Flucht über das Mittelmeer

Gefährliche Überfahrt

Image
Geflüchtete aus Afrika auf einem Boot vor Lampedusa. Foto: imago/ZUMA Wire
Nachweis

imago/ZUMA Wire

Caption

Bange Blicke: Geflüchtete aus Afrika auf einem Boot in der Nähe der Insel Lampedusa. Foto: imago/ZUMA Wire

Hunderte Migranten sind in diesem Jahr schon bei ihrer Flucht über das Mittelmeer gestorben. Caritas International versucht den Menschen eine Perspektive in ihren Heimatländern zu geben – damit sie sich gar nicht erst aufs Wasser wagen müssen.

Es ist ein trauriger Wert: Bis Ende April sind in diesem Jahr 615 Menschen bei ihrer Flucht über das Mittelmeer gestorben – so viele wie seit 2017 nicht mehr. Das sagt ein Bericht der Internationalen Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Nationen. 

Machen sich wieder mehr Menschen auf den gefährlichen Weg über das Mittelmeer? Nein, sagt Nils Utermöhlen, Referent für Flucht und Vertreibung bei Caritas International. Vielmehr sei das Problem, dass es keine koordinierte staatliche Seenotrettung im Mittelmeer gebe: „Die Rettung von Menschen in Seenot wurde de facto zivilen Akteuren überlassen.“ Momentan sind fast nur private Hilfsorganisationen im Mittelmeer unterwegs, um Schiffbrüchige zu retten. Doch immer wieder dürfen deren Rettungsschiffe Häfen nicht anlaufen. 

Laut IOM werden zudem Rettungsaktionen oft zu spät eingeleitet oder die Leitstellen reagieren gar nicht auf Notrufe. Dadurch starben in diesem Jahr mindestens 127 Menschen bei sechs Schiffbrüchen. Hinzu kommt, dass die meisten Flüchtlinge und Migranten momentan von Tunesien aus starten. Im Gegensatz zu Libyen und Marokko, die einst Haupt-Transitländer waren, gibt es in Tunesien nur wenige organisierte Schleusernetzwerke. „Die alten Holz- oder die billigen Metallboote, die jetzt für die Flucht genutzt werden, sind deutlich unsicherer. Umso gefährlicher wird die Überfahrt“, sagt Utermöhlen.

Er kritisiert, dass die europäischen Länder sich ihrer Verantwortung entziehen, indem sie Abkommen mit Drittstaaten wie Libyen oder Marokko schließen, die Flüchtlinge auf dem Meer abfangen und in Lager stecken: „Man hat den Eindruck, dass es dabei nicht primär um den Schutz und die Rettung von Flüchtlingen und Migranten geht, sondern vorrangig um Abwehr von Flüchtlingen und den Schutz europäischer Grenzen.“ Das könne keine Lösung sein. „Es steht im völligen Widerspruch zu den menschenrechtlichen Prinzipien und Verpflichtungen, die die EU für sich beansprucht.“ 

„Wenn dieser Plan scheitert,  ist das für viele sehr belastend“

Caritas International hilft den Menschen in den Herkunfts- und Zielländern. So bietet das Hilfswerk im Aufnahmelager Camp Mavrovouni auf Lesbos Rechtsberatung, psychologische Hilfen und Englischkurse an. In Mali hilft es Menschen, die auf der Flucht stranden oder zurückgeführt worden sind. 

„Wenn sie in ihr Heimatland zurückkehren, stehen sie vor dem Nichts“, sagt Utermöhlen. Mit der Migration sei das Versprechen an die Familie verbunden, sie zu unterstützen. „Wenn dieser Plan scheitert, ist das für viele sehr belastend.“ Caritas International hilft den Menschen mit Ausbildungsprogrammen und unterstützt sie bei der Gründung von Kleinbetrieben. Um ihnen eine Perspektive zu geben – jenseits der Flucht.