Neue Kinderkirche im Bistum Essen
Gotteshaus für Kinder
Bunte Farben, viel Holz, genug Platz zum Malen, Musizieren, Lesen oder Beten: Die Kinderkirche in der Bottroper Gemeinde St. Peter soll helfen, Gottesdienste kindgerecht zu machen. Ein Modell, das deutschlandweit bisher einzigartig ist.
Auf dem hellen Holzboden in der Mitte der Kirche St. Peter liegen bunte Kissen: rot, blau, gelb, grün und orange. Dahinter sind kleine Holzhocker und -stühle aufgereiht. Die dritte Reihe am Rand der Holzfläche besteht aus großen Stühlen in den gleichen Farben. „So haben alle Kinder in jedem Alter und auch Erwachsene Platz“, erklärt Petra Eberhardt die Ausstattung der neuen Kinderkirche. „Bei den Farben haben wir uns an den bunten Kirchenfenstern orientiert“, sagt sie und zeigt auf die hohen Fenster links und rechts.
Die Leiterin des Familienzentrums St. Peter in Bottrop hat das besondere Konzept für die Kinderkirche im vergangenen Jahr entwickelt. „Ich war mit einer Arbeitsgruppe und als Koordinatorin im Kita-Zweckverband sehr stark in den Pfarreientwicklungsprozess hier vor Ort eingebunden“, sagt die 63-Jährige. Sie ging oft in die kleine Kirche direkt neben dem Familienzentrum, schaute sich ganz genau um – und ging auch mal in die Hocke, um die Kirche aus Kinderperspektive zu sehen. Dann machte sie genaue Pläne und konnte mit ihren Ideen schließlich überzeugen. Das Bistum Essen fördert die Kinderkirche mit Geld für Material und Personal aus dem eigenen Innovationsfonds. Über den Sommer war die 1939 eröffnete Kirche eine Baustelle, bis sie Anfang Oktober wieder geöffnet wurde.
Gott mit allen Sinnen erleben und begreifen
Der Grundgedanke: In der Kirche sollen die Kinder Gott mit allen Sinnen erleben und begreifen. „Es ist wichtig, dass Kinder Gott kennenlernen, aber eben nicht in dem normalen Erwachsenenraum, in dem sie kaum über die Kirchenbank gucken können“, sagt Eberhardt. Mit allen Sinnen – dafür gibt es im Kirchenraum viele verschiedene Stationen. Direkt am Eingang führt eine Holztreppe von zwei Seiten an das alte Weihwasserbecken; so kommen auch die kleinsten und jüngsten Kinder dran. An den Wänden unter den Fenstern hängen dicke weiße Papierrollen zum Bemalen; noch mehr Platz zum Basteln ist an kleinen Tischgruppen. Bunte Mini-Cajons – Kistentrommeln – und Holzinstrumente liegen an der Musikstation, mit Bibelfiguren aus Stoff kann das dreiköpfige Projektteam Gottesdienste und Religionsstunden kindgerecht gestalten.
In einem offenen Raum links hinter dem Altar steht ein Erzählzelt; auf orientalisch gemusterten Decken und Kissen können die Kinder den Bibelgeschichten lauschen. Zwischen Flechtkörben finden sich kleine Glasfläschchen mit Duftwürfeln: Passend zu einzelnen Bibelstellen können die Kinder hier zum Beispiel Balsam, Myrrhe oder Weihrauch erschnuppern.
Auch das Beten können die Kinder in St. Peter lernen – vor der alten Marienfigur der Kirche steht eine kleine, graue Holzbank zum Sitzen und Knien. In einem Korb liegen rote, blaue und gelbe Steine; sie sollen den Kindern bei der Unterscheidung von Lob-, Dank- oder Bittgebeten helfen. „Während des Betens können sie die Steine in der Hand halten, sie danach in den Korb legen“, erläutert Eberhardt.
Über dem Haupteingang verrät ein großes Banner den Namen der neuen Kinderkirche: „kikeriki“. Der Hahn, der auch aus Metall auf der Kirchturmspitze sitzt, ist das zukünftige Symbol. Hinter dem Altar ragt ein großer bunter Hahn aus Pappmaché auf, laut Eberhardt ein Zeichen für die positive gesellschaftliche und religiöse Vielfalt in Gemeinde und Familienzentrum.
Mitmachen dürfen und nicht nur still zuhören
Gottesdienste für Erwachsene, Hochzeiten oder Taufen werden auch weiterhin in St. Peter gefeiert. Dienstags und donnerstags ist die Kirche aber vor allem für die Kitas im Zweckverband geöffnet. Anfragen gibt es auch aus den Nachbarstädten, freut sich Petra Eberhardt. Andere Gemeinden haben sich bei ihr erkundigt, um Anregungen für den Umbau ihrer eigenen Kirchengebäude zu erhalten, erzählt sie.
Die Kommentare der ersten Kinder und Eltern, die seit der Eröffnung in der Kinderkirche waren, sind laut Eberhardt positiv. Besonders fasziniert seien die Kinder von dem hellen und bunten Kirchenraum gewesen, von den Stühlen, auf denen sie gut sitzen können – und vor allem davon, endlich selbst mitmachen zu dürfen, anstatt nur still zuzuhören.
Auf die Meinungen und die Einfälle der Kinder will Petra Eberhart auch in Zukunft aufmerksam achten: „Die Kinder sind die Experten.“ Sie engagiert sich mit viel Leidenschaft für das Projekt. Und sie hat noch viele Ideen, sagt sie, um diesen Ort in Zukunft im besten Fall zu einer Mehrgenerationenkirche zu machen, die „offen ist für alle Kulturen und Religionen“.
Von Lisa Mathofer