Zum Tod des Theologen Hans Küng
Kuschel: Küng starb nicht versöhnt
In der vergangenen Woche starb Hans Küng. Über sein Leben und Sterben, seine Theologie und sein Vermächtnis spricht sein Schüler und langjähriger Wegbegleiter, der Theologe Karl-Josef Kuschel im Interview unserer Zeitung.
Der Theologe Hans Küng, der am Freitag in Tübingen beerdigt wird, ist nach Aussage seines Schülers und Weggefährten Karl-Josef Kuschel nicht versöhnt mit der katholischen Amtskirche gestorben. "Eine Versöhnung gab es nur auf der brüderlich-priesterlichen Ebene", sagte der Theologe und Mitarbeiter der auf Küng zurückgehenden Stiftung Weltethos dieser Zeitung. Tatsächlich habe Papst Franziskus Küng, dem die katholische Kirche 1979 die Lehrerlaubnis entzogen hatte, wertschätzende Signale zukommen lassen. "Aber er hatte auf mehr gehofft." Eine offizielle Anerkennung als katholischer Theologe habe er nicht bekommen. "Dazu waren die rechtlichen Hürden wohl zu hoch."
Küng sei von der Ablehnung durch die Amtskirche tief enttäuscht gewesen, so Kuschel. "Denn er glaubte ja, mit seinem Werk der Kirche einen Dienst geleistet zu haben, und verstand sich immer als einen Theologen, der im Dienst an den Menschen in der Kirche stand." Er habe die Menschen nicht von der Kirche entfremden, sondern sie mit der Kirche neu verbinden wollen.
Bei seiner zweijährigen Arbeit als Seelsorger nach seiner Priesterweihe habe Küng die Not vieler Gläubiger erlebt, etwa von Geschiedenen oder die Verhärtungen in der Ökumene. "Genau deshalb war er entschlossen, eine Theologie zu betreiben, die es diesen Menschen ermöglicht, einen versöhnten Weg in der Kirche zu gehen."
Vor allem der Missbrauchsskandal in der Kirche hat Küng nach Kuschels Worten empört. "Es war eine Mischung aus Zorn und Verzweiflung, Trauer und Wut, dass die Kirche ihre Glaubwürdigkeit verspielt und damit auch ihre wichtige Funktion für die Gesellschaft: das Gewissen der Nation zu sein, eine prophetische Stimme für Werte ohne Verfallsdatum."
Aus Kuschels Sicht wird von Küngs Werken das Projekt Weltethos am stärksten nachwirken. In dessen Rahmen habe er die Vertreter der verschiedenen Religionen immer wieder aufgefordert, ihre Verantwortung für den Weltfrieden wahrzunehmen. "Das bleibt sein Vermächtnis - und zwar weit über Deutschland hinaus."
Das vollständige Interview mit Karl-Josef Kuschel lesen Sie in der aktuellen Ausgabe Ihrer Kirchenzeitung.
kna