Martinsempfang der Bischöfe in Rheinland-Pfalz

"Mehr Demokratie wagen!"

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Die freiheitliche Ordnung verteidigen, Verunsicherung, Hass und Hetze entgegentreten: Kirche und Politik stehen bei diesen Zielen Seite an Seite. Beim Martinsempfang in Mainz dankte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) den Kirchen und betonte, es sei an der Zeit, dass "alle an jeder Stelle" für die Demokratie einstehen. Von Ruth Lehnen


„I’m still standing“ von Elton John hat dem Martinsempfang in Mainz eine ganz besondere Note gegeben. Annika Becker, eine 17-jährige Schülerin der Maria-Ward-Schule in Landau, riss ihre Zuhörerinnen und -hörer mit, darunter viele Vertreterinnen der Politik, Menschen aus Kirche und Wirtschaft. Das Lied, so fasste es der Limburger Bischof Georg Bätzing auf, kann auch auf die Kirche angewendet werden: Auch mit ihr sei weiterhin zu rechnen.
Den Kirchen als starken Partnern hatte zuvor die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gedankt. Die Kirchen seien „Verteidigerinnen der freiheitlichen Demokratie“, sie stünden im Kampf gegen Hass und Hetze „ganz gerade“. Dreyer sagte in ihrer mit viel Applaus bedachten Rede, vielleicht hätten die Menschen in Deutschland zu lange gedacht „die Demokratie, das läuft schon.“ Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, zu der „alle an jeder Stelle“ für die Demokratie einstehen müssten.


Von links: Dieter Skala vom Katholischen Büro Mainz, Ministerpräsidentin Malu Dreyer,
Bischof Peter Kohlgraf, Finanzministerin Doris Ahnen
Foto: Ruth Lehnen

Die Ministerpräsidentin wandte sich gegen Hass und Hetze und sagte, es sei erschreckend, „mit welcher Kälte und Härte über Menschen geurteilt wird“. Man dürfe sich nicht daran gewöhnen, dass Menschen, die ein öffentliches Amt bekleiden, mit dem Tod bedroht würden.
Sie erinnerte an den Pallottinerpater Richard Henkes, dessen „Wahrhaftigkeit, Mitmenschlichkeit und Standfestigkeit“ ihn zum Vorbild mache. Henkes, der seinen Einsatz gegen die Nazis und für Typhuskranke im KZ Dachau mit dem Leben bezahlte, war im September in Limburg seliggesprochen worden.
Der am 1. Dezember startende Weg der Umkehr und Erneuerung in der katholischen Kirche („Synodaler Weg“) war das Thema der Ansprache des Speyrer Bischofs Karl-Heinz Wiesemann. Er stellte Überlegungen zum Verhältnis Kirche und Politik an. In der Kirche gehe es beim synodalen Weg auch darum, Macht zu begrenzen und zu teilen und Frauen mehr zu beteiligen. Malu Dreyer sagte dazu  als „Katholikin und ZDK-Mitglied“ (Zentralkomittee der deutschen Katholiken): „Vielleicht ist das der Beginn einer neuen Ära in der katholischen Kirche – das sollte uns nicht erschrecken!“ Sie spielte auf das Wort von Willy Brandt an und empfahl der Kirche, „ein bisschen mehr Demokratie zu wagen.“