Kirche verstärkt Engagement gegen Menschenhandel

Gegen Zwangsprostitution und Hungerlöhne

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Auf Initiative von Papst Franziskus wollen sich auch die deutschen Bischöfe verstärkt gegen Menschenhandel engagieren. Eine Tagung dazu in Berlin brachte viele Defizite zum Vorschein.

Foto: kna/Romano Siciliani/Stefano Dal Pozzolo
Protest gegen Menschenhandel: eine Ordensfrau demonstriert 2020 in Rom. Foto: kna/Romano Siciliani/Stefano Dal Pozzolo

Tatorte sind nicht nur Bordell und Straßenstrich, sondern auch Lebensmittel-Discounter oder der Elektronik-Fachmarkt: Nicht nur, wer die Dienste von Prostituierten in Anspruch nimmt, sondern auch, wer Billig-Fleisch oder ein Smartphone kauft, profitiert oft - auch ungewollt - vom Menschenhandel. Denn meist stehen Zwang oder zumindest ausbeuterische Arbeitsverhältnisse dahinter, wenn Menschen ihren Körper anbieten oder zu Dumping-Löhnen in deutschen Schlachthöfen oder asiatischen Fabriken schuften.

Den Kampf gegen die vielfältigen Formen von Menschenhandel hat sich die katholische Kirche zu einer vorrangigen Aufgabe gemacht. Bereits seit 2014 engagiert sich dafür auf Initiative von Papst Franziskus die Santa-Marta-Gruppe, ein internationales Netzwerk von Bischöfen sowie Polizei- und weiteren Strafverfolgungsbehörden.

Auch die Deutsche Bischofskonferenz beteiligt sich mit einer "Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel" unter Leitung des Kölner Weihbischofs Ansgar Puff. Sie versteht sich als Lobby für die Betroffenen und koordiniert die Hilfen weiterer katholischer Akteure. Vertreten sind darin unter anderen der Deutsche Caritasverband, die Hilfswerke Renovabis und missio, der Malteser Hilfsdienst sowie die Frauenhilfsorganisationen Solwodi und In Via.

In einem Aktionsplan legte die Arbeitsgruppe im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Santa-Marta-Gruppe konkrete Empfehlungen vor. So plädiert sie für einen Wiedergutmachungsfonds, der Opfer aus illegalen Gewinnen von Menschenhandel entschädigen und unterstützen soll.


Enorme Erlöse aus Menschenrechtsverletzungen

Wie bei einer Fachtagung der Bischofskonferenz und der Berliner Katholischen Akademie zum Menschenhandel deutlich wurde, sind die Erlöse aus solchen Menschenrechtsverletzungen enorm. Nach Schätzungen belaufen sich allein die Gewinne nichtstaatlicher Täter auf jährlich über 150 Milliarden Euro weltweit - mit steigender Tendenz.

Zugleich wird bislang jedoch nur ein geringer Anteil dieser Verbrechen auch geahndet. Erschwert wird die Aufklärung etwa dadurch, dass Menschenhandel außer durch mafiaähnliche Organisationen immer öfter durch Täterinnen und Täter erfolgt, die voneinander unabhängig die Reise oder den Arbeitsplatz organisieren und die Opfer untereinander weiterreichen.

Überdies gibt es bei der Strafverfolgung von Menschenhandel viele weitere Hürden. So wird der Schutz der Betroffenen auch wegen des Personalmangels in der Justiz beeinträchtigt sowie dadurch, dass dort anstelle einer zentralen Instanz mehrere Fachbereiche für unterschiedliche Aspekte von Menschenhandel zuständig und überdies die gesetzlichen Regelungen dazu unkoordiniert sind. "Viele Paragrafen sind nicht in der Praxis umsetzbar", beklagte Christine Höfele, die Menschenhandels-Expertin der Berliner Staatsanwaltschaft.

Unterschiedliche Zuständigkeiten der Polizei in den Bundesländern mit Blick auf Menschenhandel erschweren überdies ein koordiniertes Vorgehen, räumte Dennis Sporleder vom Bundeskriminalamt ein. Angesichts dessen sei es umso wichtiger, die Rechtsberatungs- und weiteren Hilfsmöglichkeiten von Nichtregierungsorganisationen zu stärken, forderte Margarete Muresan von der katholischen In Via-Frauenhilfsorganisation.

Im Kampf gegen Menschenhandel sind die Kirchen nicht nur gefordert, darauf zu drängen, diese Defizite zu beseitigen, wie Weihbischof Puff betonte. Sie müssten zudem beim Kauf von Waren mit gutem Beispiel vorangehen und nur solche akzeptieren, bei deren Produktion menschenrechtliche Standards eingehalten werden. "Unsere weltweiten Netzwerke können uns dabei eine wichtige Hilfe sein", warb Puff.

kna