Eine Kita in der Kirche

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Die Kirche St. Matthäus in Ruppertshain ist gerettet, der marode Kindergarten Sancta Maria auch. Denn die Kita wird unter das Zeltdach der Kirche schlüpfen. Ein bisher einmaliges Projekt im Bistum Limburg. Von Barbara Schmidt.


Verwaltungsleiterin Zdenka Rudelic und Pfarrer Klaus Waldeck mit dem Modell, das zeigt, wie die Kita in die Kirche eingepasst wird.

Es ist für viele eine bekannte Erfahrung: Kirchen werden für ihre Gemeinden zu groß. „Richtig voll ist es hier nur noch in der Osternacht. Aber das ist einmal im Jahr“, sagt Pfarrer Josef Peters. Seit gut 30 Jahren beobachtet Peters, mittlerweile als Kooperator in der Pfarrei neuen Typs St. Franziskus Kelkheim-Liederbach, den Trend zum Weniger. 35 Menschen zählte er vor der Pandemie durchschnittlich im Sonntagsgottesdienst. Auch Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat war irgendwann klar: „So können wir den Raum nicht mehr halten.“ 

Zündende Idee: Zwei unter einem Dach

Zeitgleich musste sich die Pfarrei mit dem Zustand des Kindergartens Sancta Maria in Ruppertshain befassen. Als „sehr marode“ bezeichnet Pfarrer Klaus Waldeck das Gebäude. Die zündende Idee: Wir bringen beides unter ein Dach! Architekt Helmut Mohr setzte die Idee in eine Planung um, die nun Wirklichkeit werden soll. Das Projekt gilt als bislang einmalig im Bistum Limburg. Von einem „Pilotcharakter“ spricht Peter Steinhauer, der im Bischöflichen Ordinariat für das Programm KIS – kirchliche Immobilien-Strategie – zuständig ist. 

Unter dieses Zeltdach soll die Kita schlüpfen.
Unter dieses Zeltdach soll die Kita schlüpfen.

Die Kita wird unter das Zeltdach der Kirche schlüpfen. Das markante Äußere des 1967 geweihten Gotteshauses soll unbedingt erhalten bleiben. Das ist Wunsch der Ortsgemeinde, nicht zuletzt aber auch dem Urheberrecht der Erben von Architekt Helmut Hofmann geschuldet. Auch die Art der weiteren Nutzung sei den Erben wichtig, weiß Pfarrer Waldeck. „Ein Motorradmuseum zum Beispiel, wie es das in Holland in Kirchen schon gibt, wäre ihnen im Unterschied zu einer Kita nicht recht gewesen.“

Um den Kindergarten in den Kirchenbau integrieren zu können, ist es vor allem nötig, dass viel natürliches Licht einfallen kann. Das wird durch den Einbau bodentiefer Fenster möglich. 1000 Quadratmeter Raum erhält der Kindergarten, der dreigruppig sein soll. Das trägt dem Bedarf an mehr Betreuungsplätzen im Ort Rechnung, aktuell hat die Kita nur 56 Plätze und muss eine Warteliste führen. Das Stadtparlament Kelkheim hat nach längerem Beratungsprozess vor kurzem mehrheitlich beschlossen, dass sich die Stadt mit 1,5 Millionen Euro an dem Bauvorhaben beteiligen wird. Das ist die Hälfte der für den Kita-Bau veranschlagten Summe. 

Evangelische Christen wollen weiter Gast sein

Unter dem Gebäude-Dach, das sich an die Idee vom „Zelt Gottes“ anlehnt, wird es auch nach dem Umbau Raum für Gottesdienste geben. Der „Sakral-Raum“, wie Pfarrer Waldeck sagt, wird dann aber nur noch bis zu 99 Menschen Platz bieten. Gern wollen hier auch weiter die evangelischen Christen im Ort Gast sein. Der Raum soll eine Trennwand erhalten. Für Werktagsgottesdienste sei er dann noch immer groß genug, sagt Pfarrer Peters. 

Die Ruppertshainer wollen zwar möglichst viel von der Kirchenausstattung von St. Matthäus weiterverwenden, doch ist das nicht eins zu eins möglich. Der Künstler Hans Rams sei schon mit ins Boot geholt worden, berichtet Waldeck. Der Altar etwa sei einfach zu wuchtig für den dann kleineren Gottesdienstraum. Weil der Stein wertvoll sei, hat Rams vorgeschlagen, aus ihm einen neuen Altar und gleich auch das Lesepult zu fertigen. Endgültige Entscheidungen über die Ausstattung der Kirche gebe es aber noch nicht, sagt der Pfarrer.