Ein umkämpftes Gebiet

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Die Grafschaft Schwerin und umliegende Länder um 1250.
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Bild: Gustav Droysen, Allgemeineer Historischer handatlas 1886/wikipdia

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Im Herzen Norddeutschlands: die Grafschaft Schwerin und umliegende Länder um 1250.

Ein gefangener König, ein protestierender Papst, erpresstes Lösegeld, Kämpfe gegen die Dänen. Der Verein für katholische Kirchengeschichte erinnerte an die große und wilde Zeit der Grafschaft Schwerin im Mittelalter.

Ludwigslust (mb). Wussten Sie, dass in der Grafschaft Schwerin „Weltgeschichte“ geschrieben wurde? Die jüngste Tagung des Vereins für katholische Kirchengeschichte führte eben in jene Grafschaft – die heute nicht mehr besteht.  

Tagungsort war Ludwigslust. Siegfried Illner, langjähriger Kenner der Kirche St. Helena und St. Andreas, schilderte detailliert die Geschichte des Entstehens der Gemeinde und des Baus der Kirche. Erstaunlich war, wie großzügig und unterstützend sich die mecklenburgischen Herzöge gegenüber den wenigen Katholiken zeigten. So entstand in Ludwigslust Anfang des 19. Jahrhunderts nach St. Anna in Schwerin eine zweite katholische Kirche in Mecklenburg. Die Baumeister führten mit ihr den ersten neugotischen Bau in Mecklenburg aus. Die arme katholische Gemeinde sammelte sich ihre Ausstattung in und außerhalb des Landes zusammen. Das Werk des Levitenstuhls aus der Doberaner Zisterzienserkirche wurde zum Altaraufbau benutzt, die Ostfenster der Kirche schmücken Scheiben aus dem abgebrochenen Hamburger Dom, Apostel, die Madonna und Ornamente. Inzwischen immer wieder renoviert und gepflegt, bildet sie den zentralen Gottesdienstort der Gemeinde.  

Vom 19. ins ferne zwölfte Jahrhundert: Michael Berger referierte über den Beginn und das Ende des mecklenburgischen Landesteils „Grafschaft Schwerin“. Es begann 1160 mit dem Sieg des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen über den Slawenfürsten Niklot. Die Burg Schwerin bildete das neue Zentrum des eroberten Gebietes, der Bischofssitz wurde von (Dorf) Mecklenburg hierher verlegt. Als Heinrich der Löwe in Bedrängnis kam, gab er seine Eroberungen dem Sohn Niklots, dem inzwischen zum Christentum bekehrten Pribislaw, als Lehen. Ausnahme: das Land Schwerin, das er seinem treuen Vasallen und späterem Grafen Gunzelin von Hagen verlieh.  

Heinrich musste nach einem Streit mit dem Kaiser Friedrich das Land verlassen, in das der dänische König eindrang und die Landesfürsten in seine Abhängigkeit brachte. Als Graf Heinrich I. von Schwerin im Jahre 1222 von einer Pilgerreise ins das Heilige Land zurückkehrte, fand er die Hälfte seines Landes vom Neffen des dänischen Königs, Albrecht von Orlamünde, besetzt vor. Ein Jahr später, 1223 lud König Waldemar von Dänemark die mecklenburgischen Fürsten und auch Graf Heinrich I. auf eine Insel bei Fünen ein. Heinrich I. nahm in einer Nacht- und Nebelaktion den dänischen König gefangen, entführte ihn und setzte ihn in Lenzen gefangen. Alle Interventionen, selbst die des Papstes Honorius III., blieben letztendlich ohne Erfolg. Erst 1225 konnte Waldemar sich gegen ein hohes Lösegeld freikaufen. In der Schlacht bei Bornhöved 1227 wurden die Dänen endgültig besiegt. Gleichzeitig konnte Heinrich I. seine Grafschaft Schwerin nach Süden erweitern. Das war zweifellos der Machthöhepunkt der Schweriner Grafen.  

Die nachfolgenden Zeiten, geprägt durch Raubrittertum und viele Kriege der Herrscher untereinander, hatten eine Verarmung des Landes und ihrer Herrscher zufolge. Die schwierigen Zustände innerhalb der Grafenfamilie führten im Jahre 1368 zum Verkauf der Grafschaft an die mecklenburgischen Fürsten. 


Auf dem Jakobsweg in der Regenzeit


Ein weiteres Thema der Kirchengeschichtstagung brachte die Zuhörer in die Gegenwart zurück. Edgar Hummelsheim berichtete von seinem Weg als Pilger auf dem berühmten „Camino“: Von dem portugiesischem Porto führte ihn der Weg zum spanischen Santiago de Compostela. Bilder von Städten, Dörfern und Landschaften bereicherten seinen Bericht. In der zweiten Oktoberhälfte kam er in die Regenzeit. Neben der üblichen Pilgerausrüstung wie gutes Wanderschuhwerk und leichtes Gepäck, war diesmal auch Regenschutzkleidung von Vorteil. Der Camino selbst weist eine gute Intrastruktur mit Unterkünften und Wegweisern auf. In Santiago angekommen, was für ihn das Feiern des Festes Allerheiligen in einer übervollen Kathedrale der Höhepunkt. Auch eine „Anregung“, sagte Hummelsheim, sollte es sein, sich auf den Weg zu machen. Es muss nicht immer der echte, große Jakobsweg sein. Sogar in der Nähe, in Mecklenburg gäbe es Angebote für Pilgerwanderungen. 

Begonnen hatte die Tagung mit einem Gedenken an den Mitbegründer und langjährigen Geschäftsführer des Kirchengeschichtsvereins Dr. Gerhard Schlegel. Neben seinen Lebensdaten wurden Stationen des unermüdlichen und akribisch arbeitenden Forschers aufgezeigt, die sich in vielen Publikationen und Vorträgen darstellten. Sie brachten Gerhard Schlegel viel Anerkennung und Ehrungen ein. Er bleibt unvergessen.

mb