Sternsinger aus Königstein fahren zum Empfang bei Kanzlerin Merkel
„Es kommt sogar noch besser“
Linus Philippi hat das Rätsel gelöst, seine Mutter das gesuchte Wort „Wir“ eingeschickt. Ihr Erfolg: Vier Sternsinger aus Königstein fahren zum Empfang der Bundeskanzlerin am 7. Januar nach Berlin. Von Andrea Keusch.
„Als wir hörten, dass unsere Sternsinger in diesem Jahr nach langer Zeit wieder hier im Rathaus bei Bürgermeister Leonhard Hold empfangen werden würden, da dachten wir: Das wird ganz sicher nicht getoppt!“ erzählt Susanne Philippi strahlend. Sie betreut in der Pfarrei St. Marien in Königstein die Jungen und Mädchen, die um den 6. Januar herum singend Segen spenden und Geld für einen guten Zweck sammeln, „aber als dann am 1. Dezember die Nachricht kam, dass wir zum Sternsinger-Empfang der Bundeskanzlerin am 7. Januar 2019 in Berlin eingeladen sind, da wusste ich: Es kommt sogar noch besser!“
Sie durfte erst mal niemandem etwas sagen
Dass sie zunächst niemandem davon erzählen konnte, war gar nicht so leicht für sie – aber erst einmal musste abgeklärt werden, ob die Fahrt auch mit den Sternsingern von St. Marien realisiert werden konnte.
Susanne Philippi selbst war gar nicht so unbeteiligt daran, dass sich den Sternsingern von St. Marien diese Möglichkeit eröffnete. „Unser Sohn Linus hat das Rätsel im Sternsinger-Heft des Kindermissionswerkes gelöst. Er hatte die Seite kaum angeschaut wusste schon: das Lösungswort heißt ,Wir’!“, erinnert sie sich. „Ich habe die Lösung dann halt eingeschickt. Da dachte ich noch: Ach komm, wie groß kann da die Chance sein, dass ausgerechnet wir gewinnen?“
Nun gehört der achtjährige Linus – ebenso wie sein zehnjähriger Bruder Clemens – zu den vier von insgesamt 24 Sternsingern von St. Marien, die mit ins Bundeskanzleramt fahren. Dazu hat sich Susanne Philippi noch die achtjährige Gabriela Rodrigues als dritte „Königin“ und die 17-jährige Katrin Fell als Sternträgerin ausgesucht. „Die Kinder müssen schon taff sein – schließlich übernachten sie im Schlafsaal einer großen Jugendherberge mit vielen anderen Sternsingern aus allen Bistümern Deutschlands zusammen“, erzählt die Sternsinger-Betreuerin. Wie das so ist, wenn man ohne Eltern in eine fremde Stadt fährt, daran kann sich Susanne Philippi gut erinnern: „Vor vielen Jahren durfte ich selbst mit zum Sternsinger- Empfang zu Helmut Kohl nach Bonn fahren. Und ich weiß noch ganz genau, wie das alles damals dort war, vor allem auch, welches Gefühl man als kleines Kind neben diesem großen Mann hatte“, erzählt sie schmunzelnd.
Die vier Königsteiner Sternsinger wissen allerdings noch nicht so recht, was da auf sie zukommt. Bei einer großen Tasse mit heißem Kakao überlegen sie, was sie von dieser Fahrt nach Berlin erwarten. „Wir werden in einem Bus der Bundespolizei zur Bundeskanzlerin fahren!“, berichten die beiden Jungs mit strahlenden Augen.
Sie ahnen schon, dass der Empfang im Bundeskanzleramt eine besondere Sache sein muss, obwohl ihnen noch nicht so ganz klar ist, was eine Bundeskanzlerin macht. „Sie bestimmt über Deutschland“, meint Gabriela entschieden, aber Linus betrachtet das Leben der Kanzlerin erst mal ganz pragmatisch: „Sie macht eben das, was alle anderen auch machen: morgens aufstehen, ins Bad gehen und dann frühstücken“, ist er sich sicher.
Was die Sternsinger auf der langen Zugfahrt am 6. Januar in die etwa 550 Kilometer entfernte Hauptstadt machen werden, steht schon längst fest: „Wir werden ,switchen’ und auch andere, normale Spiele spielen“, meinen die Jungs. Nur Katrin klinkt sich dabei aus, sie wird für den Deutschunterricht Georg Büchners „Woyzeck“ lesen. „Das schaffe ich in den fünf Stunden gut“, ist sie zuversichtlich.
„Wir kommen ins Fernsehen“
Natürlich versprechen alle vier, sich in Berlin gut zu benehmen. „Da sind ja dann viele Leute – und wir kommen ins Fernsehen!“, weiß Clemens. Dass sie bis zum Tag des Empfanges noch einige Liedtexte auswendig lernen müssen und dass ihr Stern bis dahin noch mit dem Bistumsnamen Limburg beschriftet werden muss, sehen sie gelassen. „Das kriegen wir hin“, ist sich Katrin sicher, „manche Lieder kennen wir ja auch schon.“
Susanne Philippi freut sich darüber, dass ihrer Gruppe, die ja nach Berlin einen relativ weiten Weg hat, vom Kindermissionswerk ein zusätzlicher Tag in der Hauptstadt bewilligt wurde. „So können wir uns sogar noch ein bisschen was von Berlin anschauen, bevor wir am 8. Januar wieder nach Hause fahren.“ Die Fahrt und die Unterkunft zahlt das Kindermissionswerk, für den zusätzlichen Tag kam aus der heimischen Pfarrei ein Zuschuss in den Spesentopf.
Katrin, Gabriela, Clemens und Linus haben sich nicht nur mit ihrem eigenen Sternsinger-Abenteuer in Berlin beschäftigt, sie haben auch den Film des Kindermissionswerkes für das Jahr 2019 gesehen, in dem gezeigt wird, für welche Kinder in diesem Jahr besonders gesammelt wird. Die Szenen mit den behinderten Kindern im diesjährigen Beispielland Peru haben alle vier ziemlich beeindruckt. „Da haben wir gelernt: Alle sind einzigartig“, erklärt Gabriela. Ihre Mutter Sandra Moreira-Rodrigues findet es toll, dass ihre Tochter in Berlin die Möglichkeit haben wird, viele andere Sternsinger zu treffen, die alle für benachteiligte Kinder sammeln. „Das ist sehr schön, dass die Kinder dort merken können, dass sie, auch wenn sie selbst noch klein ist, schon etwas tun und etwas bewirken können“, findet sie. Susanne Philippi stimmt ihr da gerne zu.