Weltweite Verteilung des Corona-Impfstoffes

Impfung für alle

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Bald könnten erste Corona-Impfstoffe ausgeliefert werden. Aber wie kann verhindert werden, dass nur reiche Staaten profitieren? Oliver Müller von Caritas International sagt: Deutschland und die EU müssen Entwicklungsländer unterstützen.

Auf einer Spritze steht "Sars-Cov2".
Wer soll den Corona-Impfstoff zuerst bekommen? Und wie lässt sich sicherstellen, dass auch arme Länder ihn erhalten?

Von Sandra Röseler 

Es war ein Hoffnungsschimmer: Vorige Woche gab das Mainzer Unternehmen Biontech bekannt, dass sein Impfstoff BTN162 mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit vor Corona schützen soll. Im besten Fall könnten Ende des Jahres die ersten Impfdosen ausgeliefert werden. Doch mit der Freude über diese Nachricht begann das Geschacher um den Impfstoff. So gaben die USA, die EU und auch Deutschland bekannt, dass sie sich Millionen Impfdosen gesichert haben. Dass viele Staaten gerade an sich denken, sei legitim, sagt Oliver Müller, Leiter des katholischen Hilfswerks Caritas International: „Niemand stellt infrage, dass Deutschland das Maximum tut, um seine Bevölkerung zu versorgen.“ Dabei dürfe es aber nicht bleiben: „Es ist unsere ethische Verpflichtung, andere Länder beim Kampf gegen die Pandemie zu unterstützen.“  

Wie ein Corona-Impfstoff global gerecht verteilt werden kann, ist umstritten. Das liegt auch daran, dass mehrere Parteien ihre ganz eigenen Interessen vertreten. Zum Beispiel die Pharma-Unternehmen, die lukrative Verträge mit reichen Industriestaaten geschlossen haben. 16,50 Euro kostet eine Impfdosis im Moment – viel zu teuer für Entwicklungsländer, sagt Müller. Er erinnert daran, dass die Impfstoffforschung auch mit öffentlichen Mitteln finanziert worden ist: „Die produzierenden Unternehmen sollten deshalb auch mit sanftem oder starkem Druck davon überzeugt werden, dass es zu einer fairen Verteilung kommt.“ Sie könnten beispielsweise ihren Patentschutz aufheben und so eine breitere Produktion ermöglichen. 

„Der Forschungsdruck darf nicht nachlassen“

Dass Impfstoffe im Moment so teuer sind, könne dazu führen, dass ärmere Länder in die Arme Chinas getrieben werden, sagt Müller. Die chinesische Regierung verteilt gerade millionenfach Impfstoffe, die nicht ordnungsgemäß erprobt sind, an Entwicklungsländer. Müller befürchtet, dass China seinen Einfluss vergrößern will, indem es die Staaten mit Impf-Krediten finanziell abhängig macht. „Es wäre verheerend, wenn die Länder sich über Kooperationen weiter verschulden würden“, sagt er. 

Um das zu verhindern, brauche es nun internationale Zusammenarbeit – zum Beispiel die Covax-Initiative der Weltgesundheitsorganisation. In ihr haben sich mehr als 80 Länder, seit kurzem auch die EU, zusammengeschlossen, um Impfstoffe zu kaufen und anteilig nach Bevölkerungszahl zu verteilen. Zwei Milliarden Impfdosen sollen an Entwicklungsländer gehen. Bleibt ein logistisches Problem: Impfstoffe wie BTN162 müssen bei minus 70 Grad gelagert werden. In afrikanischen Ländern gibt es dafür nicht genug Kühlgeräte. Deshalb müsse weiter in robustere Impfstoffe investiert werden, fordert Müller: „Der Forschungsdruck darf nicht nachlassen.“