Mittagstisch für alle

In Gemeinschaft schmeckt es besser

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Alleine essen – das macht keinen Spaß. Für mehr Geselligkeit laden viele Kirchengemeinden zum Mittagstisch für alle ein. Vor allem Senioren nehmen das Angebot gerne an - gerade nach der einsamen Corona-Zeit. Zum Beispiel in St. Antonius im Osnabrücker Stadtteil Voxtrup.


Grünkohl, Kartoffeln und Mettwurst auf den Tellern und die Sonne scheint: Senioren lassen sich im Pfarrheim St. Antonius in Osnabrück-Voxtrup das gemeinsame Mittagessen schmecken. Foto: Luzia Arlinghaus

Im Pfarrheim St. Antonius in Osnabrück-Voxtrup steigt der Geruch von gekochten Kartoffeln in die Nase. Im Gemeindesaal sitzen sieben Senioren am gedeckten Tisch, während Anna Rethschulte die Teller mit Kartoffeln, Grünkohl und einer Mettwurst füllt. Gemeindereferent Stefan Schulte hilft ihr dabei. „Meistens sind wir so um die zehn Leute, aber wir wollen wieder auf 20 kommen“, sagt Rethschulte, die von den anderen Anni genannt wird.

Seit fast 15 Jahren organisiert sie jeden Mittwoch den Mittagstisch in St. Antonius. „Mit allen Höhen und Tiefen“, sagt ihr Sitznachbar. Was meint er damit? Während des Lockdowns konnte der Mittagstisch gar nicht stattfinden, und seitdem kommen nicht mehr so viele wie vorher, erzählt Rethschulte. Fast die Hälfte derjenigen, die vor 15 Jahren noch dabei waren, leben nicht mehr oder sind im Altenheim. Eine brennende Kerze auf dem Tisch erinnert jetzt an sie. Rethschulte kennt noch alle Namen und zählt sie auf. 

Früher spülten die Frauen nach dem Mittagstisch noch gemeinsam. „Mensch, was hatten wir da Spaß“, erinnert sich Rethschulte und lockert die bedrückte Stimmung auf. „Und dann gab’s einen, der hat sein Witzebuch immer mitgebracht und nach dem Essen einen Witz vorgelesen. Im Moment hat er das Buch leider verlegt“, erzählt Herbert Mellmann, der regelmäßig zum Mittagstisch kommt. Er meine damit sich selbst, erklärt Gemeindereferent Schulte und lacht.

Die Idee des „Mittagstisches für alle“ hatte 2008 der Caritasausschuss des Pfarrgemeinderates der Pfarrei St. Joseph. Anna Rethschulte setzte den Vorschlag um. Zusammen mit ihrem Mann machte sie Werbung in ihrem Umfeld und verteilte Flyer und Plakate. Sie beauftragten eine Fleischerei, die das Essen für den Mittagstisch auch heute noch kocht. Sieben Euro kostet es pro Person. Mittlerweile bringt die Fleischerei das Essen nicht mehr zum Pfarrheim. Stattdessen holt es Gemeindereferent Schulte ab oder Anna Rethschulte fährt selbst los, das ist günstiger. Auch die Malzeit selbst ist teurer geworden. Damit die Senioren weiterhin für sieben Euro zu Mittag essen können, steuert die Kolpingsfamilie Voxtrup etwas Geld bei.

Eierlikör zum 15-jährigen Bestehen?

Für den Nachtisch sorgt Rethschulte schon seit fast 15 Jahren selbst. „Der ist immer ein Highlight“, sagt eine der Frauen, die seit 13 Jahren kommt. „Sagen wir mal so: Es ist eine Überraschung“, erwidert ein anderer. Rethschulte probiert immer etwas Neues aus. „Kein Nachtisch wiederholt sich häufiger als dreimal im Jahr“, sagt sie stolz. Heute besteht das Dessert aus einer Karamellcreme mit gemahlenen Walnüssen auf einer Schicht Vanillepudding. „Mit Diätsahne“, scherzt Rethschulte mit ihrer Sitznachbarin. Damit verwirrt sie die Männer: „Gibt’s sowas wirklich?“ Die Frauen grinsen. 

Manchmal, wenn Rethschulte und die anderen für den Mittagstisch werben, ernten sie Reaktionen wie: „Nein, kochen kann ich selber.“ Manche denken, dass sie bedürftig erscheinen, wenn sie zum Mittagstisch kommen. Dabei bezahlen die Senioren das Essen ja selbst. Kochen könnten sie zu Hause genauso gut. „Es geht einfach um die Gemeinschaft“, sind sich alle einig. „Oft sitzt nach dem Essen noch eine kleine Gruppe zusammen und plaudert“, erzählt Rethschulte.

Im März besteht der Mittagstisch seit 15 Jahren. Dann will Rethschulte etwas Besonderes vorbereiten. Vielleicht einen selbst gemachten Eierlikör? „Mach dir nicht zu viel Arbeit“, heißt es von den anderen. Aber Rethschulte hat ein Ziel: Sie will, dass der Tisch im Pfarrheim am Mittwochmittag wieder voll besetzt ist. Am liebsten mit 20 Personen. Als die Ersten sich verabschieden, ruft sie ihnen noch zu: „Wenn ihr Leute unterwegs trefft, dann fragt sie alle, ob sie nächste Woche kommen wollen!“

Luzia Arlinghaus

 

Zur Sache

Gemeinschaftsfördernde Mittagstische, ob wöchentlich oder einmal im Monat, bieten viele Kirchengemeinden im Bistum Osnabrück an. Besondere Angebote sind beispielsweise die "Buchstabensuppe", ein Mittagstisch mit Lesung in Nordhorn, oder die "Suppe am Sonntag" nach der 11-Uhr-Messe in St. Anna in Twistringen. Der nächste Mittagstisch in St. Antonius, Voxtrup, ist am Mittwoch, 15. März um 12 Uhr. Anmeldung bis 13. März bei Anna Rethschulte, Telefon 05 41/38 85 65.