Kirche auf der Poppenburg

Ein strategischer Ort, auch zur Ehre Gottes

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Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der Neubau von Kirchen im Bistum Hildesheim einen Höhepunkt. Viele der Gotteshäuser haben es nicht bis in die heutige Zeit geschafft. Auf der Poppenburg an der Leine hat eine Kirche Jahrhunderte überdauert.


Heinz Werne betreut als Küster die Kirche auf der Poppenburg. Die älteste Burg im Leinetal ist eng mit der Geschichte des Bistums Hildesheim verbunden. | Fotos: Stefan Branahl

Könnte eine Kirche besser gelegen sein? Von der Poppenburg bei Burgstemmen zwischen Hildesheim und Hannover geht der Blick weit ins Leinetal und das Straßenschild zeigt, wo wir sind: „Am Paradies“. Küster Heinz Werne steckt einen großen, noch von Hand geschmiedeten Schlüssel ins Schloss und öffnet die Tür, wir treten ein in die alte Kirche, nehmen in den alten Bänken Platz und genießen für einen Moment Ruhe und Kühle. Die dicken Mauern sorgen für beides.

Ein geschichtsträchtiger Ort ist das, eng verbunden mit dem Bistum Hildesheim, und aus strategischen Gründen gut gewählt. Heinz Werne kennt die Hintergründe. „Die Poppenburg ist die älteste Burg im Tal der Leine und wurde 1049 zum ersten Mal in den Aufzeichnungen erwähnt“, berichtet er. Wer sich Hildesheim auf der Bundesstraße 1 nähert, fährt hinter Elze direkt auf das wuchtige Bauwerk zu, das sich auf einem Bergrücken unmittelbar hinter einer alten Brücke über den Fluß erhebt.
 


Das Türschloss muss noch mit einem geschmiedeten Schlüssel geöffnet werden.

Autofahrer müssen heute im Berufsverkehr zwei, drei Rotphasen der Ampel abwarten, bevor sie ihre Fahrt fortsetzen können. Aber der Weg über die alte Leinebrücke war schon vor Jahrhunderten ein Hindernis auf dem so genannten Königsweg, einer Handelsstraße vom Rheinland nach Mitteldeutschland. Von der Poppenburg aus hatte man nicht nur den Überblick, sondern man beherrschte vor allem den Warenstrom. Ohne eine Abgabe kam niemand über den Fluss. Ein einträgliches Geschäft für die Hildesheimer Bischöfe, denen die Poppenburg gehörte. Kaiser Heinrich III. hatte sie ihnen geschenkt.

Geprägt war die Folgezeit durch Ereignisse, die das göttliche Gefüge ziemlich durcheinander wirbelten. Reformation und Dreißigjähriger Krieg sind Stichwörter, die in etwa umschreiben, welches Hin und Her man sich damals um eine solche Burg vorstellen kann. Wer heute die durch und durch friedlichen Wege rund um die Poppenburg zum Spaziergang nutzt, kann sich nur schwer vorstellen, wie sehr hier Machtinteressen aufeinander prallten.
 


Beschaulich präsentiert sich die Umgebung der Poppenburg. Kaum
zu glauben, dass es hier immer
wieder um Macht und Einfluss ging.

Fakt ist, dass in den umliegenden Döfern nur eine handvoll katholischer Familien lebten, die von Hildesheimer Jesuiten betreut wurden. Zwar gab es eine kleine Burgkapelle, in der sich die kleine Gemeinde zum Gottesdient versammelte. Ohne die tatkräftige und auch finanzielle Unterstützung des zuständigen Amtmannes wäre das kaum möglich gewesen.

Auch wenn die 1786 dem heiligen Josef geweihte Kirche auf der Poppenburg, hervorgegangen aus der kleinen Burgkapelle, längst nicht mehr eigenständig ist, wird sie noch regelmäßig genutzt, sagt Küster Heinz Werne. Hier kommt die Gemeinde zu Beerdigungen zusammen, geben sich Brautpaare das Jawort, wird zu Konzerten eingeladen.  Und für die Burgstemmer Katholiken ist es immer noch „unsere Kirche“.

Werne selbst gehört nicht zu den Alteingesessenen. Als Eisenbahner kam er beruflich vor Jahrzehnten in die Gegend.  Als man ihn fragte, ob er nicht die Kirche auf der Poppenburg als Küster betreuen könnte, musste er allerdings nicht lange überlegen. „Für mich ist das hoch über der Leine ein ganz besonderer Ort“, sagt er. „Ich ehre die Kirche als Andenken und fühle mich den vielen Menschen verbunden, die hier im Laufe der Jahrhunderte gebetet haben.“

Von Stefan Branahl