Trauerbegleitung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Mit Kraft aus dem Glauben

Image

Nicht immer ist es der Tod von Großeltern oder anderen lieben Verwandten, Freunden oder guten Bekannten, um die Kinder trauern. Auch der Schmerz über die Trennung von Eltern lässt Kinder traurig werden. Doch viel zu oft werden Kinder mit ihrem Schmerz allein gelassen.


Alwine Röckener ist Gemeindereferentin
und pastorale Koordinatorin der Pfarreien-
gemeinschaft Maria Königin in Lingen und
St. Maria in Biene. | Fotos: Deppe

Alwine Röckener (48) ist in ihrem Leben schon oft Tod und Trauer begegnet – persönlich und in der Trauerbegleitung. „Aus ihrer Erfahrung weiß sie, dass fast bei jedem Trauerfall Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betroffen sind. „Da es für diese Gruppe aber keine eigenen Angebote zur Trauerverarbeitung bei uns gab, haben wir uns vor drei Jahren auf den Weg gemacht und uns viele Einrichtungen wie das ‚Trauerland Belm‘ angeschaut.“

Schließlich wurde in Lingen eine Trauergruppe für Kinder auf den Weg gebracht. „Vieles für diese Trauerarbeit mit den jüngsten Mitgliedern unserer Gesellschaft wusste ich bereits, doch  ich habe mich immer wieder gefragt, ob ich ihren Ansprüchen, ihren Erwartungen gerecht werde“, erinnert sich die Religionspädagogin. Und nicht immer ist Trauer die Folge eines Todesfalls. „Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist auch die Trennung der Eltern – zum Teil mit dem zeitweisen Verlust von Geschwistern, wenn eines bei Mama und eines bei Papa wohnt – ein großes Thema in der Trauerarbeit“, weiß Röckener.

Als sie vom Angebot vom Kolping Bildungs- und Sozialwerk Hildesheim für einen Kurs zur Trauerbegleitung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene hörte, meldete sie sich sofort an. „Mir war es ein Anliegen, mich noch bewusster für die Trauerarbeit mit jungen Menschen zu sensibilisieren und den Blick auf ihre ganz besonderen Bedürfnisse zu schärfen“, betont die Gemeindereferentin.

Für Alwine Röckener ist die Trauerarbeit eine der originärsten Aufgaben der Kirche. „Nicht umsonst gehört im weitesten Sinne auch das Trösten der Trauernden zu den Werken der Barmherzigkeit. Und trotz der aktuellen harschen Kritik an der Kirche beim Thema Missbrauch, ist die Trauerarbeit ein Thema, wo uns als Kirche viel zugetraut wird. Aber auch außerhalb der Kirche gibt es Gruppen bürgerlichen Engagements, die sich dieses Themas kompetent annehmen.“

Für mich ist das ein Herzensthema

Wenn es um Sterben, Tod und Trauer geht, hält die Kirche viele Rituale  bereit – von der Krankensalbung als Sakrament der Stärkung angefangen, über die Verabschiedung des Toten in der Messfeier und dem Begräbnis mit seinen vielfältigen Zeichen des Trostes, des Zuspuch Gottes, bis hin zu den Wochenämtern und Jahresämtern. „Das sind alles wichtige Schritte der Trauerverarbeitung. Die Kirche versucht – wie gerade vor kurzem am Fest Allerseelen mit dem Friedhofsbesuch – die Verstorbenen immer wieder in Erinnerung zu bringen, sie nicht zu vergessen“, sagt Röckener.
 


Sie haben den ersten „Qualifizierungskurs zur Trauer-
begleitung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene“
vom Kolping Bildungs- und Sozialwerk Hildesheim
erfolgreich abgeschlossen. Über ein Jahr haben sie sich
zusammen mit ihren Referentinnen intensiv vorbereitet:
(von links) hintere Reihe: Inga Hombert (Referentin),
Alwine Röckener, Ernst Korff, Thomas Kaewert, Katharina
Hohmann, Vordere Reihe: Angelika Köhler, Tanja Quenzer,
Barbara Pätzold, Christina Gburek (Referentin).

„Ganz wichtig sind Rituale besonders auch in der Trauerarbeit mit Kindern. Sie können Hilfe und Stütze sein, dürfen aber nicht zum zu engen Korsett werden. Es ist gut, zu wissen, dass ich mit meiner Trauer, meinen Sorgen und Ängsten, meiner Not und Ohnmacht, aber auch mit meiner Wut zu Gott kommen und ihm das alles auch vor die Füße werfen kann“, findet Alwine Röckener und weiß, wovon sie spricht. „Ich habe selbst zwei Kinder während der Schwangerschaft verloren. Das war hart und es gab kaum kompetente Begleitung“, erinnert sie sich.

Als dann die Bitte an sie herangetragen wurde, einen Frühverstorbenen Gottesdienst zu halten, war ihr erster Gedanke: „Das könnt ihr doch nicht von mir erwarten.“ Doch statt abzulehnen, stellte sich die Gemeindereferentin dieser Herausforderung. „Gerade aufgrund meiner eigenen Geschichte, konnte ich nicht nein sagen. Es ist eindeutig mein Herzensthema.“

Inzwischen sind dieser Gottesdienst für „Frühverstorbene Kinder“ fest etabliert. „Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Dezember feiern wir ihn am bundesweiten Gedenktag. Darüber hinaus wird in unseren Kirchen nicht nur an die Täuflinge erinnert, sondern mit jeweils einem kleinen Holzkreuz auch an die Verstorbenen.“

Den Schmerz einfach mit aushalten

Alwine Röckener arbeitet als Seelsorgerin eng mit Hospizvereinen und der Palliativversorgung zusammen. Immer wieder wird sie mit dem Sterben, dem Leid und der Trauer von Angehörigen  konfrontiert. „Trauerbegleitung geht oft auch sprachlos. Dasitzen, den Schmerz mitaushalten, mitweinen oder stellvertretend beten.“ Auch das kann trösten, kann helfen, die nächsten Schritte vielleicht ein bisschen leichter zu gehen.

Doch Trauerarbeit braucht auch eigene Kraft. „Man erfährt viel Leid, Schmerz, Ängste und Wut. Als Trauerbegleiterin muss man damit fertig werden, will andere stützen und wieder aufrichten. Meine Kraftquelle, aus der ich schöpfen kann ist mein Glaube. Er gibt mir für diese Arbeit die Kraft, die ich brauche, um sie auch an andere weitergeben zu können“, sagt Röckener.

Edmund Deppe