Biblische Lichtshow in einer Kirche

Ganz in Licht und Klang

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Mit „Ecclesia Lumina“ – Kirchenleuchten – hat Lichtkünstler Martin Lenze seine Heimatkirche neu in Szene gesetzt. Und nicht nur einen Genuss für die Augen, sondern auch für die Ohren geboten: mit Geräuschen, Liedern und Lesungen.

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Die Essener Gemeindemitglieder erleben ihr Gotteshaus völlig neu. Fotos: irista.com


„Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Orte, dass man das Trockene sehe“, ertönt eine tiefe Männerstimme, hallt durchdringend durch den Kirchenraum. Kurz danach erklingt das Geräusch eines Tropfens, der auf Wasser aufschlägt – dazu scheint ein blauer Lichtstrahl hinter dem Altar bis zur Kirchendecke auf. 
Wenige Minuten später ist es wieder dunkel, dann leuchtet ein heller Strahler auf das Taufbecken. Ein junger Mann steht am Mikrofon, liest mit klarer Stimme: „Als wir am Ende eines Pfades angelangt waren, hörten wir ein Brausen und Gischten. Mitten aus grobem Felsgestein stießen die Wassermassen hervor.“ Rund 200 Menschen sitzen vor ihm in den Kirchenbänken, hören und sehen die „Ecclesia Lumina“ – ein Konzept aus Licht, Klängen, Musik, Sprechtexten aus Altem und Neuem Testament sowie moderner Literatur, angelehnt an die biblische Schöpfungsgeschichte. 

„Gute Planung ist wichtig, es ist einfach wahnsinnig aufwendig“, sagt Martin Lenze nach vier erfolgreichen Abendaufführungen in der Essener Gemeinde St. Antonius Abbas. Mit einem Team aus rund 65 Helfern hat er das Projekt in der eigenen Kirche umgesetzt, fast ein Jahr lang geplant. Denn damit die Ton-Licht-Show wirkt, müssen alle Komponenten genau aufeinander abgestimmt sein. 

Das Wasserplätschern stammt vom Taufbecken

„Wir haben viele Töne und Geräusche, die man hört, direkt hier in der Kirche aufgenommen“, erklärt Lenze. Mit einem befreundeten Tonkomponisten war er unterwegs, um das Wasserplätschern im Taufbecken, das Knarzen der Kirchenbänke oder das Läuten der Kirchenglocken aufzunehmen. Stück für Stück hat er mit einem Team aus  Tontechnikern das 30-minütige Sound- und Lichtprogramm zusammengesetzt und am Computer sekundengenau programmiert. 

Die Liveszenen wurden vorher einzeln und bei einer Generalprobe geübt. „Die Sprecher müssen geschult sein, die Texte dürfen nicht vorgelesen wirken, es muss passend zur Geschichte rüberkommen“, sagt Lenze. „Da muss was abgehen, da muss Freude passieren.“ Auch bei den Mikrofonen, Boxen und Verstärkern ist eine gute Vorbereitung wichtig. Mehrmals haben die Tontechniker die Ausrüstung getestet und auf die Akustik der Kirche eingestellt. Von außen haben viele Strahler die Kirche beleuchtet – die mussten wetterfest und regendicht sein.

Die Finanzen seien ein wichtiger Teil der Planung. „Die müssen vorher genau kalkuliert werden mit allen Posten, etwa für die Technik, die wir geliehen haben, für Werbeplakate oder Gema-Gebühren für Lieder“, sagt Lenze. Einen Teil der Kosten hat in diesem Fall der Förderverein der Gemeinde als offizieller Veranstalter getragen. Außerdem konnte das Team lokale Unternehmen und Geschäfte als Sponsoren gewinnen, am Ende jeder Veranstaltung standen Spendenboxen am Ausgang der Kirche. 

Für die Veranstaltung geworben haben Lenze und sein Team zwei Monate vorher, mit gedruckten Plakaten und Flyern, die als Beileger etwa in der Werbung für die Altkleidersammlung verteilt wurden. „Auch persönlich haben wir die Werbung verteilt, zum Beispiel nach der Pfarrgemeinderatswahl“, sagt Lenze. In sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram wurden Accounts unter „Ecclesia Lumina“ angelegt. Und über den ganz traditionellen Weg habe die Werbung ebenfalls gut funktioniert: „Über die Gemeindemitglieder, die es weitererzählen und Bekannte begeistern oder mitbringen.“ 

Das richtige Maß von Kultur und Spiritualität

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Im Farbenrausch: das große Christusbild der Kirche 
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Am Aufführungstag selbst war das gesamte Team aus Gemeindemitgliedern und anderen Ehrenamtlichen im Einsatz: Helfer lots-ten die Zuschauer, verteilten im benachbarten Pfarrheim Snacks und Getränke und packten rund um die Kirche beim Auf- und Abbau an.

Bei der Konzeption des Kirchenleuchtens war Martin Lenze besonders wichtig: „Man muss das richtige Maß finden, darf die Leute nicht überfordern.“ Die Veranstaltung dürfe nicht zur Disko werden, sondern sei im besten Fall eine gute und facettenreiche Mischung aus Kultur, Entspannung und Spiritualität: „Dann ist für jeden was dabei.“

Der Kreativität seien ansonsten fast keine Grenzen gesetzt. Das Grundkonzept könne man erweitern, etwa durch die Auswahl anderer Bibelgeschichten, die sich gut und spannend mit den einzelnen Komponenten aus Licht und Ton darstellen lassen. „Natürlich ist auch Livemusik mit Instrumentalisten und Sängern oder Tänzern denkbar“, sagt Lenze. 

Mit seiner Projektidee möchte er mehr Menschen für Kirche begeistern. Möchte das Gotteshaus zu einem Ort machen, den die Leute nicht nur an Weihnachten aufsuchen. Und möchte ihnen vor allem eins ermöglichen: „Kirche mal anders erfahren.“

Lisa Mathofer