Jorge Mercado Acosta und Milany Dürolf-Dela Hoz aus Mainz sind Madonnensammler

Mit Maria zum Weltrekord

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Hunderte Madonnen nennen Jorge Mercado Acosta und Milany Dürolf-Dela Hoz aus Mainz ihr eigen. Das Paar aus der spanischsprachigen Gemeinde spricht über seine Sammelleidenschaft und die Beziehung zur Gottesmutter. Von Theresa Breinlich



Jorge Mercado und Milany Dürolf-Dela Hoz in ihrer Wohnung in Mainz. 678 Madonnen haben sie bereits, in drei bis vier Jahren wollen sie es schaffen, auf 1000 zu kommen.


Sie sind verrückt. Das sagen sie selbst von sich. Jorge Mercado Acosta und Milany Dürolf-Dela Hoz lieben einfach Maria. Mehr sei nicht dabei. Deshalb haben sie in der Mainzer Innenstadt. Marienbilder und Marienstatuen finden sich an allen Wänden, in allen Ecken, auf Fensterbänken, Kommoden und Regalen, über dem Bett, über dem Sofa, über dem Herd, über Schränken, hinter der Eingangstür, vor der Eingangstür, auf dem Balkon. Es sind dezente Drucke mit stoischen Gesichtern, goldene Ikonen und mit Acrylfarben gemalte knallfarbige Bilder mit immer lächelnden Mimiken, manche sind mehr als 100 Jahre alt, manche zehn.

„Ich weiß, dass Jesus die Nummer eins ist“

Aus allen Richtungen schaut Maria mit Krone, Maria mit Vögeln, Maria als Himmelsherrscherin, Maria als fürsorgliche Mutter mit Kind aus Plastik, Maria mit Engeln, Hummel-Marien aus Porzellan und Maria in Betlehem aus Olivenholz. Dürolf-Dela Hoz weiß genau, das ist Maria die Knotenlöserin, das ist Maria der unbefleckten Empfängnis, das die Schönstatt Madonna, das Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz von Chiquinquirá aus Kolumbien. Der Pfarrer der spanischsprachigen Gemeinde hat ihre Wohnung gesegnet. Das war dem Paar wichtig. Sie verehren Maria. Doch sie haben jetzt auch ein weltliches Ziel im Blick. Sie wollen einen Weltrekord aufstellen. Acosta hat bereits mit Guinness telefoniert. 1000 Madonnen müssen sie aufweisen, um in die Liste aufgenommen zu werden. Sie rechnen damit, dass sie noch drei bis vier Jahre brauchen, bis sie das schaffen.
„Maria hat mir im Leben immer geholfen. Meine Mutter hat auch sehr auf Maria vertraut“, erzählt die Kolumbianerin. Sie sei als Kind sehr krank gewesen. Sie und ihre Mutter hätten viel gebetet, immer zur Madonna gebetet. Ihre Probleme seien verschwunden. Auch ihre erwachsene Tochter sei vor einigen Jahren schwer erkrankt. Heute sei sie wieder gesund. „Natürlich weiß ich, dass Jesus die Nummer eins ist. Aber vielleicht redet Maria mit ihm wie eine Mutter mit ihrem Sohn“, meint die 68-Jährige, die als Altenpflegeassistentin arbeitet. Als sie vor 22 Jahren nach Mainz kam, vermisste sie Maria in ihrer Wohnung. Also kaufte sie sich in einem Geschäft in der Nähe des Doms ihr erstes Marienbildnis in Deutschland. Es kamen weitere dazu. Noch bevor sie ins Bad geht, zündet sie jeden Morgen vor einer Gruppe Marienstatuen auf einer Kommode eine Kerze an und bedankt sich für einen neuen Tag. Mehrmals im Jahr fährt sie nach Schönstatt, mal alleine, mal mit anderen Gemeindemitgliedern der spanischsprachigen Gemeinde in Mainz. Das eher moderne Bild von Maria über dem Sofa, die überirdisch zwischen den Sternen im All schwebt und das Jesus-Baby wie eine Mutter auf dem Arm hält, gefällt ihr besonders gut. Das Kind schaut zu ihr.
Vor zehn Jahren als Acosta zu ihr zog, sei es richtig verrückt geworden, erzählt Milany Dürolf Dela Hoz. Sie sind seit elf Jahren ein Paar. Ihre Familien leben in der ganzen Welt verstreut. Für Lateinamerikaner sei es nicht einfach, ein Arbeitsvisum für Deutschland zu bekommen. „Meine Tochter sagt immer, mit Jorge hast du ein Sammel-Monster geschaffen“, erzählt die Kolumbianerin und lacht. Der Puerto Ricaner zuckt die Achseln und gibt zurück: „Ich finde sie einfach sehr schön. Schau mal, wie schön sie ist.“ Er nimmt ein Bild von der Wand, dreht es um und sagt stolz: „Mit Zertifikat. Es war eine limitierte Auflage. Es ist 60 Jahre alt. Ich habe nur fünf Euro dafür bezahlt.“ Er greift nach einer weiteren Darstellung und zeigt auf einen Datumsaufkleber. Es ist aus dem Jahr 1897 und ein Schatz für den 57-Jährigen, der seit 37 Jahren in Deutschland lebt.

„Die Leute glauben nicht“

Jedes Wochenende suchen sie nach Flohmärkten in der Region. „Ich handle immer mit den Leuten. Das kann ich gut. Ich nenne einen hohen Preis, die sagen, das ist zu wenig und wir einigen uns auf die Mitte. Mehr als 35 Euro haben wir noch nie bezahlt“, erklärt der LKW-Fahrer und fügt hinzu: „Die Leute glauben nicht. Für sie haben die Madonnen keine Bedeutung. Oft wird der Besitz nach Hausauflösungen von älteren Leuten, die gestorben sind, verkauft. Wenn ich mal nichts finde, werde ich sehr traurig.“ Er wendet nach einer Einkaufsjagd viel Zeit auf, um jedes Sammlerstück digital auf seinem Computer zu erfassen, zu sortieren und zu zählen. In sozialen Medien lässt er seine Freunde an seinem Erfolg teilhaben. Viele Darstellungen sind Geschenke, viele aus Lateinamerika. Manche Schenker sind bereits gestorben. Diese Madonnen sind Erinnerungen an all die Menschen.

Von Theresa Breinlich