Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz
"Geben skandalöses Bild ab"
Eigene Strafgerichte? Unter anderem darüber diskutierten die deutschen Bischöfe bei ihrer Frühjahsvollversammlung. Im Schatten der Missbrauchskrise beschäftigten sie sich vor allem mit den hohen Kirchenaustrittszahlen.
Im Schatten der Missbrauchskrise im Erzbistum Köln ist die Frühjahrsvollversammlung der katholischen Bischöfe zu Ende gegangen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, verteidigte zum Abschluss die Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche gegen Kritik. In der öffentlichen Wahrnehmung scheine es mitunter, "als ob sich die Kirche überhaupt nicht bewege", sagte der Limburger Bischof am Donnerstag in Bonn. Tatsächlich habe das Thema aber auch auf der nun beendeten dreitägigen Vollversammlung hohe Priorität gehabt.
Bätzing verwies unter anderem auf Überlegungen, die kirchliche Strafprozessordnung zu ändern, eigene Strafgerichte einzurichten und die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Kirche zu reformieren. Diese weit gediehenen Überlegungen müssten nun mit Rom abgestimmt werden. Offen zeigte sich der Bischof gegenüber der Einrichtung einer parlamentarischen Wahrheitskommission. Das Treffen fand erstmals online statt. Dabei wählten die 68 Bischöfe mit Beate Gilles (50) erstmals eine Frau zur Generalsekretärin der Bischofskonferenz.
Bätzing warnte davor, die Debatte auf die Aufarbeitung im Erzbistum Köln zu verengen. Mit Blick auf die hohen Kirchenaustrittszahlen im Erzbistum sagte der Limburger Bischof: "Kirchenaustritte nehmen wir wahr als eine Reaktion auf das skandalöse Bild von Kirche, was wir derzeit abgeben." Es greife jedoch zu kurz, den Fokus allein auf Kardinal Rainer Maria Woelki zu richten. Er wolle ernsthaft Aufklärung. Gleichwohl bekräftigte Bätzing seine Haltung gegenüber dessen Kurs. Die Kommunikation in Köln nannte Bätzing desaströs.
Was die Aufarbeitung von sogenanntem Geistlichen Missbrauch anbelangt, wollen die Bischöfe Ansprechpartner in den einzelnen Bistümern benennen, kündigte Bätzing an. Unter «Geistlichem Missbrauch» werden die Leiden von Menschen zusammengefasst, die von Seelsorgern etwa bei der Beichte oder im Rahmen religiöser Lebensbegleitung manipuliert oder unter Druck gesetzt wurden.
Die Bischöfe kündigten an, nach neuen Wegen des Kircheseins zu suchen und dabei die Mitgliederorientierung zu verstärken. Die Kirche müsse den Blick weiten auf Menschen, die sich in der klassischen Pfarrgemeinde nicht mehr beheimatet fühlten und doch noch etwas von ihrer Kirche erwarteten.
Beim Reformdialog Synodaler Weg sieht der Vorsitzende Fortschritte, warnte aber zugleich vor zu großem öffentlichen Druck. Auf der Vollversammlung diskutierten die Bischöfe laut Bätzing vor allem über die Rolle der Frau und den Umgang mit Homosexualität. Nach seinem Eindruck ist bei der von den Bischöfen und katholischen Laienvertretern 2019 gestarteten Initiative «auf gute Weise gestritten» worden.
Die Bischöfe nahmen auch gesellschaftspolitische Themen in den Blick. Sie kritisierten die EU scharf. In Bosnien-Herzegowina und Griechenland harrten Flüchtlinge unter erbärmlichen Bedingungen in Lagern aus. "Vor unserer Haustür geschieht Menschenverachtendes", sagte Bätzing. "Die mangelnde Solidarität unter den EU-Mitgliedstaaten und eine bewusste Politik der Abschreckung haben zu dieser Situation entscheidend beigetragen. Damit muss Schluss sein."
Erneut bekräftigte die Konferenz ihre ablehnende Haltung gegenüber jeder Form der Suizidbeihilfe. "Wir können uns nicht damit abfinden, dass dies ein Angebot in unserer Gesellschaft wird", so der Limburger Bischof. Stattdessen forderte er von der Politik, die Palliativarbeit stärker auszubauen. Auch die Kirche wolle die Begleitung von alten und kranken Menschen in der letzten Lebensphase verbessern, sagte er zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung, die im nächsten Jahr in Vierzehnheiligen im Erzbistum Bamberg stattfinden soll.
kna/Rainer Nolte, Joachim Heinz