Gedankenaustausch zwischen Landesbischof Meister und Bischof Dr. Heiner Wilmer

Nächstenliebe als gemeinsamer Auftrag

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Der Reformationstag (31. Oktober) ist in diesem Jahr zum ersten Mal ein gesetzlicher Feiertag, ein Gedenktag. Aus diesem Anlass haben sich der hannoversche Landesbischof Ralf Meister und der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer zum Gedankenaustausch getroffen.


Landesbischof Ralf Meister (links) und Bischof Heiner Wilmer (rechts) beim Gedankenaustausch anlässlich des Reformationstages. | Foto: epd

Die evangelischen und katholischen Kirchen müssen sich nach Ansicht des hannoverschen Landesbischofs Ralf Meister und des Hildesheimer Bischofs Heiner Wilmer gemeinsam für Toleranz und Nächstenliebe engagieren. Es sei ein Gebot des Evangeliums, gegen Menschenverachtung, Ausgrenzung und Rassismus vorzugehen, sagten die Theologen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des Reformationstages am 31. Oktober.

„Wir müssen uns zum radikalen Anwalt einer Menschlichkeit ohne Vorbedingungen machen“, unterstrich Wilmer. Der Bischof des Bistums Hildesheim, der erst seit wenigen Wochen im Amt ist, fügte hinzu: „Würden wir nicht unser biblisches Erbe verraten, wenn wir uns Flüchtlingen und Migranten nicht gleichermaßen öffneten? Die Botschaft Jesu ist eine Botschaft der offenen Arme.“

Über Zukunftsfragen nachdenken

Auch der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, Meister, plädierte dafür, bereits bestehende Aktionen gegen Fremdenhass aktiv zu unterstützen. Daneben brauche es kirchliche Feiertage wie den Reformationstag, um gemeinsam über drängende Zukunftsfragen wie Gerechtigkeit und Umwelt nachzudenken: „Zu vielen Menschen fehlt im Moment die Hoffnung, positiv in die Zukunft zu schauen. Manche verharren in einer Nostalgieversessenheit, die sie dann mit Begriffen wie Nationalstolz füllen wollen.“

Mitsuchende auf dem Pilgerweg des Lebens

Wilmer betonte, dass sich die Rolle der Kirchen verändert habe. „Früher sind wir auf die Menschen von vorne zugegangen, sozusagen ‚Face to Face‘, heute lautet das Motto ‚Side by Side‘. Wir sind Mitsuchende auf dem Pilgerweg des Lebens.“

Mit Blick auf den Reformationstag, der in diesem Jahr erstmals gesetzlicher Feiertag in Norddeutschland ist, sprachen sich beide Theologen für ein klares Bekenntnis zur Ökumene aus. Die gegenseitigen Verletzungen der vergangenen Jahrhunderte dürften dabei jedoch nicht ausgeklammert werden. Protestanten in aller Welt erinnern am 31. Oktober an den Beginn der Reformation durch Martin Luther (1483-1546) und die Entstehung der evangelischen Kirchen vor rund 500 Jahren.

Meister sagte, der Tag, der ursprünglich einmal ein massiver Streitpunkt zwischen beiden Kirchen gewesen sei, könne heute ihre besondere Verbindung deutlich machen: „Wenn uns dies zum Beispiel mit guten, glaubwürdigen und inspirierenden Predigten gelingt, kann der Reformationstag zu einem symbolischen Zeichen für den versöhnenden Auftrag beider Kirchen werden.“

Wilmer, der am Reformationstag im evangelischen Braunschweiger Dom predigen wird, betonte ebenfalls das Verbindende beider Konfessionen. „Wir glauben nicht unterschiedlich, sondern gemeinsam. Wir müssen gemeinsam nach vorne gehen und gemeinsam handeln.“ Jesus habe gesagt „Ich will, dass ihr alle eins seid“.

Zu der in der katholischen Kirche umstrittenen Frage eines gemeinsamen Abendmahles für Ehepaare verschiedener Konfessionen sagte der katholische Bischof: „Die Eucharistiefeier ist ein Herzstück des Glaubens.“ Er setze voraus, dass sich jeder Christ, der zur Kommunion gehe, dieser Bedeutung bewusst sei: „Deshalb würde ich auf keinen Fall jemanden abweisen. Das habe ich auch noch nie getan.“

Ökumenischer Alltag ist oft selbstverständlich

Meister sagte, wenn es irgendwann ein gemeinsames Abendmahl für alle Katholiken und Protestanten gäbe, wäre dies eine große Freude. Der Fokus dürfe aber nicht zu sehr auf die trennenden Fragen wie zum Beispiel die Eucharistie ausgerichtet sein. „Ich wünsche mir ein starkes kirchliches Leben und Wirken in unserer Gesellschaft bei dem wir gar nicht mehr unterscheiden können, welche Konfession das verantwortet.“ Schon jetzt gehörten in vielen Kirchengemeinden Begegnungen, gemeinsame Stellungnahmen und Gesten des Miteinanders  zum ökumenischen Alltag.

Ulrike Millhahn und Charlotte Morgenthal