„Keine Selbstverständlichkeit“
Zum „Tag der Apostelin“ Junia am 17. Mai organisiert die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands bundesweit Gottesdienste, in denen Frauen predigen. Zwölf waren es in ganz Deutschland – einer davon in Schwerin.
Aus Ahrensburg, Hamburg und Güstrow kamen am 17. Mai katholische Frauen – und auch einige Männer – nach Schwerin, um in der Propsteikirche St. Anna die Predigt einer Frau zu hören. Ein ungewöhnliches Ereignis – denn die Auslegung des Evangeliums ist nach dem Kirchenrecht Priestern und Diakonen vorbehalten. Doch die Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) hielten nun bereits zum dritten Mal dagegen. Der „Predigerinnentag“ findet jeweils am 17. Mai statt, dem Namenstag der Apostelin Junia, die seit 2016 in der Einheitsübersetzung der Bibel als Frau geführt wird (Römerbrief 16,7) – und nicht mehr als „Junias“. Rund um den 17. Mai standen deshalb an zwölf Orten in Deutschland zwölf Frauen vorne am Altar, um über die Tageslesungen zu predigen.
„Wir können der Bibelwissenschaft gar nicht dankbar genug sein, dass sie das Originalbild dieser Junia neu gewählt hat. Endlich ist sie das, was sie immer war, eine Frau“, sagte kfd-Präses Pfarrer Wolfgang Guttmann zu Beginn des Gottesdienstes, an dem etwa 50 Gläubige teilnahmen. Der Hausherr, Propst Dr. Georg Bergner, hatte die Gottesdienstgemeinde zuvor in St. Anna willkommen geheißen. „In einer Eucharistiefeier das Evangelium verkünden zu dürfen und anschließend in der Predigt auszulegen, ist für mich als Frau in meiner Kirche noch immer keine Selbstverständlichkeit“, sagte denn auch zu Beginn ihrer Predigt die Theologin und Geistliche Begleiterin der kfd, Lucia Justenhoven.
Zur Gottesdienstgemeinde gehörten nicht nur kfd-Frauen. Maria Voetlause aus Schwerin zum Beispiel hielt hinterher fest: „Ich denke, Frauen können genauso gut predigen wie Männer. Es hängt nicht vom Geschlecht ab, ob die Predigt gut ist oder nicht. Und der Gottesdienst hat mir sehr gut gefallen“, sagte die 57-Jährige. Annika Bender aus Schwerin: „Ich freue mich total, dass Schwerin ausgewählt wurde als ein Ort, an dem eine dieser zwölf Frauen predigen darf. Und ich hoffe, dass es einen Aufbruch auch in unserer Kirche geben wird in vielen Dingen.“ Ihr sei es am wichtigsten, dass Frauen künftig zu Kirchenämtern zugelassen würden in einer Kirche, „die auch für meine Töchter noch Relevanz haben wird. Das wünsche ich mir einfach“, sagte die 40-Jährige.
„Uns geht es um den Austausch untereinander. Es ist ein Fest des Glaubens, keine Protestaktion“, betonte Lucia Justenhoven. Für sie ist der Predigerinnentag jedoch ein wichtiges Zeichen, dass viele Frauen im Norden bereit sind, sich für mehr Beteiligung in ihrer Kirche einzusetzen. „Männer wie der Apostel Paulus und Frauen wie die Apostelin Junia haben in der Nachfolge Jesu Christi im frühen Christentum Gottes Wort zu den Menschen gebracht. Es wird Zeit, dass wir uns wieder darauf besinnen“, so Lucia Justenhoven.
Autor: nkz/hix