Der päpstliche Kalender für 2021
Eine Irakreise und viele Lücken
Wer wissen will, an welchen Großereignissen der Papst 2021 teilnimmt, sollte zur Glaskugel greifen. Gesetzt sind die Gottesdienste zu den hohen Feiertagen. Ansonsten besteht der Ausblick für das nächste Jahr aus vielen Corona-Fragezeichen.
Die Wirren der Pandemie machen eine zuverlässige Planung auch für Papst Franziskus kaum möglich. Der Kalender des Heiligen Stuhls bietet für 2021 nur wenig Orientierung. Vieles wird davon abhängen, ob die zur Verfügung stehenden Impfstoffe so reibungslos verteilt und angenommen werden wie von den Experten prognostiziert. Nur dann ist mit einer Entspannung der Lage zu rechnen und die geltenden Restriktionen könnten aufgehoben werden.
Die Reisebranche geht von einer allmählichen Normalisierung des internationalen Verkehrs ab der zweiten Jahreshälfte aus. Für die Organisatoren im Vatikan heißt das: Papstreisen ins Ausland, die stets einen erheblichen Planungsaufwand bedeuten, dürften im ersten Halbjahr mit allerhand Schwierigkeiten verbunden sein.
Umso überraschender war die kürzliche Ankündigung, dass Franziskus Anfang März in den Irak reisen will. Entsprechende Überlegungen gab es zwar schon länger. Aber Sicherheitslage und Gesundheitsnotstand sorgten immer wieder für Verzögerungen.
Die Zusage nun zeigt, wie sehr Franziskus daran gelegen ist, in der Arabischen Welt ein erneutes Signal des interreligiösen Dialogs zu setzen. Er knüpft damit an die Unterzeichnung des "Dokuments über die Brüderlichkeit aller Menschen" Anfang 2019 in Abu Dhabi sowie einen anschließenden Besuch in Marokko an. Wie aus der vatikanischen Mitteilung hervorgeht, muss man jedoch die Entwicklung der Pandemie berücksichtigen - zumal ganz aktuell die britischen Berichte über eine gefährliche Virus-Mutation für neue Aufregung sorgen.
Abgesehen vom Irak ist eine Stippvisite des katholischen Kirchenoberhaupts beim 52. Eucharistischen Weltkongress Anfang September in Budapest denkbar. Die Veranstaltung, die Verständnis und Verehrung der Eucharistie fördern soll, war ursprünglich für 2020 geplant. Wegen Corona wurde sie um ein Jahr verschoben.
Über eine persönliche Teilnahme des Papstes wird eifrig spekuliert. Der Budapester Kardinal Peter Erdö versucht seit Monaten, Franziskus zu überzeugen. Auch Ungarns Regierung würde ihn aus Prestigegründen nur allzu gern willkommen heißen. Sollten am Ende nicht alle Bedenken ausgeräumt sein, dürfte es der Argentinier - wie so oft in diesen Tagen - bei einer Videobotschaft belassen. Schließlich wäre es eine Katastrophe, sollte sich bei einer Großveranstaltung mit ihm das Coronavirus unter den Teilnehmern verbreiten.
Sehr wahrscheinlich ist indes ein päpstliches Erscheinen beim für Herbst angedachten Treffen "Economy of Francesco" im italienischen Assisi. Von Rom aus ist es nur ein relativ kurzer Weg. Die Begegnung mit jungen Wirtschaftsakteuren sollte ebenfalls bereits in diesem Jahr stattfinden; Corona durchkreuzte das Vorhaben. Aus dem Event wurde im November eine virtuelle Veranstaltung. Doch damit gab man sich nicht zufrieden. 2021 soll es eine physisch-reale Konferenz geben, um mit dem Papst über Wege zu einer gerechteren, nachhaltigen Wirtschaftsordnung zu diskutieren.
Kommt die neue Kurienordnung?
Weitere Reisen sind derzeit nicht vorgesehen. Die Unwägbarkeiten zwingen den Vatikan, auf Sicht zu fahren. Umso mehr Zeit bleibt Franziskus, sich jenen Projekten zu widmen, die sich auf seinem Schreibtisch stapeln. Der neu ernannte Kardinal Marcello Semeraro stellte kürzlich in Aussicht, dass vor Ostern mit einer Veröffentlichung der neuen Kurienordnung zu rechnen ist.
Der Schritt war bereits für Anfang 2019 erwartet worden. Der aktuelle Entwurfstext mit dem Arbeitstitel "Praedicate evangelium" wird seit Monaten überarbeitet. Das Dokument soll die aktuelle Kurienverfassung von 1988 ablösen. Dem Vernehmen nach müssen noch Einwände und Änderungsvorschläge der Kurienchefs abgearbeitet werden.
Neue Schlagzeilen verspricht auch die Affäre um ein dubioses Immobilien-Investment des Vatikan in London. Die genauen Hintergründe des missglückten Deals in dreistelliger Millionenhöhe sind immer noch nicht aufgeklärt. Kardinal Giovanni Angelo Becciu, früherer Stabschef im Staatssekretariat, verlor darüber seinen Posten als Heiligsprechungspräfekt. Er streitet beharrlich jedes Fehlverhalten ab und kämpft um seinen Ruf.
Spannend wird überdies, wie die Hüter der vatikanischen Kassen mit dem sich abzeichnenden Haushaltsdefizit für 2021 umgehen. Für das laufende Jahr kalkuliert man mit einem Minus von 53 Millionen Euro. Die Zukunftsaussichten sind angesichts der Pandemie-Auswirkungen düster. Besorgte Stimmen gehen davon aus, dass sich die Finanzlücke verdoppeln könnte.
Wenn der Papst all diese Herausforderungen gemeistert hat und bei guter Gesundheit bleibt, kann er sich am 17. Dezember 2021 feiern lassen: Dann wird Franziskus 85 Jahre alt. Überbordende Festivitäten sind allemal nicht zu erwarten. Mit seiner Wahl im März 2013 führte der Jesuit im Vatikan einen von Einfachheit geprägten, unkonventionellen Stil ein.
kna/Alexander Pitz