Porträts der zwölf Apostel Jesu
Die Zwölf
Die zwölf Apostel waren Jesu besondere Vertraute. Zwölf Männer, weil das die zwölf Stämme Israels symbolisiert – und zu diesen wusste sich Jesus gesandt. Aber wer waren sie? Und was wurde aus ihnen?
Petrus,
Geburtsname Simon, stammt aus Betsaida am See Gennesaret. Bei seiner Berufung lebte er als Fischer in Kafarnaum. Er war verheiratet, seine Frau begleitete ihn später auf seinen Missionsreisen (1 Kor 9,5). Petrus, der seinen Beinamen von Jesus bekam, war Sprecher des Zwölferkreises. Nach Ostern scheint er der erste Mann gewesen zu sein, der Jesus sehen durfte (1 Kor 15,5). Er übernahm die Leitung der ersten Gemeinde, bis er sich später ganz der Mission widmete (Gal 2,7–8). Über seine Reisen ist genauso wenig Sicheres bekannt wie über seinen Tod. Alte Überlieferungen sprechen davon, dass er um 64 n.Chr. in Rom, wo bis heute sein Grab verehrt wird, unter Kaiser Nero den Märtyrertod starb.
Andreas
ist der Bruder des Simon Petrus. Nach Matthäus (4,18) wird er gemeinsam mit seinem Bruder berufen. Nach Johannes (1,40) war er dagegen Jünger von Johannes dem Täufer, als er am Jordan Jesus traf und am nächsten Tag seinem Bruder verkündete: „Wir haben den Messias gefunden!“ Andreas nahm im Zwölferkreis eine gehobenere Stellung ein. Über sein weiteres Leben besagen Legenden, dass er Gemeindegründer in Konstantinopel war und bis ins heutige Georgien missionierte. Im griechischen Patras soll er an einem Kreuz mit schrägen Balken (Andreaskreuz) den Märtyrertod erlitten haben.
Jakobus der Ältere
wird durch den Beinamen „Sohn des Zebedäus“ gekennzeichnet. Er fischte im Familienbetrieb, der sogar Tagelöhner beschäftigte, als Jesus ihn rief (Mk 1,19–20). Jakobus gehört zu den engsten Vertrauten Jesu. Es gilt als gesichert, dass er um 42 n.Chr. als erster der Apostel durch Herodes Agrippa hingerichtet wurde (Apg 12,2). Die Legenden um seine Mission in Spanien, auf die die Wallfahrt nach Santiago (Sankt Jakob) gründet, entstanden erst mehrere Jahrhunderte später.
Johannes
ist eine schillernde Figur. Zum einen bezeichnet Jesus ihn und seinen Bruder Jakobus als „Donnersöhne“. So löste ihre Bitte, im Reich Gottes rechts und links von Jesus sitzen zu dürfen, ein Gewitter aus (Mk 10,35–45). Johannes gehörte später zur Führung der Jerusalemer Urgemeinde (Gal 2,9). Unsicher ist die Gleichsetzung von Johannes mit dem namentlich nicht genannten „Jünger, den Jesus liebte“, der im Johannesevangelium erwähnt wird (Joh 13,23; Joh 19,26). Unwahrscheinlich ist auch, dass der Apostel der Verfasser des Johannesevangeliums war, wie seit dem Kirchenvater Irenäus (spätes 2. Jahrhundert) behauptet wurde. Für Johannes ist kein Martyrium belegt, auch nicht legendarisch. Er soll in hohem Alter in Kleinasien als Bischof gestorben sein.
Thomas,
aramäisch: Zwilling, war ursprünglich ein Beiname, der zum Eigennamen wurde. Während drei Evangelien Thomas nicht weiter beachten, wird er bei Johannes als Zweifler berühmt (Joh 20,24–29); außerdem taucht er namentlich im Abendmahlssaal (Joh 14,4) und bei der Lazarusgeschichte (Joh 11,16) auf. Ab 250 n.Chr. erzählen verschiedene Quellen, dass Thomas in Indien missionierte. Bis heute gibt es dort Thomaschristen , die sich auf ihn berufen. Das ihm zugeschriebene Thomasevangelium, eine Sammlung von märchenhaften Kindheitserzählungen über Jesus, stammt wohl nicht von ihm.
