Erholung in der Corona-Pandemie

Endlich durchatmen!

Image

Was tut das gut: nach den schweren Monaten der Pandemie die Leichtigkeit des Sommers zu genießen. Susanne Wübker ist Seelsorgerin auf der Nordseeinsel Langeoog. Sie erzählt, wie wir jetzt am besten Kraft schöpfen können.

Touristen am Strand von Timmendorfer Strand
So lässt es sich leben: an der frischen Luft, mit Menschen, die wir mögen.

Von Andreas Lesch

An Fronleichnam hat Susanne Wübker vielleicht am deutlichsten gespürt, wie befreit die Menschen jetzt sind. Die Pfarrbeauftragte auf der Nordseeinsel Langeoog hatte für den Gottesdienst ihrer Gemeinde eine Akkordeonspielerin engagiert – und mit ihr ein paar Klassiker abgesprochen, die sie spielen sollte. „Großer Gott, wir loben dich“ zum Beispiel. Da war der Gesang wegen Corona noch verboten. Dann aber sanken die Infektionszahlen, und plötzlich durfte wieder gesungen werden. Die Gläubigen bei der Prozession hätten inbrünstig eingestimmt, sagt Wübker. Und später hätten sie ihr gesagt, wie schön das war: endlich nicht mehr stumm dasitzen zu müssen. 

Die Urlauber auf Langeoog genießen das gerade sehr: wieder mehr zu dürfen – und weniger Angst vor dem Virus haben zu müssen. „Sie haben Sehnsucht danach, richtig durchatmen und gesunde Aerosole einatmen zu können“, sagt Wübker. So wie den Touristen auf der Insel geht es vielen Menschen in Deutschland: Sie freuen sich nach den schweren Monaten der Pandemie über die Leichtigkeit des Sommers – ob sie nun verreist sind oder zu Hause. Sie wollen, nach all der Anspannung, mal wieder entspannen. Wie kann das gelingen? Wie können wir Kraft schöpfen nach allem, was war?

Am besten: indem wir Zeit verbringen mit Menschen, die wir mögen. Endlich nicht mehr genervt zu Hause hocken, sondern rausgehen, die Luft und die Natur genießen, die Sonne und den Regen. An schönen Orten. Die sind oft ganz nah, sagt Wübker: „Es gibt überall ein Stückchen Erde, wo man sich gerne aufhält.“ Vielleicht eine Bank im Wald. Oder das Gras am Ufer eines Flüsschens. Oder, wenn uns danach ist, auch mal ein Platz in einer Kirche, um still zu werden und eine Kerze anzuzünden. Denn natürlich gehen vielen die finsteren Momente der vergangenen Monate noch durch den Kopf: die Trauer um verstorbene Angehörige, die Sorge vor einer Erkrankung, die Zumutungen, die die Pandemie mit sich gebracht hat. „Es ist gut, die Bedrängnisse dieser Zeit nicht zu vergessen“, sagt Wübker. „Das Leid, das geschehen ist, lässt sich nicht abhaken.“

„Im Glauben steckt in einer Krisenzeit Kraft“

Die Pastoralreferentin wird oft von Touristen angesprochen, die mit ihr über etwas reden wollen, was sie bedrückt. Im Urlaub tun sich viele damit vermutlich leichter als zu Hause. Aber auch dort kennt sicher jeder Mensch Seelsorgerinnen oder Freunde, die zuhören können. Und natürlich ist da noch Gott, an den wir uns wenden können mit dem, was uns im Sommer dieser Corona-Zeit bewegt. Wübker ist überzeugt: „Im Glauben steckt in einer Krisenzeit Kraft.“ Und nach einer Krisenzeit auch.

Wie diese Krise sich weiterentwickelt, das weiß niemand. Fest steht nur: Vorbei ist sie nicht. Das sollten wir bedenken, sagt Wübker. Wir sollten einerseits das auskosten, was wieder möglich ist – aber damit andererseits eben auch nicht alles aufs Spiel setzen. Und Rücksicht sollten wir weiterhin nehmen. Auf die Menschen, die vielleicht mehr Angst vor dem Virus haben. Und auf die, die noch keine Chance hatten, sich impfen zu lassen. Wübker sagt: „Leichtigkeit heißt eben nicht Leichtsinn.“