Einen Lesekreis gründen

Neue Bücher und frische Gedanken

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Lesekreis
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Wie findest Du das? Im Lesekreis kann man sich mit den anderen über ein Buch austauschen. 

Lesen macht einsam? Stimmt nicht! Wer Mitglied in einem Lesekreis ist, hat Gelegenheit, sich über die Bücher zu unterhalten. Auch eine Kirchengemeinde kann einen Lesekreis veranstalten, zum Beispiel als ökumenisches Angebot. 

Wie kommt man auf die Idee, einen Buchclub oder Lesekreis zu gründen? Gemeindereferent Stefan Schulte sagt: „Ich lese sehr gern und viel. Ich hatte Lust, über die Literatur zu sprechen und andere Meinungen zu hören. Und gleichzeitig suchte ich nach Anknüpfungspunkten, um erwachsenen Menschen der Pfarrei inhaltliche und auch religiöse Gespräche zu ermöglichen. Wo können Erwachsene sich über Glaube, Kirche und persönliche Themen austauschen? Da dachte ich, dass es vielleicht noch andere gibt, die gern lesen und ebenfalls Lust haben, sich auszutauschen.“
Buchhändlerin Ina Winkler liegen ihre Lesekreise sehr am Herzen. „Sie sind Teil meiner Arbeit und geben mir viel Kraft“, sagt sie. Manuela Walter hat einen Wohnzimmerlesekreis gegründet, in dem Literaturfreunde aus unterschiedlichen beruflichen Welten gemeinsam über Bücher sprechen.

Gemeinschaft erfahren
Wenn Buchhändlerin Winkler die Wirkung eines Lesekreises beschreibt, nennt sie das „aus der Einsamkeit des Lesens hinaus in die Gemeinschaft gehen“. Ina Winkler findet die Verbindung zwischen den allein lesenden Menschen, die sich als Gruppe zusammentun und gemeinsam über Texte und Themen diskutieren, großartig. Die Buchhändlerin der katholischen Buchhandlung Michaelsbund (München) betreut mit Leidenschaft die Gruppe „Bücher und Kekse“ – ein Lesekreis für Kinder und Jugendliche. Da die Nachfrage so groß war, gibt es mittlerweile zwei Lesekreise mit jeweils fünfzehn Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Auch einen Lesekreis für Erwachsene hat die Buchhandlung Lesetraum Sankt Michaelsbund in München im vergangenen November ins Leben gerufen.
Gemeindereferent Stefan Schulte aus der Pfarrei St. Joseph Osnabrück hat im Herbst 2021 einen ökumenischen Buchclub initiiert, gemeinsam mit der evangelischen Petrusgemeinde. Er findet, in der heutigen Zeit solle man möglichst viel ökumenisch gestalten. Treffpunkt ist immer in einem Pfarrheim im Stadtteil Lüstringen. An einem privaten Lesekreis nimmt Manuela Walter teil: Sie trifft sich mit fünf Freundinnen, jeweils im Wohnzimmer mal bei der einen, mal bei der anderen.

Was wird gelesen?
Bei Manuela Walter und ihren Freundinnen ist es so, dass jede ein Buch vorstellt, das sie gelesen hat. Buchvorstellungen inspirieren dann manchmal die anderen; es werden auch Bücher innerhalb der Gruppe bei Interesse verliehen.
Ina Winklers Lesekreis legt im Vorfeld fest, über welchen Roman, welches Buch als Nächstes gesprochen werden soll, und das handhabt Gemeindereferent Stefan Schulte genauso. Am Ende jedes Treffens wird überlegt, was als Nächstes gelesen wird. „Wir lesen eigentlich querbeet“, sagt Schulte über die Auswahl. „Bisher haben wir mehrere Bücher über Kirchenentwicklung und Kirchenvisionen gelesen. Einige aktuelle Romane und religiöse Literatur. Zurzeit halten wir Ausschau nach einer guten Biografie.“ Derzeit lesen sie „Zur See“ von Dörte Hansen. Stefan Schulte berichtet, dass manche Teilnehmer auch nur dann zu einem Treffen kommen, wenn ein Buch besprochen wird, das sie besonders interessiert.

Diskussionen erwünscht
Am besten seien die Treffen, bei denen die Ersten in den Raum kommen und sagen: „Was für ein tolles Buch!“ Und dann die Nächsten auftauchen mit Kritik im Gepäck. „Dann wird es ein spannender Abend“, sagt Stefan Schulte. „Die einen reden mehr, die anderen weniger, aber alle bringen sich ein“, sagt er. Das findet er schön. 
Für Ina Winkler werden die Zusammenkünfte besonders interessant, wenn sie Bücher lesen, die eine große emotionale Wucht entfalten. Das Eintauchen in ein Thema und das Einnehmen einer anderen Perspektive reizt Ina Winkler am Lesen und darüber zu diskutieren sehr.  Den Erfahrungsaustausch und dass eine Gruppe zusammenwächst, in der alle das Hobby Lesen haben, schätzt Ina Winkler besonders. Ähnlich sieht es auch Manuela Walter. Das Kennenlernen von unterschiedlichen Ansichten über Bücher, die einige gelesen haben, findet sie interessant. „Außerdem freue ich mich, dass wir eine gute Zeit miteinander verbringen und uns über Literatur und auch kulturelle und politische Themen austauschen können“, sagt Manuela Walter.

Woher Ideen nehmen?
Woher kommen die Ideen, welches Buch als nächstes gelesen werden könnte? Die Münchner Buchhändlerin Ina Winkler wird von den Verlagen regelmäßig über Neuerscheinungen informiert. „Manchmal schauen wir beim Borromäusverein im Internet nach den ‚Büchern des Monats‘ und lassen uns inspirieren“, berichtet Stefan Schulte. Oder es werden Bücher aus den Empfehlungslisten der Stadtbibliothek ausgewählt. Darüberhinaus gibt es im Internet auch zahlreiche Buchblogs. Die Branchenzeitung „Börsenblatt“ berichtet regelmäßig über gute Literatur-Blogs. Oder man kann kostenlos einen Newsletter abonnieren. Ein Beispiel ist der Newsletter der Wochenzeitung „Die Zeit“ mit dem Titel „Was wie lesen“.

 

Zur Sache: Lesekreis gründen

Wer selbst einen Lesekreis gründen möchte, sollte im Vorfeld Folgendes klären:

  • Wie oft soll sich der Kreis treffen? Alle sechs Wochen? Alle drei Monate?
  • Über welches Buch wollen wir sprechen? Wer trifft die Auswahl?
  • In welchem Raum können wir uns treffen (Pfarrheim, Kindergarten, Bücherei, bei jemandem zu Hause)?
  • Ist der Kreis offen für alle? Wie erreiche ich Vielfalt ? 
  • Wer moderiert den Austausch über ein Buch? Lassen wir in Debatten alle Meinungen zu? 
  • Wie bewerbe ich das Angebot (Aushang, Pfarrbrief, Tageszeitung, Homepage der Pfarrei,  facebook, Instagram)?
  • Soll es Getränke und Knabbereien geben? Wer besorgt sie, wer bezahlt sie? Oder ist das sogar Teil des Angebots wie beim Lesekreis für Kinder von Buchhändlerin Ina Winkler, Motto: „Bücher und Kekse“.
Andrea Kolhoff