Nach islamistischen Terror-Anschlägen
Kirchen werben für Austausch mit Muslimen
Wie lässt sich religiöser Extremismus verhindern? Nach den Terroranschlägen in Österreich und Frankreich beschäftigen sich nicht nur Religionsvertreter mit dieser Frage. Klar ist: Der Dialog mit Muslimen darf nicht abgebrochen werden.
Nach dem islamistischen Anschlag in Wien mit mehreren Toten mehren sich Stimmen, die für einen weiteren Austausch mit Muslimen werben. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte der "Zeit", dass die große Mehrheit der Muslime solche Gewalttaten verurteile. "Wir werden Austausch und Integration mit muslimischen Verbänden und Organisationen fortsetzen und intensivieren." Der Angriff richte sich gegen "uns alle", die freiheitliche Lebensweise und die demokratische Grundordnung. Er zeigte sich jedoch überzeugt davon, dass sich die Gesellschaft nicht auseinandertreiben lasse.
Die Tat in Wien ist nach den Worten der evangelischen Theologin Margot Käßmann ein "schwerer Rückschlag" insbesondere für liberale Muslime. "Diese Terroristen wollen die freie Welt in Angst und Schrecken versetzen", sagte Käßmann der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt". "Ja, das ist ein schwerer Rückschlag vor allem für liberale Muslime, weil sie wieder mit Islamisten in eins gesetzt werden." Die liberalen und dialogfähigen Kräfte in den Religionen müssten sich verbünden, damit nicht die Fundamentalisten die Wahrnehmung von Religion definieren. Religionen müssten Dialogkompetenz lernen und in der Lage sein, ihre Überzeugungen als demokratiekompatibel zu erweisen, sagte Käßmann. "Wo sie versuchen, gesellschaftliche Themen zu dominieren, sich als nicht gesprächsfähig zeigen mit der säkularen Welt, verlieren sie weiter an Zukunftsfähigkeit."
Die jüngsten Bluttaten in Nizza und Paris seien "schockierend, belastend, entsetzlich". Und gerade da sei der Dialog gefragt, sagte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Religionen seien insgesamt nicht unschuldig. "Religionen müssen glasklar dafür eintreten, dass Fanatismus, Fundamentalismus keinen Raum finden." Am Ende gehe es um die Frage: "Kann ich tolerieren, ertragen, dass andere eine andere Wahrheit über Gott finden als ich? Nur wenn ich das bejahe, können Religionen zum Frieden beitragen."
Auch Papst Franziskus verurteilte die Angriffe in Nizza und Paris. Die Täter versuchten, "mit Hass und Gewalt die geschwisterliche Zusammenarbeit der Religionen zu beeinträchtigen", sagte er in einer Videoansprache im Vatikan. Der Terrorismus verbreite sich mit immer größerer Grausamkeit in Europa, beklagte das Kirchenoberhaupt. Taten wie in Frankreich und Österreich erregten Abscheu bei allen, denen Friede und Dialog am Herzen lägen. Er bete für die Getöteten und alle Betroffenen der Anschläge, sagte Franziskus.
kna