Matthäus, der Zöllner,
wird erst kurz vor Gründung des Zwölferkreises in die Nachfolge gerufen (Mt 9,9). Für Verwirrung sorgt, dass dieselbe Berufungsgeschichte auch bei Markus steht (2,14), dort heißt der Zöllner allerdings Levi. Der bleibende Beiname betont, dass Jesus auch Verpönte wie Zöllner annimmt. Das Matthäusevangelium trägt seinen Namen, weil der Kirchenvater Irenäus ihn als Verfasser definierte. Tatsächlich ist das aber unwahrscheinlich. Über sein weiteres Leben, auch über Zeit und Ort des Todes, gibt es widersprüchliche Legenden.
Simon Kananäus
ist ein Opfer sprachlicher Missverständnisse. Denn lange übersetzte man seinen Namen als „Simon, der Kanaanäer“. Tatsächlich aber bedeutet der Beiname auf Aramäisch „Eiferer“. Simon bekam ihn wohl, weil er zur Zelotenpartei gehörte, die die römischen Besatzer gewaltsam vertreiben wollte. Er wird deshalb auch als „Simon der Zelot“ geführt. Außer in den Listen kommt er in der Bibel nicht vor. Nach einigen Legenden soll er Missionar in Persien gewesen und den Märtyrertod durch Zersägen erlitten haben; nach einer anderen wurde er im Alter von 120 Jahren unter Kaiser Trajan gekreuzigt.
Philippus
wird nur von Johannes ausführlicher erwähnt. So bringt er nach seiner eigenen Berufung Nathanael zu Jesus (Joh 1,43–51); bei der Brotvermehrung kann er sich ein Wunder nicht vorstellen (Joh 6,5–7); für Griechen, die Zugang zu Jesus wünschen, fungiert er als Mittelsmann (Joh 12,20–22). Einigen Legenden nach soll Philippus mit seiner Missionsarbeit bis in die Ukraine gekommen sein. 2011 meldete ein italienischer Archäologe, er habe sein Grab im türkischen Pamukkale gefunden; diesen Sterbeort hat der Geschichtsschreiber Eusebius von Cäsarea (um 300) genannt.
Jakobus, Sohn des Alphäus,
wird auch Jakobus der Jüngere genannt. Näheres ist über ihn nicht bekannt, er wird ausschließlich in den Apostellisten erwähnt. Der Legende nach soll er mit einer Keule erschlagen worden sein. In der 12-Apostel-Kirche in Rom liegen Reliquien von ihm und Philippus; ein Gemälde erzählt von einem gemeinsamen Martyrium.
Bartholomäus
ist sprachlich gesehen ein Verweis auf den Vater: Bar-Tolmai, Sohn des Tolmai. Weil in den Apostellisten Philippus und Bartholomäus zusammengenannt werden, wird Bartholomäus oft mit Nathanael, dem Freund, den Philippus zu Jesus brachte (Joh 1,45), gleichgesetzt. Sein vollständiger Name wäre danach Nathanael Bar Tolmai. Er soll in Indien, Mesopotamien und in Armenien gepredigt und das Martyrium erlitten haben. Nach späteren Legenden sei der Sarg mit seinem Leichnam an der Insel Lipari bei Sizilien angespült worden, wo man ihn bestattet habe. Die dort errichtete Kirche zerstörten 831 die Sarazenen.
Thaddäus
ist der einzige Apostel, der nicht in allen Listen vorkommt: Lukas und die Apostelgeschichte kennen statt seiner „Judas, Sohn des Jakobus“. Daher wird er oft Judas Thaddäus genannt. Gesichertes Wissen gibt es über ihn nicht. Zu Ehren kommt er in der „Legenda Aurea“, einer Sammlung von Legenden, die jahrhundertelang die wichtigste Quelle für die Heiligenverehrung war.
Judas Iskariot
Der Beiname ist entweder eine Herkunftsangabe (Isch Qerijot = Mann aus Kariot) oder verweist auf seine Mitgliedschaft bei den Zeloten (Sikarier = Dolchträger). Nur bei Johannes hatte Judas eine besondere Aufgabe: Er verwaltet die Kasse – und veruntreut Geld (12,6). Das verstärkt die These, Judas habe Jesus aus Habgier ausgeliefert. Bei Markus und Lukas bieten die Hohepriester von sich aus Bezahlung an. Unklar bleibt, wie Judas gestorben ist. Nach Matthäus bereute er, gab das Geld zurück und erhängte sich (Mt 27,3–5). Die Apostelgeschichte berichtet von einem Sturz auf dem mit dem Geld gekauften Grundstück, bei dem „sein Leib auseinanderbarst, und alle seine Eingeweide quollen hervor“ (Apg 1,18).
Susanne Haverkamp