Vermögens- und Immobilienreform
Neue Nutzung nötig

Foto: Matthias Schatz
Der 1965 fertiggestellt Bau ist eine der ersten Kirchen in Norddeutschland, die nach den Maßgaben des II. Vatikanischen Konzils entworfen wurden.
Die Gemeinde Heilig Kreuz sammelt Ideen für eine weitere Nutzung ihrer Immobilien, um Geld für den Erhalt des Kirchenstandorts zu generieren.
„Wir müssen den Standort lebendiger machen“, sagt Bernd Steinmetz vom Orga-Team der Gemeinde Heilig Kreuz im Hamburger Stadtteil Volksdorf. „Lebendiger machen“ bedeutet auch und vor allem, die Kirche stärker für die Allgemeinheit zu öffnen, um so Geld zur Finanzierung des Kirchenstandorts zu generieren. Denn der steht infolge der Vermögens- und Immobilienreform des Erzbistums auf der Kippe. "Wir möchten, dass auch weiterhin Gottesdienste dort gefeiert werden können", betont Steinmetz. Ideen sammeln er und seine Mitstreiter bei einem Workshop am 26. April ab 10 Uhr im Gemeindezentrum (Farmsener Landstraße 181). Eingeladen sind nicht nur Gemeindemitglieder und Katholiken, sondern alle, denen der Bau und die Entwicklung Volksdorfs am Herzen liegen.
Dem Reformkonzept der Pfarrei Seliger Johannes Prassek, zu der Heilig Kreuz zählt, hat Erzbischof Stefan Heße nur unter erheblichen Auflagen zugestimmt. Bis 2030 muss entschieden werden, welche der fünf Kirchen Primärimmobilien bleiben und somit aus Mitteln der Kirchensteuer erhalten werden. Mit anderen Worten: Bis 2030 sollte die Gemeinde möglichst ein eigenes tragfähiges Konzept umgesetzt haben, durch das der Kirchenstandort finanziert wird.
Hinzu kommt: Bis dahin muss die Pfarrei gut 40 Prozent oder rund 265 000 Euro jährlich von den Mitteln aus der Kirchensteuer auf einem Sperrkonto für Instandsetzungen zurückgelegen. Eine Auflage Heßes ist denn auch, die Instandsetzung des Gotteshauses "mit Blick auf die Gesamtsanierung der Kirche wirtschaftlich zu prüfen". Insbesondere der Sichtbeton des Baus ist mancherorts stark angegriffen und sanierungsbedürftig.
Der Vorsitzende des Kirchenvorstands Uwe Marheinecke geht in einem Schreiben, das auch in dem Informationsblatt "Miteinander" der Pfarrei abgedruckt ist, davon aus, dass sich sein Gremium "erneut mit der Zukunft unserer Standorte beschäftigen" muss. Es stehe dabei schon jetzt fest, dass die Pfarrei aus Kirchensteuermitteln nicht alle fünf Standorte halten könne.
Die Gemeinde Heilig Kreuz hat im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden so gut wie keine Wohnimmobilien, über die Einnahmen erzielt werden. Zudem sind gegenwärtig ihre Strom- und Heizkosten relativ hoch. Ein großer Pluspunkt aber mag sein, dass sie eine der sehr wenigen katholischen Kirchen in Hamburg, ja überhaupt in Norddeutschland ist, die in einem Ortskern errichtet wurden. Sie steht direkt gegenüber vom Volksdorfer Wochenmarkt und U-Bahnhof. Im Gespräch ist daher unter anderem, die Kirche vermehrt für öffentliche Veranstaltungen wie Konzerte zu vermieten und dort ein Begegnungszentrum mit Café einzurichten. Und es soll laut Steinmetz ein Förderverein für die Gemeinde gegründet werden, der sich um Spenden kümmert.
