Mehr als eine Kaufhalle

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Kundinnen im Carisatt-Laden
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Foto: Hans-Joachim Kohl 

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Sybille Gis (rechts) berät Kundinnen im Güstrower Carisatt-Laden. Hier gibt es fast alles, was man zum Leben braucht.  

Die Caritas betreibt fünf Läden, in denen bedürftige Menschen günstig einkaufen können. Aber bei „Carisatt“ wird man nicht nur satt. Der Laden hilft auch gegen Einsamkeit. Das zeigt ein Besuch des Geschäfts in Güstrow.

Im Carisatt-Laden in Güstrow kommen viele Menschen zusammen. Einer der Kunden etwa ist ein ehemaliger Seemann. „Ich war Hochseefischer“, erzählt er. „Da brauche ich die Außenwelt. Mit zunehmenden Alter muss man gucken, dass man nicht einsam wird. Der Laden ist für mich eine Hilfe. Man hat einen Punkt, wo man hin kann.“

Es ist nicht nur Armut, die dieses Geschäft im Güstrower Caritas-Zentrum lindert. Aber vor allem geht es darum: Menschen, die wenig Geld zum Leben haben und staatliche Leistungen beziehen, können in Läden der Caritas, den „Carisatt-Läden“, günstig einkaufen. „Caritas“ und „satt werden“, das ist das Motto auch des Carisatt Ladens in Güstrow. Es geht dort um das leibliche Wohl der Menschen. Aber auch um die Seele. Eine andere Besucherin sagt: „Ich bin gern hier. Man hat Unterhaltung. Ich kann günstig was essen, es sind liebe Leute hier. Auch das Personal ist nett. Es gibt gute Produkte.“ Seit 2009 leitet Sybille Gis den Carisatt Laden in Güstrow in der Schweriner Straße 97. „Leute, die eine soziale Leistung beziehen, sei es Wohngeld, sei es Arbeitslosengeld oder jetzt das Bürgergeld oder Rentner mit kleinem Einkommen, die dürfen hier alle einkaufen. Sie zeigen eine Bescheinigung, dass sie Leistungen erhalten und dann bekommen sie einen Ausweis bei uns“, und können günstig einkaufen, unter anderem Lebensmittel. 

Im Carisatt-Laden bleibt kein Kunde einsam

„Wir sind wie eine kleine Kaufhalle“, erklärt Sybille Gis. „Wir haben fast alles: Lebensmittel, Wurstwaren, Waschmittel, Konserven und Süßwaren, was das Herz begehrt.“ Carisatt Läden der Caritas gibt es außer in Güstrow auch in Schwerin, Neubrandenburg, Demmin und Neumünster in Schleswig-Holstein. „Wir haben einen Warenbeschaffer, der sitzt in Schwerin“, erklärt Sybille Gis, „der hat Kontakte mit den Logistikzentren der Lebensmittel-Großhändler. Wir bekommen eine E-Mail, soundsoviel Ware können wir an einem bestimmten Ort abholen. Wir sind alle vernetzt und müssen dann die Logistik planen. Wer holt die Ware ab? Wie kommt die Ware zu uns? Weil wir die ganze Ware teilen.“ Dazu sind die zwei Fahrer auf 450-Euro-Basis jährlich mehrere 10 000 Kilometer durch Norddeutschland unterwegs. Sybille Gis und eine Kollegin sind zu je 35 Wochenstunden angestellt. „Wir sind beide evangelisch“, sagt sie, „im Haus gehören aber viele zur katholischen Kirche.“ Acht Ehrenamtliche unterstützen das Team der Carisatt in Güstrow. Dafür sind die Leiterin Sybille Gis und ihre Leute sehr dankbar.

 Im Carisatt-Laden der Caritas in Güstrow gibt es auch einen Secondhand-Kleiderladen und ein Café. „Da treffen sich die Leute“, sagt Sybille Gis, „trinken Kaffee, essen eine Bockwurst und erzählen ganz viel. Wir haben im Haus auch noch die allgemeine soziale Beratung, den Hospizdienst und den Betreuungsverein. Wir arbeiten alle eng zusammen, damit wir den Besuchern sagen können: Da bekommt ihr Hilfe! Und das funktioniert sehr gut.“ Auch die Atmosphäre im Laden und im Café wird von den Besuchern sehr geschätzt. Und unter den Stammgästen hat sich eine Art Zusammenhalt entwickelt, wie eine Kundin sagt: „Erstmal hat man hier Unterhaltung und lernt viele Menschen kennen. Im Laden kaufe ich viel ein. Man spart viel Geld. Wir fühlen uns wie eine Gruppe, wir fühlen uns wohl hier.“

An anderen Orten machen sich die Betreiber von Sozialkaufhäusern derzeit Sorgen. Die geplanten Kürzungen im Sozialhaushalt des Bundes wirken sich auch auf diese Einrichtungen aus. Die Caritas im Norden sieht allerdings für ihre Carisatt-Projekte keine Gefahr. „Momentan sieht es nicht so aus, als kämen wir in Schwierigkeiten“, sagt Caritassprecher Mathias Thees. „Gegebenenfalls müssen wir die Preise anpassen. Aber die Läden werden bleiben.“  

Hans-Joachim Kohl