Kirchenmusik am Rheingauer Dom

Im Kreuzfeuer der Vorschriften

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Die Kirchenmusik am Rheingauer Dom in Geisenheim steht unter Leitung von Bezirkskantor Florian Brachtendorf. Er leitet den Kirchenchor, die Schola Heilig Kreuz und die ChorSingSchule für Kinder und Jugendliche. Nachfragen in Zeiten von Corona. Von Christa Kaddar



Florian Brachtendorf probt mit seinen Chören im Pfarrsaal von Heilig Kreuz in Geisenheim, wo die Abstände gut eingehalten werden können.


„Für mich persönlich stellte sich heraus, dass der große qualitative Einbruch ausgeblieben war“, bemerkte Florian Brachtendorf, als er mit seinen Chören im Juni wieder zu Präsenzproben zurückkehren konnte. Mit regelmäßigen digitalen Chorproben und Stimmbildungsarbeit hatte er die Zeit überbrückt. Dennoch bezeichnete er den Ausfall der Präsenzproben im Lockdown als „schmerzhaftesten Verlust“ in seiner Arbeit als Chorleiter. „Nicht zu unterschätzen ist der soziale Kontakt am Rande der Proben“, sagt Brachtendorf. „Deshalb nehmen alle die Hygienemaßnahmen gerne auf sich, um wieder gemeinsam singen zu können.“

Zwischen physischer und psychischer Gesundheit

Seit dem 25. November gilt die 2G-Regelung;  darüber  hinaus testen sich die erwachsenen Sängerinnen und Sänger tagesaktuell unter Aufsicht, um eine noch größere Sicherheit zu haben. Im Kinder- und Jugendchorbereich ist dies durch die Schultestungen ohnehin immer geschehen. Berücksichtigt werden außerdem Einbahnstraßenregelungen, Lüftung, CO2-Messung, Handhygiene und Abstand. Im Kirchenchor singen 35 Erwachsene zwischen 18 und 87 Jahren, von denen derzeit elf nicht zu den Chorproben kommen. „In den Pfarrsaal passen mit dem nötigen Abstand etwa 25 Sänger bequem rein. Somit kann jede Gruppe für sich ohne Probleme proben.“ Das gilt auch für die vier Gruppen der Kinder und Jugendlichen zwischen fünf und 18 Jahren mit 74 Sängern.
Das Abwägen von physischer Gesundheit – also am besten keine Proben, Konzerte oder kulturelle Veranstaltungen – und psychischer Gesundheit – mit kulturellen Veranstaltungen als Orte des Erlebens und Auslebens – betrachtet Brachtendorf als eine der Herausforderungen in dieser Zeit. „Da stehen wir als Leiter von Chören in einer Verantwortung und gleichzeitig im Kreuzfeuer von Vorschriften auf der einen Seite und Nöten, Ängsten, aber auch Bedürfnissen und Wünschen auf der anderen Seite.“
Bei den Kindern und Jugendlichen merkt er, wie auch sie gerade wieder aufblühen beim Singen. „Alle sind hoch motiviert und erscheinen auch in großer Zahl bei den Auftritten in Gottesdiensten und Konzerten.“ Für das Probenwochenende der ChorSingSchule, das noch vor Weihnachten in der Jugendherberge Kaub vorgesehen ist, seien 64 von 72 Kindern und Jugendlichen angemeldet. „Diese Zahl zeigt, dass auch die Eltern die Wichtigkeit sehen, Normalität in den Alltag der Kinder zurückzubringen. Für das Vertrauen der Eltern und Kinder bin ich sehr dankbar.“
Nach den aktuellen Verschärfungen der Regeln werde es auch weiterhin Gottesdienste mit Musik geben können. An jedem Sonntag singe eine Chorgruppe. Auch an Weihnachten werde es Chorgesang geben. „Konkret werden die gut 30 jüngsten Sängerinnen und Sänger an Heilig-abend einen Stationengottesdienst gestalten. Sie teilen sich in zwei Gruppen auf“, kündigt Brachtendorf an. „Die übrigen Sänger planen, im Lichterkonzert am 26. Dezember um 19 Uhr zu singen.“ Eines sei klar: „Neben dem Bedürfnis zur künstlerischen Äußerung und zum geistlichen Handeln steht die Sicherheit im Mittelpunkt.“

Von Christa Kaddar