Interview mit Abt Beda Maria Sonnenberg

Mit Umwelthemen zum Glauben finden

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Ende 2021 hat die Abtei Plankstetten mit dem Bistum Eichstätt ein Zentrum für Schöpfungsspiritualität gegründet. Es ist nicht als Haus, sondern als Fortbildungs- und Beratungsprogramm konzipiert. Ziel ist, Kirchenmitarbeitern wie Gläubigen ökologische Fragestellungen als Thema der Verkündigung nahezubringen. Zudem sollen kirchenferne Menschen an den Glauben herangeführt werden. Wie, das erklärt Abt Beda Maria Sonnenberg im Interview.

Foto: kna/CHristopher Beschnitt
Die Natur lehrt ihn Demut und Achtung: Abt Beda Maria Sonnenberg vom Kloster Plankstetten möchte kirchenferne Menschen mit Umweltthemen für den Glauben gewinnen. Foto: kna/Christopher Beschnitt


Abt Beda, Ihr Zentrum bietet Vogelstimmenkurse an, Walderlebnistouren und eine Wildkräuterausbildung. Graben Sie jetzt Umweltvereinen die Kundschaft ab?
Nein, denn wir machen damit nichts Neues. Als Christen sind wir seit jeher der Natur verbunden, die wir als Schöpfung Gottes sehen. Insofern sind wir selbst ein "Umweltverein". Wobei ich lieber von Mit- als von Umwelt spreche, weil wir Menschen ja nicht losgelöst von der Gesellschaft, Tieren, Pflanzen und all den ökologischen Verbindungen sind - auch wenn wir uns leider oft so verhalten. An dieser Stelle setzt unser Zentrum an: Es soll unter anderem Wissen über die Schöpfung und deren Abläufe und auch deren praktische Bedeutung vermitteln. Denn nur das, was durch Wissen und Erfahrung abgedeckt ist, kann geschätzt und geschützt werden.


Wie gehen Sie an dieser Stelle mit der Bibel um, in der es heißt, der Mensch solle sich die Erde untertan machen?
Ja, wir Menschen sind laut Bibel von Gott als Statthalter über die Welt eingesetzt. Aber gibt uns das das Recht, die Schöpfung auszubeuten und zu zerstören? Wir dürfen nicht vergessen, dass Gott unser Herrscher bleibt und die Schöpfung sein Eigentum ist. Wir haben die Schöpfung nur von ihm geborgt. Wir sollen also in Gottes Sinn über die Schöpfung herrschen: So wie sich Gott um uns sorgt, so sollen auch wir mit der uns zur Verwaltung anvertrauten Schöpfung umgehen. Zum Megathema unserer Gegenwart - den zentralen Fragen nach Klima, Artenvielfalt, Flächennutzung - hat Kirche mithin ganz, ganz viel zu sagen.


Nun wollen Sie mit Ihrer Botschaft auch glaubensferne Menschen ansprechen. Wie?
Die Veranstaltungen werden zwar teils von externen Experten geleitet, der Vogelstimmenkurs etwa von einem Ornithologen. Aber alles läuft unter unserem Klosterlabel. Die Teilnehmer erleben die ökologische Ausrichtung der Abtei; künftig sollen alle Termine mit einem Grundsatzreferat zum Thema Gott und Schöpfung starten. Auch der, der sich erst mal nur für den Eisvogel interessiert, kommt also mit Kirche in Kontakt. Und lernt bestenfalls, dass sich die eigenen Anliegen auch mit denen des Christen überschneiden, was die Haltung gegenüber der Natur betrifft. Daraus kann sich ja einiges entwickeln. Leider verschenkt die Kirche auf diesem Feld momentan viel Potenzial.


Wie meinen Sie das?
Die katholische Kirche ist eine globale Institution. Allein deshalb ist sie herausgefordert, die globale Herausforderung - die Öko-Frage - federführend anzugehen. Unser Papst Franziskus fordert dazu auch immer wieder auf. Es hapert aber noch an der praktischen Umsetzung in vielen Bereichen. Die Kirche könnte mit dem Einsatz für die Schöpfung auch wieder Vorbild werden; sie hat ja durch die jüngsten Skandale arg gelitten. Freilich müsste sie dazu selbst verstärkt umweltfreundlich agieren. Kirche hat zum Beispiel so viel Land, das man ökologisch nützen könnte.


Was entgegnen Sie Kritikern, die sagen, Bio-Produkte seien nur etwas für Besserverdiener?
Es ist richtig, dass etwa ein Stück Bio-Fleisch in Europa mehr kostet als ein konventionell erzeugtes. Aber wenn ich die Schöpfung achte, schaue ich darauf, ob das Tier, von dem es stammt, gut gelebt hat. Lieber esse ich dann alle zwei Wochen teureres und besseres Fleisch. Die ökologische Frage zielt auf unseren anspruchsvollen Lebensstil ab. Wir müssen akzeptieren, dass ihm Grenzen gesetzt sind: die des natürlichen Wachstums. Und wir sollten wieder lernen, Askese als etwas Gutes zu sehen. Das ist ein Beitrag zum Erhalt der Welt, ein Weg, der uns den Alltag vielleicht etwas karger erscheinen lässt, aber dafür außer der Reihe besonderen Genuss verschafft.


Wenn Sie selbst nun in den Wald gehen, dem Gezwitscher lauschen - was lehrt Sie die Natur?
Demut und Achtung. Demut davor, wie alles miteinander verwoben ist. Im Boden arbeiten Pilze mit den Wurzeln der Bäume zusammen, sie versorgen einander mit lebensnotwendigen Stoffen. Oben im Gezweig nistet der Eichelhäher, der im Herbst die Samen der Bäume versteckt und sie so verbreitet. Für mich ist unvorstellbar, dass dieses fein abgestimmte System Zufall und nicht Gottes Schöpfung sein soll. Daher muss der christliche Einsatz für den Lebensschutz nicht nur dem Menschen gelten, sondern der ganzen Erde, mit all ihren Kreaturen und Lebensräumen. Ohne Kosmos könnte der Mensch im Übrigen gar nicht existieren, dann wäre jeder Lebensschutz obsolet.


Achtung sagten Sie noch.
Ja, Achtung vor der Bandbreite der Schöpfung, vor allem, was anders erscheint als ich. Die Natur ist voll von ganz verschiedenen Farben, Formen, Verhaltensweisen ... Es gibt eigentlich nichts, das es nicht gibt. All das hat für uns Christen der Schöpfer genau so gewollt. Diese Sicht hilft mir auch bei Kirchendebatten: Könnte diese Betrachtungsweise nicht auch auf sexuelle Veranlagung angewandt werden?

kna