Anfrage

Keine Absolution wegen Kirchenaustritts?

Image
anfrage1
Mir wurde in einer Beichte die Lossprechung verweigert, weil der Priester wusste, dass ich (aus ernsten Gründen) aus der Kirche ausgetreten bin. Ist das rechtens?

Es gibt manch einen Grund, einem Beichtenden die Lossprechung zu verweigern. Zum Beispiel mangelnde Reue oder mangelnden Vorsatz, es besser zu machen. So wäre es zum Beispiel rechtens, die Lossprechung zu verweigern, wenn Sie den Kirchenaustritt gebeichtet hätten, es aber nicht bereuen und auch nicht wiedereintreten wollen. Aber vermutlich ging es bei der Beichte wohl um etwas anderes.

Der einzige Grund für die Verweigerung, den ich mir vorstellen kann, ist deshalb ein formaler: die Meinung nämlich, dass jemand, der aus der Kirche austritt, sich selbst exkommuniziert und damit von den Sakramenten der Kirche ausgeschlossen ist.

Diese Meinung ist allerdings stark umstritten. So steht im „Handbuch des katholischen Kirchenrechts“, einem Standardwerk der Rechtsauslegung: „Wenn ein katholischer Christ aus anderen Gründen, obwohl er innerlich am katholischen Glauben festhält, seinen Austritt aus der Kirche erklärt, ist die Exkommunikation nicht eindeutig gegeben.“ Und der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte stellt in ähnlicher Weise fest, die Erklärung gegenüber einer Behörde, nicht mehr als Katholik geführt werden zu wollen, sei „nicht in jedem Fall Ausdruck einer kirchen- oder glaubensablehnenden Haltung“. Vor dem Aussprechen von Strafen müsse geprüft werden, „welche innere Haltung hinter der äußeren Handlung“ stehe.

Gerade heute, wo Menschen vermehrt wegen der eklatanten Missstände aus der Kirche austreten, aber weiterhin als gläubige Menschen leben, beten, Gottesdienste mitfeiern, Werke der Liebe tun und wenn möglich finanzielle Hilfen leisten, ist es also ein Kurzschluss zu sagen: Austritt gleich Exkommunikation gleich Ausschluss von den Sakramenten gleich Verweigerung der Absolution. Ein logischer Kurzschluss, ein theologischer und ein rechtlicher. 

Deshalb: Nein, die Verweigerung der Lossprechung ist nicht rechtens. Sie ist eher empörend. Machtgehabe. Und Sie könnten überlegen, den zuständigen Bischof darüber zu informieren.
 

Susanne Haverkamp