Wie es mit dem Orden in Thuine begann
Mit Weitsicht und viel Geschick
Foto: Petra Diek-Münchow
„Den Stein haben wir grad erst renovieren lassen“, sagt Katharina Jörling und stellt eine brennende Leuchte vor das Grabmal von Pfarrer Gerhard Dall, direkt neben der katholischen Kirche im emsländischen Thuine. Bis zu seinem Tod vor 150 Jahren hat er hier als Priester gearbeitet, 63 Jahre lang – und er hat die Ordensschwestern in die Gemeinde geholt. „Dass das Kloster hier in Thuine, dass Schulen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen der Franziskanerinnen weltweit existieren, haben wir ihm zu verdanken“, sagt Dietmar Schöneich. Der Pfarrer gehört mit Katharina Jörling, Claudia Schröder, Annelene Schmees und Ann-Kathrin Schröder zu einem Arbeitskreis, der zum Gedenken an Dalls Todestag mehrere Veranstaltungen organisiert.
Auch die Thuiner Franziskanerin Schwester Bernarde Uphaus zählt dazu und hat deshalb noch einmal die Geschichte ihres Ordens erforscht. „Am Anfang stand ein Brief“, erzählt sie. Den hatte Dall im März 1857 an die Oberin der Kreuzschwestern in Straßburg geschickt. Er bat darin um Hilfe für die an Typhus erkrankten Menschen seines Dorfes und um Betreuung für Waisenkinder. „Er war schon über 70 Jahre alt, als er das geschrieben hat und wollte trotzdem diesen neuen Weg gehen, weil er die Not gesehen hat.“ Wenige Wochen später kamen Schwester Anselma und Schwester Marianne in Thuine an.
„Die Zeichen der Zeit erkannt“
Und sie blieben – trennten sich von Straßburg und gründeten eine neue Gemeinschaft: die Kongregation der Franziskanerinnen zu Thuine. „Das war sicher ein großer Gewissenskonflikt, aber sie wollten die Leute hier einfach nicht im Stich lassen“, sagt Schwester Bernarde. „Und Pfarrer Dall hat das alles ganz stark begleitet. Er hat die Zeichen der Zeit erkannt – mit viel Weitsicht, einem klaren Kopf und großer Offenheit. Er war im Grunde ein topmoderner Mensch.“
Daraus geworden ist ein Orden, der heute weltweit im Einsatz ist. 863 Schwestern zählt er derzeit: 300 in Deutschland, 293 in Indonesien, 110 in den USA, 100 in Japan und weitere in den Niederlanden und Brasilien. Und sie sind in genau den Bereichen aktiv, in denen schon die ersten Schwestern unterwegs waren: Pflege, Bildung, Gemeindearbeit. „Dass wir diesen Ursprung behalten haben, finde ich sehr schön“, sagt Bernarde Uphaus.
Bei diesen Worten nickt Ann-Kathrin Schröder, die vor kurzem ihr Fachabitur an den Berufsbildenden Schulen in Thuine abgelegt hat, eine Einrichtung der Franziskanerinnen. „Ich wäre nicht da, wo ich heute bin, wenn Pfarrer Dall nicht gewesen wäre“, sagt sie. Mit anderen Schülerinnen und Schülern hat sie eine Plakatreihe zu seinem 150. Todestag erstellt, die von dem Wirken des Priesters erzählt und sich dafür bedanken will. „Aufmerksam. Hochherzig. Umsichtig. Fest entschlossen“: So skizzieren die jungen Leute den Seelsorger.
Aber Ann-Kathrin Schröder hebt auch auf das Vermächtnis ab, das Dall mit seinem Eintreten für die Franziskanerinnen hinterlassen hat. „Weil er diesen Schritt mit gegangen ist, ist etwas Großes daraus geworden.“ Sie erzählt von der Atmosphäre und der wertschätzenden Haltung an der Schule. „Ich bin immer unterstützt und gefördert worden. Das hat mein Leben geprägt.“
Ähnliches gilt für viele Familien in Thuine und in den anderen Gemeinden der Pfarreiengemeinschaft. „Ohne Pfarrer Dall, ohne das Kloster – was wäre da Thuine wohl heute? Das ist ein wahrer Schatz für uns“, sagt Schöneich.
Das Programm: Am 12. Juli beginnt um 20 Uhr in der Thuiner Klosterkirche eine kirchenmusikalische Andacht, am 13. Juli um 16.30 Uhr am Kloster ein Stationengottesdienst und am 5. September im Pastor-Dall-Haus um 19.45 Uhr ein Gesprächsabend.