Auferstehungskirche in Hannover-Döhren
Ein Gotteshaus mit Krone
Die Auferstehungskirche in Hannover-Döhren liegt wie eine Insel im Straßenverkehr. Teil drei unserer Serie zur Nachkriegsmoderne. Wir stellen sie im dritten Teil unserer Serie vor.
Pastor Michael Wohlers lenkt den Blick zum Himmel – auf den freistehenden 40 Meter hohen Turm aus Beton. Dieser Turm trägt eine Krone. „Die Krone soll ein Symbol für Jesus Christus als König sein, der über seine Gemeinde wacht, die in diesem Kirchenschiff sitzt“. Manchmal muss der Pastor hier draußen, auf dem Platz neben der Kirche, etwas lauter sprechen, denn die evangelische Auferstehungskirche in Hannover-Döhren liegt wie eine Insel im Straßenverkehr. Eine Kirche im Stadtteil – in Hannover zählt das Gotteshaus zu den spannungsreichsten Bauten der Nachkriegszeit. Diese schlichte und zugleich selbstbewusste Nachbarschaftskirche nach den Plänen der Architekten Horst Langer und Andreas Friess wurde 1964 geweiht, inzwischen steht sie unter Denkmalschutz.
Vor dem Gotteshaus gibt es einen kleinen Vorgarten, er gehört zum Bauensemble und symbolisiert die Vorhalle, die man von mittelalterlichen Kirchenbauten kennt, das sogenannte Paradies. In Hannover-Döhren wurde daraus ein Paradiesgärtchen mit Blumen, Sträuchern und einem Apfelbaum. Diese grüne Eingangshalle unter freiem Himmel ist bei schönem Wetter auch ein Treffpunkt der Gemeinde vor und nach dem Gottesdienst.
Die eigenwillige Schönheit der Auferstehungskirche erschließt sich, sobald man das Kirchenschiff betritt. Sofort fällt der Blick auf das leuchtende Betongitterlichtband, das der Maler und Bildhauer Gerhard Hausmann gestaltet hat. In Rot-, Gelb-, Orange- und Blautönen flutet es die Kirche, dieses Farbenspiel setzt sich auf dem Fußboden und den schlichten weißen Wänden fort und taucht den Raum, je nach Tageszeit, in ein anderes Licht. Am eindrucksvollsten entfaltet sich die Farbenpracht am Morgen, wenn sonntags Gottesdienst gefeiert wird. Das Kirchenschiff ruht auf einem parabelförmigen Grundriss, es gibt daher auch keine parallelen Wände. Die Holzdecke mit ihren leichten Wölbungen sorgt zudem für eine besonders gute Akustik in diesem dynamisch wirkenden Raum. Die Orgel mit ihrem Part als musikalische Verkünderin hat ihren Platz neben dem Altar, dem Ort der theologischen Verkündigung. Zwischen diesen beiden Polen sitzt die Gemeinde.
Der Altarraum ist weiträumig, sodass die Gläubigen während der Abendmahlfeier einen Kreis um den Altar bilden können. „Diese Kirche ist gewissermaßen nach der liturgischen Erneuerung des Zweiten Vatikanischen Konzils gebaut worden“, erläutert der evangelische Geistliche. „Als die Kirche in der Planungsphase war, sind die Verantwortlichen nach Maria Laach gefahren, sie haben mit den Mönchen dort gesprochen und überlegt, wie sich das neue Verständnis von Kirche und Gemeinde räumlich so gestalten lassen könnte, dass der Pastor mitten in der Gemeinde Abendmahl feiern kann.“ In den 1960er-Jahren herrschte vielerorts Aufbruchstimmung.
Das bronzene Triumphkreuz über dem geschwungenen Altar aus Basalt zeigt den auferstandenen Christus, der seine Hände segnend über die Gemeinde hält. Das Triumphkreuz hat der Bildhauer Siegfried Zimmermann geschaffen, von ihm stammt auch das bronzene Portal. Das versenkte Relief mit den stilisierten Flammen erinnert an die Berufung des Mose vor dem brennenden Dornbusch, eine Szene aus dem Alten Testament. Für Pastor Michael Wohlers hat diese Tür auch heute eine zentrale Botschaft. „Am brennenden Dornbusch ist Mose Gott begegnet. Die Hoffnung ist, dass diejenigen, die durch diese Kirchentür treten, hin und wieder Gott begegnen, wenn auch vielleicht nicht jedes Mal. Die Kirche ist auf jeden Fall ein besonderer Ort für diese Gottesbegegnung. Das sagt diese Tür hier ganz deutlich.“
Die Döhrener Auferstehungskirche ist eine „Ausgründung“ der nahe gelegenen St. Petrikirche, sie wurde für die damals stark wachsende Gemeinde zu klein. Das historische Gotteshaus wurde im Krieg zerstört, stehen geblieben ist nur der Turm. Das Kirchenschiff wurde bereits 1949 nach den Plänen von Otto Bartning wieder aufgebaut. Der berühmte Kirchenbaumeister entwickelte ein vorgefertigtes Grundsystem aus Holz, eine Art Baukastenprinzip, die Gemeinden konnten dann selbst die Wände hochziehen, Steine gab es damals genug. Bartning sprach damals von der „gültigen Gestalt aus der Kraft der Not heraus.“ Das Mauerwerk wurde aus den Trümmern des zerstörten Vorgängerbaus aufgebaut, bemerkenswert in St. Petri sind die integrierten Grabplatten. Nur noch wenige dieser sogenannten „Notkirchen“ sind erhalten geblieben, die Döhrener St. Petrikirche ist eine von ihnen – und damit eine Rarität im ehemaligen Bauerndorf Döhren.
Die Auferstehungskirche und die Petri-Kirche sind während der Gottesdienstzeiten geöffnet.
Karin Dzionara
Nachkriegsmoderne
Zu kühl, zu beliebig, zu viel Beton? Nie zuvor wurden so viele Kirchen gebaut wie nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch diese Gotteshäuser sind längst nicht so beliebt wie die mittelalterlichen Kathedralen. Nun ist man vielerorts dabei, die oft auch verborgene Schönheit moderner Kirchenbauten wieder zu entdecken. Viele von ihnen standen damals für einen religiösen Aufbruch. In einer kleinen Serie stellen wir Ihnen einige spannende Beispiele der Nachkriegsmoderne vor.