„Es wird Verlierer geben“
Die Krise wird viele Menschen in Schulden stürzen. Die Schuldnerberatung der Caritas in Neubrandenburg tut etwas dagegen. Mit kurzen Informationen „für die Ohren“: Der Schulden-Podcast hat jetzt sogar einen Preis gewonnen.
„Komme ich wegen Schulden ins Gefängnis? Was darf der Gerichtsvollzieher pfänden? Wie werde ich meine Schulden wieder los?“ Das sind die häufigsten Fragen, die den Schuldnerberatern der Caritas in Neubrandenburg gestellt werden. Antworten gibt es, wenn jemand die Beratungsstelle aufsucht oder sie anruft. Antwort gibt es aber auch auf viel einfachere Weise. Mittels der „Informationen für die Ohren“, die die Berater in ihren „Schulden-Podcasts“ bieten. Ein Podcast ist eine Hördatei, die jederzeit im Internet abgerufen werden kann. Im Zwiegespräch machen die Berater Nikolas Mantseris und Claudia Liebchen das, was sie auch sonst tun. Sie erklären in einfachen Worten, wie ein Inkasso-Verfahren funktioniert, wie man aus Mietschulden herauskommt oder wie man ein sogenanntes P-Konto einrichtet, in dem das Geld vor Pfändungen geschützt ist. Zwölf einzelne Podcasts gibt es, Nummer zwölf erstmals in polnischer Sprache.
Hörenswerte Tipps nicht nur bei Geldsorgen
Der Schulden-Podcast hat jetzt den Innovationspreis der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung gewonnen. Ausgezeichnet wurden auch die anderen Internetangebote der Neubrandenburger Caritas-Einrichtung. Nicolas Mantseris hat während der Corona-Krise täglich Interviews zu sozialen Themen gemacht. Da geht es um das Erlebnis „Mein Kind kommt nicht zur Ruhe“ oder darum, was Christen unter der Auferstehung Jesu verstehen. Die Tansanierin Lilian Sorogo berichtet, wie schwierig in Afrika der Kampf gegen Corona ist: „Kontaktverbot als Privileg der Reichen“.
Warum setzt Mantseris auf diese Botschaften „für die Ohren“? „Ich mache das schon lange“, sagt der Caritas-Berater. „Vor allem, weil ich selber viele Podcasts höre. Das ist super praktisch. Zum Beispiel beim Bügeln, man kann sie nebenbei hören. Und das Format bietet auch Menschen einen Zugang, die die Schriftsprache nicht so gut beherrschen.“
Mantseris und Liebchen sind zwar Profis in ihrem Fach, aber keine professionellen Sprecher. Zumindest fühlen sie sich nicht so, und das Preisgeld von 1500 Euro wollen sie für Sprechtraining verwenden. Andererseits: So, wie sie sprechen, wirken die beiden „echt“ und lebensnah. Das finden auch die Nutzer: 610 Interessierte haben sich seit Anfang des Jahres den Beitrag über „Verbraucherinsolvenz“ angehört.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise beschäftigt natürlich auch die Schuldnerberater. „Wir rechnen fest damit, dass die Krise Folgen hat. Bislang haben wir aber nur Einzelfälle von Menschen, die etwa aus einer soliden Selbstständigkeit in die Sozialhilfe gefallen sind“, sagt Nicolas Mantseris. Er schätzt: Erst in einem halben Jahr wird seine Beratungsstelle richtig Arbeit bekommen. Zum einen deshalb, weil es während der Corona-Krise zunächst keine Kündigungen aufgrund von Mietschulden und keine Stromsperren gibt. Zum andern, weil viele Schuldner erst spät Hilfe in Anspruch nehmen „manchmal erst, wenn der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht“.
Und es gebe auch einen Spareffekt: In den ersten Monaten der Krise wurden zwar viele Arbeitnehmer auf Kurzarbeit gesetzt, aber es gab auch wenig Möglichkeiten, Geld auszugeben. „Die Erfahrung aus bisherigen Wirtschaftskrisen ist: Es wird Verlierer geben. Aber man weiß vorher nicht, wer die Verlierer sein werden.“
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Die Schuldnerberatung berät online oder per Tel. unter 0395/57086-0
Text: Andreas Hüser