuel so wie einst Eli. Auch er setzt, als er alt wird, seine Söhne Joël und Abija als Richter ein, damit sie seine Aufgabe übernehmen. Doch die Bibel erzählt, dass auch sie, wie Elis Söhne, auf ihren eigenen Vorteil aus sind, sich bestechen lassen und das Recht beugen. Das Volk ist unzufrieden und verlangt von Samuel, einen König einzusetzen, „so wie es bei allen Völkern der Fall ist“. 

Samuel missfällt das. Israel ist nicht wie alle Völker, sondern von Gott erwählt. Immer wieder warnt er das Volk – vor den Rechten eines Königs, vor dem Kriegsdienst der Söhne, vor der Macht und Hierarchie, vor Unterdrückung und Frondiensten der Bauern. Doch sie hören nicht auf ihn, und irgendwann hat selbst Gott genug von ihrem Gequengel. Er sagt zu Samuel: „Hör auf die Stimme des Volkes, in allem, was sie dir sagen! Denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen: Ich soll nicht mehr ihr König sein.“ (1 Sam 8,7) Und Gott kündigt an: „Morgen um diese Zeit schicke ich einen Mann aus dem Gebiet Benjamins zu dir. Ihn sollst du zum Fürsten meines Volkes Israel salben.“ (1 Sam 9,16) 

Zur richtigen Zeit kommt Saul, der seit Tagen auf der Suche nach verlorengegangenen Eselinnen ist; er will den Gottesmann nach dem Weg fragen. Da erkennt Samuel, dass er den richtigen Mann vor sich hat, und salbt ihn zum König.

„Du kannst nicht mehr König von Israel sein“

Mit Gott an seiner Seite gewinnt Saul viele Kriege. Doch beim Krieg gegen die Amalekiter hält er sich nicht an Jahwes Anweisungen, die Samuel ihm verkündet hat: Saul tötet nicht den feindlichen König und nimmt sich das beste und wertvollste Vieh, anstatt es zu vernichten. Gott verwirft Saul als König – und es ist wieder Samuels Aufgabe, ihm das Urteil zu verkünden: „Du hast das Wort des Herrn verworfen und jetzt hat der Herr dich verworfen, so dass du nicht mehr König von Israel sein kannst.“ (1 Sam 15,26)

Gott schickt Samuel wieder auf Wanderschaft, um einen neuen König für Israel zu salben. Dieses Mal fällt die Wahl auf David, den jüngsten Sohn Isais aus Betlehem. Das erste Samuelbuch berichtet ausführlich vom Machtkampf zwischen Saul und David, von Sauls Eifersucht, von Intrigen und Anschlägen. Noch bevor David endgültig den Thron besteigen kann, stirbt Samuel. Die Bibel erzählt, dass ganz Israel die Totenklage für ihn gehalten hat. 

Das könnte das Ende der Geschichte um Samuel sein – wäre da nicht Saul, der um jeden Preis seine Herrschaft sichern will. Aus Angst vor einem erneuten Angriff der Philister besucht er eine Wahrsagerin, die Samuels Geist heraufbeschwören soll. Tatsächlich erscheint Samuels Totengeist. Doch für Saul hat er keine guten Nachrichten: „Der Herr hat dir das Königtum aus der Hand gerissen und hat es einem anderen, nämlich David, gegeben.“ (1 Sam 28,17) Außerdem kündigt Samuel an: „Der Herr wird auch Israel zusammen mit dir in die Gewalt der Philister geben, und morgen wirst du samt deinen Söhnen bei mir sein.“ (1 Sam 28,19) 

So geschieht es. Israel verliert die Schlacht, Sauls Söhne werden getötet und er selbst stürzt sich ins Schwert. So hat Samuel auch nach seinem Tod das Wort des Herrn verkündet.