Die Kirche steht unter Denkmalschutz, der Bau kann also nicht einfach abgerissen werden, sofern kein tragfähiges Konzept bis 2030 etabliert ist. Das Gotteshaus wurde bis 1965 nach Plänen errichtet, an denen die Architekten Walter Bunsmann und Paul-Gerhard Scharf maßgeblich beteiligt waren, die auch die Katholische Akademie in Hamburg entwarfen. Überdies ist Heilig Kreuz die erste Kirche, die in Norddeutschland nach Maßgaben des II. Vatikanischen Konzils konzipiert wurde. So befindet sich beispielsweise der Taufstein samt Sitzgruppe genau in der Mitte des Kirchenschiffs. Besonders ist auch die Dachkonstruktion, die wie eine Zeltplane über Backsteinmauern gespannt zu sein scheint. Der Kirchenstandort ist bedeutsam, weil der selig gesprochene Johannes Prassek, einer der 1943 von den Nationalsozialisten ermordeten Lübecker Märtyrer, im Vorgängerbau an gleicher Stelle seine Primiz feierte.
CDU-Schatzmeisterin Franziska Hoppermann und Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hoffen auf Lösung
Rückenwind kommt für Steinmetz und das Orga-Team derweil aus der Politik. Die neue CDU-Schatzmeisterin und Bundestagsabgeordnete des dortigen Wahlkreises Wandsbek, Franziska Hoppermann, sagte der Neuen Kirchenzeitung: "In Zeiten sinkender Mitgliederzahlen sind viele Kirchenstandorte unter Druck. Aber die gesellschaftlichen Entwicklungen zeigen auch, dass es die Kirchen und ihre Botschaft braucht." Heilig Kreuz sei zudem prägend für den Stadtteil, so Hoppermann. "Die besondere Geschichte mit Johannes Prassek und der Denkmalschutz unterstreichen die Bemühungen um den Erhalt des Standortes." Für sie sei Heilig Kreuz Heimatkirche. "Ich habe meine Kindheit und Jugend in großen Teilen dort verbracht, vom Kindergarten bis zur Taufe und Erstkommunion meines eigenen Sohnes. Ich würde mich freuen, wenn in Zusammenarbeit mit dem Erzbistum ein tragfähiges Konzept für die Zukunft der katholischen Kirche in Volksdorf entwickelt werden kann."
Für Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der in Volksdorf lebt, ist "der Standort von Heilig Kreuz aus dem Volksdorfer Ortskern nicht wegzudenken." Viele Kirchengebäude stünden in diesen Zeiten vor finanziellen Veränderungen und wirtschaftlichen Herausforderungen, so Dressel, sagte er dieser Zeitung. "Die Stadt begleitet solche schwierigen Prozesse in vielen Stadtteilen und leistet – wo es möglich ist – Hilfestellung. Insofern würde ich mich freuen, wenn auch für Heilig Kreuz eine Weiterentwicklung gelingt, die der Kirche hilft und dem Stadtteil nützt.“
Maryam Blumenthal, Abgeordnete für das Alstertal und die Walddörfer in der Hamburgischen Bürgerschaft und Landesvorsitzende der Grünen in Hamburg, sagte: „Als Politik wollen wir gemeinsam mit den Menschen vor Ort Antworten auf die stadtentwicklungspolitischen Fragen finden – und gleichzeitig die Chancen nutzen, die sich durch neue Nutzungen kirchlicher Gebäude eröffnen. Ich begrüße es sehr, dass die Gemeinde Heilig Kreuz in Volksdorf sich dem Dialog öffnet und Vorschläge auch aus der nicht katholischen Gesellschaft und Politik sammelt und gemeinsam mit den Menschen vor Ort überlegt, wie es für die mitten im Volksdorfer Ortskern gelegene Kirche weitergehen kann.“
Der Bürgerschaftsabgeordnete Thilo Kleibauer (CDU), wie Hoppermann Gemeindemitglied, sagte: „Ohne Frage ist der Erhalt vieler älterer Kirchengebäude in Hamburg eine große Herausforderung. Gerade auch mit ihrer zentralen und prägenden Lage in Volksdorf hat die Kirche Heilig Kreuz aber eine sehr wichtige Bedeutung für die Walddörfer." Daher begrüße er das Engagement zum Erhalt dieses Standortes ausdrücklich. "Ich würde mich sehr freuen, wenn ein Konzept für die zukünftige Nutzung und den baulichen Erhalt von Heilig Kreuz entwickelt werden kann.“