Sommer-Glücksmomente

Freiheit leben im „Unikeller“

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Frau sitzt an Tisch in Gaststätte.
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Matthias Petersen

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Juliane Huesmann im "Unikeller" in Osnabrück.

Sommer, Sonne, Ferien: Darauf freuen wir uns alle. Jede und jeder findet dabei seine Glücksmomente dann woanders: unterwegs in schöner Landschaft, am Wasser oder in den Bergen, mit anderen Menschen oder zu Hause. Juliane Huesmann. Leiterin der Katholischen Familienbildungsstätte Osnabrück, hat ihre Heimat im Osnabrücker "Unikeller" gefunden.

Nur ein paar Stufen führen hin ins Glück. Jedenfalls für Juliane Huesmann und viele andere Besucherinnen und Besucher, die im „Unikeller“ in Osnabrück eine Heimat gefunden haben. Die kleine Kneipe führt die Uni nicht umsonst im Namen. Im Kellergewölbe des Schlosses hat sie ihren Sitz. Oben gibt’s akademische Bildung, unten lässt man es sich gutgehen bei Kaffee oder Bier. Wer hierher kommt, ist meistens bekannt, Laufkundschaft wegen der versteckten Lage eher selten. Kommt doch ein Fremder dazu, „findet er eben neue Freunde. Das geht hier ganz einfach“, sagt Juliane Huesmann, die seit 2022 die Katholische Familienbildungsstätte leitet, die in der Nähe liegt.

2008 kam die 36-Jährige aus Treuenbrietzen (ja, die Stadt, die in der Erzählung „Sabinchen war ein Frauenzimmer“ erwähnt wird, gibt es wirklich) zum Studium nach Osnabrück. Geschichte, Latein und Germanistik standen auf dem Lehrplan. Bald lernte sie ihren Mann kennen, einen gebürtigen Wallenhorster. Und die Kneipe im Keller, die unter Insidern bekannt ist und Kultstatus genießt. Nicht nur unter Studentinnen und Studenten, sondern auch beim Lehrpersonal.

Das Studium endete, das junge Paar blieb – abgesehen von einem kurzen Intermezzo in Treuenbrietzen, jetzt wohnen sie an der Grenze zwischen den Stadtteilen Eversburg und Hafen. Inzwischen sind zwei Kinder geboren, die beiden Mädchen sind zwei und fünf Jahre alt. Damit hat der „Unikeller“ Konkurrenz bekommen, aber etwa einmal im Monat ist Juliane Huesmann doch hier – mal mit ihrem Mann, mal ohne ihn.

Mag sein, dass in dm Gewölbe ein besonderer Geist weht. Ein Geist, der Neues und Kreatives zulässt, ein Geist der Freiheit der Gedanken, ein Geist, der ungewöhnliche Ideen entstehen lässt. Ob sie ein Projekt nennen könne, das hier unten seinen Ursprung hat? „Das wohl nicht“, gibt Juliane Huesmann zur Antwort. Aber ein paar Ideen, mal ganz verrückte, mal zukunftsweisende, habe sie hier schon auf Alltagstauglichkeit checken können. Zum Beispiel die mit der Stempelkarte für Familien, die zum offenen Treff in die Familienbildungsstätte kommen. Kurse oder Treffpunkte anderer Art sind üblicherweise terminlich festgelegt, finden regelmäßig statt und wer fehlt, der hat seine Teilnahme schon bezahlt. Anders bei der Stempelkarte für den offenen Treff: Die setzt die Familie nur ein, wenn sie teilnimmt. Das ungewöhnliche Vorgehen hat sich bewährt.

Der „Unikeller“ steht in den Augen Juliane Huesmanns für eine Vielfalt, die sie auch in der katholischen Kirche entdeckt, die aber, so ihre Sichtweise, oft gar nicht kommuniziert wird. „In der Kirche ist doch jeder willkommen, und so ist es hier im Keller auch“, sagt sie. Musiker verschiedener Stilrichtungen, Theaterinteressierte, Lesehungrige, Partygänger. Zum Kneipenquiz kommen Sportler und jene, die gerade nichts damit am Hut haben. Mancher feiert hier im vertrauten Kreis. „Mein Mann hat zu seinem 40. Geburtstag hierher eingeladen. Und auch, wenn es bei mir zum Glück noch ein paar Jahre dauert: Ich weiß schon jetzt, dass ich das auch machen werde.“

Heute sitzt Juliane Huesmann ausnahmsweise ganz alleine am Tisch, Sebastian Werkmeister, der Wirt des „Unikellers“, der hier nur „Basti“ heißt, hat für den Pressetermin aufgesperrt und frischen Kaffee serviert. Normalerweise geht es nicht so ruhig zu. Eigentlich ist die Kneipe immer gut gefüllt. Und wenn es ein Event gibt, „dann stapeln sich die Leute“. 

Juliane Huesmann erzählt von der Kneipe, als wäre sie hier zu Hause. Alles scheint ihr vertraut. Aber dann gibt es da doch etwas, mit dem sie ein wenig fremdelt: der Tischkicker. Sie weiß, dass sich viele Menschen mit diesem Sportgerät beschäftigen, dass es sogar eigene Ligen gibt, in denen gespielt wird. Aber damit hört das Wissen darüber auch schon wieder auf. Macht ja nichts, der Mensch muss schließlich noch Entwicklungspotenzial haben …

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Sommer, Sonne, Ferien: Darauf freuen wir uns alle. Jeder findet dabei seine Glücksmomente woanders: unterwegs mit dem Rad oder zu Fuß, am Wasser oder in den Bergen, mit anderen Menschen oder zu Hause. Davon erzählen wir in unserer Sommerserie. Hier finden Sie alle Beiträge: www.aussicht.online/sommerserie-kibo

Matthias Petersen