Neues Jugendkloster in Ahmsen

Klostergründung gegen den Trend

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Aus dem Exerzitienhaus in Ahmsen wird im nächsten Jahr ein neues Jugendkloster. Christian Thien und sein Team im Marstall Clemenswerth arbeiten jetzt an Konzept und Programm. Der künftige Leiter beider Häuser empfindet das Projekt als „unglaublich ermutigend“.


Es geht voran: Marstall-Leiter Christian Thien (v.l.) und das Team mit Franziska Notzon, Sonja Gerdes, Kai Thierbach, Julia Sommer und Michael Engbers freuen sich auf die Arbeit für das neue Jugendkloster in Ahmsen. | Foto: privat

Christian Thien eilt mit schnellen Schritten über den Flur. Im Vorbeigehen weist er auf die Wand – ein großer Kalender für 2018 hängt dort. „Schauen Sie, da stehen wichtige Eckdaten schon für beide Häuser drin. Wir arbeiten alle auf Hochtouren, das ist richtig spannend.“ Was er meint? Das bisherige Exerzitienhaus in Ahmsen wird zu Beginn des Jahres 2019 zu einem Jugendkloster umgebaut – inhaltlich und auch tatsächlich. Die Trägerschaft übernimmt die Jugendbildungsstätte Marstall Clemenswerth, Thien leitet dann beide Häuser. Zur Unterstützung der pädagogischen Arbeit und zur Entwicklung neuer Schwerpunkte im Jugendkloster Ahmsen steht ihm Bildungsreferent Michael Engbers zur Seite.

Für das Bistum und auch die Region ist dieses neue jugendpastorale Angebot des Bistums eine „Riesenchance“, finden beide Männer. Wohlwissend, wie viel Arbeit damit auf beide Häuser zukommt, strahlen Christian Thien und Michael Engbers deshalb viel Optimismus aus. Dass in Zeiten, in denen eher von Abbrüchen und Krisen in der Kirche gesprochen wird, hier quasi gegen den Trend ein neues Jugendkloster gegründet wird, zeugt ihrer Ansicht nach von Zuversicht in die Zukunft. „Das öffnet Räume, das macht Hoffnung, das wird gut funktionieren. Ich bin ganz sicher“, sagt Thien. Engbers nickt bei seinen Worten. Der ehemalige Diözesanvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung weiß aus vielen Begegnungen, dass junge Leute authentische Orte und authentische Menschen suchen, wo sie Glaube in Gemeinschaft erleben können.

Dass Ahmsen schon immer ein besonderer Ort war, ist beiden bewusst. Jahrzehntelang haben zuerst die Maristen hier segensreich gewirkt, danach die Gemeinschaft Christlichen Lebens (siehe auch „Zur Sache“). Thien und Engbers wissen um die Strahlkraft, die von dem Haus mit seiner wohltuenden Abgeschiedenheit ausgeht. Zahllose Menschen haben hier bei Gebet, geistlicher Begleitung und Exerzitien Ruhe, Kraft und Ermutigung gefunden. „Es gibt eine hohe Verbundenheit – mit dem Dorf, mit der Region und mit vielen Menschen, die schon mal hier gewesen sind“, sagt Engbers.

Übernachtungen steigern: „Fünf Jahre geben wir uns dafür Zeit"

Diese Verbundenheit empfindet Christian Thien als Verpflichtung und Ansporn zugleich – vor allem für das Programm, das sich in erster Linie an junge Leute richten wird. Sie sind ab 2019 in Ahmsen eingeladen zum Beispiel zu Tagen religiöser Orientierung und Firmlingswochenenden, zu Schulgemeinschaftstagen und Gruppenleiter-Fortbildungen, zu Kreativ-Werkstätten und Chor-Workshops, zu Jugendmessen und Exerzitien. Zusammen mit den indischen Franziskanern gleich nebenan soll es Kar- und Ostertage, Gebetszeiten, Glaubenszeugnisse, Lebensbilderabende, Tagzeitenliturgie geben. Und auch Platz für Experimente, verspricht Michael Engbers. Wie die „summer school“, bei der Jugendliche in den Ferien Kloster auf Zeit erleben können. Wie bei dem Projekt „Beten und Büffeln“, bei dem Abiturienten oder Studenten mitten im Prüfungsstress in Ahmsen lernen und Ruhe finden. Oder wie die „Woche unterwegs mit dem Pater“, bei der junge Leute pastorale Arbeit in der Praxis erleben können. „Ideen haben wir reichlich.“

