Kirchen rüsten sich für kalte Jahreszeit

Energiesparen dank Putin

Image

Wegen der Energieknappheit werden auch die Kirchen in Deutschland im kommenden Winter weniger heizen können. Das stellt die Gemeinden schon jetzt vor Herausforderungen.


Ungefähr 13 Grad: Diese Temperatur wird mancherorts für Gottesdienste im kommenden Winter empfohlen. Foto: imago images/Michael Gstettenbauer

Noch sind Gotteshäuser als kühlende Orte gefragt. Doch bald schon müssen sich auch Kirchenbesucher in Deutschland warm anziehen. Wegen absehbarer Energieknappheit rüsten sich Gemeinden und Kirchenverantwortliche für Gottesdienste in winterlichen Kirchen und Energiesparrunden für Gemeindehäuser und Veranstaltungsorte. Bundesweite Vorgaben gibt es allerdings nicht.

Doch sichtbar wird: Putins Drehen an der Energieschraube könnte Klimaschutzbemühungen beschleunigen, die schon länger auf dem Weg sind - oder nach der 2015 veröffentlichten Umweltenzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus zumindest angedacht wurden.

Die Sache ist kompliziert. Denn die Kirchen besitzen eine große Vielfalt an Gebäudetypen, die zudem noch unterschiedlich groß, alt und mit verschiedensten Heizsystemen ausgestattet sind, wie die Deutsche Bundesstiftung Umwelt mit Blick auf verschiedene frühere Energiespar-Projekte mitteilt. Kitas, Schulen, Bildungs- und Exerzitienhäuser oder Sakralbauten: Auch die Vielfalt der Eigentümer ist groß. Die Bistumsverwaltungen können nicht durchregieren.

Das Bistum Rottenburg-Stuttgart stellte am Donnerstag klar: Katholikinnen und Katholiken in Württemberg müssen sich ab Herbst auf kühle Kirchen und Energiesparmaßnahmen einstellen. Für Kirchenräume wird beim Gottesdienst eine maximale Temperatur von 13 Grad empfohlen. Um Kunst und Orgeln zu schützen, dürfe die Temperatur aber nicht unter fünf Grad fallen, heißt es in einem Rundschreiben an die Kirchengemeinden.

Bischof Gebhard Fürst forderte zugleich, es müsse gesichert sein, dass die Gotteshäuser auch in den "schwierigen und belastenden Zeiten ein Ort des Gebets und des Gottesdienstes bleiben".

Elektrische Sitzkissen-Heizung oder Einbau von kleineren Räumen in Kirchen 

Auch die Evangelische Landeskirche in Württemberg veröffentlichte Empfehlungen. Angeraten werden etwa die Verlagerung von Gottesdiensten ins Gemeindehaus oder mehr wärmende Decken bei den Feiern. Auch die Verlagerung von Gottesdiensten ins Internet wird angesprochen.

Die evangelischen Kirchen im Norden stellen sich ebenso auf eine winterlichere Kirche ein: "12 bis 14 Grad Nutzungstemperatur müssen reichen, wenn man sich entsprechend anzieht und eine körpernahe Heizung vorhanden ist", sagte Werner Lemke, leitender Baudirektor der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, jüngst auf einer Tagung des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege in Celle. Weitere kurzfristige Energiesparmöglichkeiten wurden diskutiert: die Anschaffung einer elektrischen Sitzkissen-Heizung etwa, die Verlegung von Gottesdiensten in die Gemeindehäuser oder der Einbau kleiner Räume in eine zu groß gewordene Kirche.

Der Kölner Dombaumeister Peter Füssenich zeigte sich im Internetportal domradio.de offen dafür, zwecks Energiesparen die nächtliche Beleuchtung des Kölner Doms abzuschalten. Das entscheidet laut Domkapitel aber die Stadt Köln in Absprache mit der Kirche. Denn die Stadt zahle "den wesentlichen Anteil" der Anstrahlung, hieß es auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Stromverbrauch für Beleuchtung des Kölner Doms entspricht 100 Privathaushalten

Die Außenbeleuchtung am Kölner Dom wird seit einiger Zeit auf energiesparende LED-Technik umgerüstet. Füssenich rechnet mit einer Stromersparnis zwischen 50 und 70 Prozent. Derzeit verbrauche die Anstrahlung der Kathedrale rund 250.000 Kilowattstunden pro Jahr, was dem Verbrauch von 100 Privathaushalten entspreche.

Sakralbauten gehören mit ihren großen umbauten und verwinkelten Räumen in Bezug auf Heizen und Lüftung zu den komplexesten Gebäuden überhaupt. In den oft hoch aufragenden Gebäuden steigt die Wärme nach oben. Entsprechend lange dauert es, bis Gottesdienstbesucher einen Effekt der Heizung spüren. Dazu kommt: Viele Sakralbauten werden, wenn überhaupt, nur einmal pro Woche genutzt. Der Wechsel zwischen Hochfahren der Heizung und anschließendem Abkühlen kann Orgeln und Kunstwerke schädigen.

Fakt ist zugleich: Über viele Jahrhunderte waren Kirchen gar nicht geheizt. In historischen Dorfkirchen seien zentrale Heizungen bis heute "sehr selten", teilte die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz mit. Auch der Kölner Dom verfügt über keine Heizung. Dort wurde es in manchem Winter schon so kalt, dass das Weihwasser gefror. 

kna/Christoph Arens