Ausbildung im Lingener Ludwig-Windthorst-Haus

Keine Anmache im Internet

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Drei junge Menschen blicken auf einen Computerbildschirm
Nachweis

Foto: kna

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Das Internet besteht nicht nur aus fröhlichen und bunten Bildchen. Wer es nutzt, sollte mehr darüber wissen.

„Gemeinsam stark in Netz und Gesellschaft“ – mit diesem Ziel hat das Team des Lingener Ludwig-Windthorst-Hauses ein Projekt gestartet. Es bildet Siebt- und Achtklässler aus, damit sie jüngere Schüler für Medien sensibilisieren. Studienleiter Michael Brendel über die Inhalte der Ausbildung und wie es danach weitergeht.

Was ist die Grundidee des Projektes?

Im Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen wollen wir das Wissen über die digitale Welt nachhaltig in der Schulbildung einbringen. Die Grundidee ist, dass wir gemeinsam mit Jugendlichen die wichtigsten Probleme junger Menschen im Internet aufarbeiten. Innerhalb eines halben Jahres werden sie zu „Medienbuddies“ ausgebildet. Dann können sie den jüngeren Schülern, die vielleicht erst seit Kurzem ein Smartphone haben, beratend zur Seite stehen. Dafür ist sowohl die inhaltliche Vermittlung, als auch die Methodik der Vermittlung wichtig.

Was für Probleme können das sein?

Wir beschäftigen uns mit Cybermobbing, also der Belästigung über das Internet, Cybergrooming, also Anmache im Internet oder Fake News, das heißt der absichtlichen Verbreitung von falschen Nachrichten. In der Ausbildung behandeln wir auch weitere Themen, unter anderem Künstliche Intelligenz und Datenschutz.

Wie läuft die Ausbildung ab?

Die Ausbildung findet zwei Tage im Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) in Lingen und fünfmal in der Schule statt. Für den Startworkshop treffen sich die zehn bis zwölf Schüler aus einer Schule und zwei Begleitpersonen, also Lehrkräfte oder Schulsozialarbeiter bei uns im LWH.  In den Abschlussworkshops tauschen sich mehrere Schulen über das Gelernte und dessen Umsetzung aus. In der Zwischenzeit kommen wir für fünf zweistündige Termine in die Schulen. Manche Schulen haben die Themenblöcke als Arbeitsgemeinschaft (AG) nachmittags veranstaltet. Andere haben es als Wahlpflichtkurs angeboten. Das ist letztlich die bessere Lösung, weil die Einheiten dann am Vormittag stattfinden können.

Wie reagieren die Schüler auf das Projekt?

Sie sind alle motiviert, sie sind ja freiwillig dabei. Dass die Schüler bei der heutigen Belastung aus ihrer Komfortzone ‘rausgehen und sich für so eine Sache engagieren, muss man ihnen hoch anrechnen. Sie sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Das hat nichts mit Noten oder Technikwissen zu tun. Es ist unglaublich viel wert, was diese Jugendlichen an sozialen Fähigkeiten und Selbstbewusstsein mitnehmen.

Haben Sie ein Beispiel für diese Spiele?

Beim Thema Datenschutz haben wir einen Passwort-Wettbewerb gemacht: Finde ein Passwort, das möglichst komplex ist, das du dir aber merken kannst. Mithilfe des Internets konnten wir die Komplexität bestimmen. Danach mussten die Schüler das Passwort auswendig vortragen. Das ist für sie eine Herausforderung, die ihnen Spaß macht und bei der sie nebenbei lernen. Beim Thema Fake News war die Herausforderung, echte von falschen Nachrichten zu unterscheiden. Dazu hat uns die Moderatorin Linda von LOGO erzählt, wie es in einer echten Nachrichtenredaktion abläuft.

Wie stellen Sie sich die Zukunft des Projektes vor?

Ein Teil der Medienbuddies ist in ihren Schulen schon aktiv, die anderen werden nach den Sommerferien schauen, auf welchem Weg sie ihr Wissen an die Jüngeren weitergeben können. Wir sind bis Ende des Jahres beratend tätig. Es ist geplant, dass die aktiven Schüler die nächste Generation an der Schule ausbilden. Eine Schule hat die Ausbildung beispielsweise bereits fest in ihr Medienkonzept integriert. Wir wünschen uns, dass die Medienbuddies eine feste Institution in der Schule sind, damit die Vermittlung von Medienkompetenz endlich ihren Stellenwert bekommt.

Wie wird das Projekt finanziert?

Von März 2023 bis März 2024 wurden wir von dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ finanziert. Darüber haben wir uns sehr gefreut. Wie es weitergeht, hat sich leider noch nicht entschieden. Das Interesse anderer Schulen ist jedenfalls groß. Wir haben uns fest vorgenommen, im neuen Schuljahr wieder Medienbuddies auszubilden und hoffen, dass wir dafür einen Fördergeber finden.

 

Zur Person

Michael Brendel ist Musikwissenschaftler, Theologe und Journalist. Seit 2012 arbeitet er als Studienleiter im Lingener Ludwig-Windthorst-Haus in den Bereichen Digitale Transformation und Medienpädagogik. Er ist Gründer und Autor des Blogs spaehgypten.de sowie des Podcasts „Das glaub’ ich gern“. In drei Sachbüchern beschäftigt er sich mit Fragen der Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Michael Brendel lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Lingen. www.michaelbrendel.de

 

Termin

Für alle Menschen, die sich für das Thema Medienprävention im Bereich Schule und Jugendarbeit interessieren, veranstaltet das Lingener Ludwig-Windthorst-Haus (lwh) am Donnerstag, 19. September 2024, einen Fachtag. Auf dem Programm stehen mehrere Workshops. Zudem gibt es eie Talkrunde zum Thema, was Medienbildung in der heutigen Zeit bedeutet. Lehrkräfte und Sozialarbeiter können sich austauschen oder die Polizei fragen, wie sie bei Medienmissbrauch handeln müssen. Die Veranstaltung ist kostenlos, das LWH sorgt für Verpflegung. Infos: www.lwh.de/veranstaltungen/event/mbtransfer

Janne Aufderhaar