Natürlich sind auch erwachsene Besucher in Ahmsen willkommen: zu den Gottesdiensten und Gebetszeiten genauso wie zu Klausurtagungen und Konferenzen von Pfarrgemeinderäten oder Kirchenvorständen. Christian Thien hofft, mit dieser Angebotsstruktur die Zahl der Übernachtungen deutlich steigern zu können – auch weit über 10 000 im Jahr. „Fünf Jahre geben wir uns Zeit dafür“, sagt er entschlossen.

Bis das neue Programm steht, gibt es aber noch viel Arbeit. Beide Häuser sollen zwar eigenständig und wirtschaftlich voneinander unabhängig geführt werden, aber in puncto Terminplanung, Belegung und Einkauf eng zusammenarbeiten. Der Zeitplan für die nächsten Woche ist deshalb schon eng getaktet: Präsentation des Konzeptes bei vielen Veranstaltungen in der Region, die Gründung eines Fördervereins, die Änderung der Satzung und die Zusammenführung der Mitarbeiter. Und im November sollen dann die Bauarbeiten starten. Der größte Posten:  Damit zwei Gruppen parallel Seminare halten können, wird ein Tagungsraum an das bestehende Nebengebäude angebaut – in diesem Trakt können Teilnehmer dann auf Wunsch in einer Selbstversorgerküche auch unabhängig von den festen Mahlzeiten im Haupthaus an ihren Zeitplan angepasst selbst kochen.

Außerdem sollen die Stühle zum Teil erneuert, die Zahl der Betten von jetzt 44 auf dann 75 erhöht, einige Installationen in dem Gebäude renoviert und das Internet verbessert werden. 324.000 Euro wird das nach ersten Berechnungen kosten, davon übernimmt das Bistum 174.000 Euro. Den Rest wollen der Landkreis Emsland, die umliegenden politischen Gemeinden und ein Programm der Europäischen Union beisteuern. „Es geht los“, sagt Christian Thien. Und freut sich drauf.

Petra Diek-Münchow

Buchungsanfragen für das Jugendkloster können in Ahmsen unter Telefon 0 59 64/9 39 90 oder per E-Mail gestellt werden: info@exerzitienhaus-ahmsen.de
Auch im Marstall Clemenswerth werden Terminanfragen für das Jahr 2019 angenommen: Telefon 0 59 52/20 70; E-Mail: info@marstall-clemenswerth.de


 

Zur Sache

1922 war in Ahmsen der Grundstein für ein Kloster der Maristen gelegt worden. Viele Jahrzehnte waren seitdem Maristenpatres die Seelsorger auch der Kirchengemeinde. Vor knapp 50 Jahren öffnete sich das Haus für Tage religiöser Orientierung für Schüler, 1980 wurde es zum „Haus der Begegnung“.

Im Jahr 2010 übernahm die Gemeinschaft Christlichen Lebens (GCL) das Haus und bietet seitdem Exerzitien an. Die Leitung liegt in Händen von Johanna Merkt, die Ende 2018 in Ruhestand geht. Anders als anfangs erhofft, kamen aber mit den Jahren keine weiteren GCL-Mitglieder nach.

2014 gaben die Maristen ihr Kloster in Ahmsen ganz auf, kurz danach zogen indische Franziskaner ein. Besitzer des Hauses ist das Bistum Osnabrück. Die bisherigen Mitarbeiter in Ahmsen behalten trotz der erneuten Umwandlung des Hauses in ein Jugendkloster ihre Arbeitsplätze.